Über die Opfer weiß man wenig
23. März 2003In der südirakischen Stadt Basra sind nach einem Bericht des arabischen Fernsehsenders El Dschasira am Samstag (22.3.2003) 50 Menschen bei einem Angriff von US-Kampfflugzeugen getötet worden. Der Sender zeigte Bilder von toten Zivilisten und Verletzten, die in einem Krankenhaus behandelt wurden. El Dschasira berichtete unter Berufung auf Krankenhausmitarbeiter, unter den 50 Tote seien eine ganze Familie und ein russischer Staatsangehöriger. Das irakische Militär sprach von 77 Toten und 366 Verletzten in Basra.
Tote in Bagdad
Bei den Bombenangriffen auf die irakische Hauptstadt sind in den ersten drei Tagen nach Angaben des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) bislang mindestens 100 Menschen verletzt worden. Die irakische Regierung sprach am Samstag (22.3.2003) von mehr als 200 Verletzten oder Toten in Bagdad. Journalisten wurden in Krankenhäuser mit angeblichen zivilen Opfern geführt.
Bei einer Selbstmordattacke im Nordirak wurden am Samstag mindestens fünf Menschen getötet, neun Menschen wurden verletzt und zur ärztlichen Versorgung nach Suleimanija gebracht. Seit Beginn des Krieges sind mindestens drei Journalisten - ein Russe, ein Australier und ein Brite - getötet worden. Der in Großbritannien bekannte Fernsehjournalist Terry Lloyd (50) ist aller Wahrscheinlichkeit nach bei Kampfhandlungen getötet worden. Das berichtete am Sonntag (23.3.2003) der britische Fernsehsender ITN, für den der Nachrichtenreporter arbeitete. Zwei weitere Mitarbeiter von ITN sollen noch vermisst werden. Bei Kämpfen um Basra ist nach Informationen der russischen Nachrichtenagentur Itar-Tass ein russischer Journalist getötet worden. Nahe der Grenze zum Iran im Nordirak wurde am Samstag der 39-jährige australische Kameramann Paul Moran getötet.
Britisches Flugzeug versehentlich abgeschossen
Am Freitag bestätigten die US-Streitkräfte den Tod zweier Marines bei Kämpfen im Süden des Iraks. Bei Hubschrauberabstürzen starben 23 weitere alliierte Soldaten. Ein britisches Kampfflugzeug ist am Sonntagmorgen von einem Einsatz über dem Irak nicht zurückgekehrt - es wurde nach Angaben eines britischen Militärsprechers von einer amerikanischen Rakete versehentlich abgeschossen.
Bei diesen Zahlen handelt es sich um Momentaufnahmen eines Krieges, deren Aussagewert als eingeschränkt bezeichnet werden muss. Nach wie vor ist es äußerst schwierig, zwischen Information und Desinformation zu unterscheiden. Es muss aber davon ausgegangen werden, dass die Zahl der Opfer weit höher liegt als bislang bestätigt.
In Erwartung einer humanitären Katastrophe
Um die humanitäre Dimensionen dieses Krieges einzuschätzen, können als Anhaltspunkt verschiedene Studien herangezogen werden. Die Organisation "Internationale Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges und in sozialer Verantwortung" (IPPNW) veröffentlichte im November 2002 Schätzungen über die kurz, mittel- und langfristigen Folgen eines Irak-Krieges. Die Studie rechnet mit 48.700 bis 261.000 Toten bei einer Kriegsdauer von drei Monaten. Diese Schätzungen berücksichtigten nicht die Opfer durch die indirekten Folgen des Krieges: "Allein durch den völligen Zusammenbruch der Infrastruktur im Irak ist mit bis zu 200.000 Toten zu rechnen, etwa durch Infektionskrankheiten", heißt es in der Studie.
Schätzungen der Vereinten Nationen zufolge werden im Irak mehr als drei Millionen Menschen vor dem Hungertod bewahrt werden müssen. Davon circa zwei Millionen Kinder unter fünf Jahren und eine Millionen schwangere und stillende Frauen. Schon heute sind nach Beobachtung der Hilfsorganisation "World Vision" ein Viertel der Kinder im Irak unterernährt. Die Sterblichkeit von Kindern unter fünf Jahren sei mehr als doppelt so hoch wie vor 1990.
Überblick ausgeschlossen
Im Golfkrieg 1991 wurden nach amerikanischen Schätzungen bis zu 110.000 irakische Soldaten getötet, bis zu 300.000 verwundet. Die Zahl der getöteten irakischen Zivilisten wird auf 3000 bis zu 40.000 geschätzt. Auf alliierter Seite wurden 343 Soldaten getötet, davon 148 in Kampfhandlungen. Die anderen kamen bei Unfällen, der Explosion von Minen sowie durch "friendly fire", dem Beschuss durch eigene Truppen, ums Leben. (sam/kap)