Äthiopier finden neues Zuhause in Dschibuti
Das ostafrikanische Äthiopien und sein winziger Nachbar Dschibuti pflegen gute wirtschaftliche Beziehungen. Inzwischen leben auch rund 50.000 Äthiopier in dem Zwergstaat - viele kommen, weil sie hier Arbeit finden.
Äthiopiens Lebensader
Dschibuti ist strategisch und wirtschaftlich wichtig für das benachbarte Äthiopien - das gilt umso mehr, seitdem Äthiopien in den 1990er Jahren Eritrea und damit den Zugang zum Meer verloren hatte. Jetzt importiert das Binnenland Äthiopien fast alle seine Güter über Dschibuti. Äthiopische Schiffe fahren regelmäßig durch den Golf von Tadjoura und bringen so wertvolle Güter ins Land.
Lastwagen statt Bahn
Die Bahnstrecke, die Addis Abeba und Dschibuti miteinander verbindet, wurde im frühen 20. Jahrhundert gebaut und dazu genutzt, Güter in die äthiopische Hauptstadt zu transportieren. Aber seit der Jahrtausendwende hat Äthiopien mehr und mehr auf LKW gesetzt. Eine neue Bahnstrecke, von chinesischen Firmen gebaut, soll Anfang 2016 eröffnet werden und die alte Verbindung ersetzen.
"Klein-Äthiopien in Dschibuti"
Dschibutis geografische Nähe zu Äthiopien hat zu einer großen äthiopischen Diaspora im Land geführt. Schätzungsweise 50.000 Äthiopier leben heute in Dschibuti. "Viele Menschen kamen während des kommunistischen Derg-Regimes", sagt Ashenaf Harage, der für das äthiopische Gemeindezentrum in Dschibuti-Stadt arbeitet. Das Derg-Regime folterte und tötete Hunderttausende; erst 1991 wurde es entmachtet.
Essen wie Zuhause
Im Gemeindezentrum gibt es äthiopisches Essen und Getränke. "Ich kam nach Dschibuti, weil hier das Einkommen besser ist", sagt Haile Gebremedhin (rechts), der für ein Transportunternehmen arbeitet. "Hier kann man gut leben, besonders im Vergleich zu anderen Gegenden in der Region. Natürlich gibt es hier auch Probleme, aber die Menschen sind gut."
Auf der Suche nach "Sira"
In den Städten Obock und Tadjoura wird Äthiopiens offizielle Sprache Amharisch gesprochen. Fast alle Äthiopier kamen aus ein und demselben Grund: Für "Sira" - das amharische Wort für Arbeit. "In Dschibuti kann dir ein Putzjob soviel einbringen wie eine Professorenstelle in Addis Abeba", sagt Hussein, der in Tadjoura lebt. "Aber ich vermisse das äthiopische Wetter. Hier ist es einfach zu heiß."
Ein täglicher Kampf
"Ich nehme Gelegenheitsjobs wie Putzen an. Es ist sehr schwierig, hier einen Vollzeitjob zu bekommen", sagt der 24-jährige Samuel, der vor zwölf Jahren nach Dschibuti kam. Wie viele Äthiopier überquerte Samuel die Grenze ohne Pass, was ihm vier Monate Gefängnis einbrachte. "Ohne Pass kann ich nirgendwo hingehen. Außer vielleicht als blinder Passagier auf einem Schiff."
Von blinden Passagieren
Sowohl Alex, 25, (links) als auch Zerihun, 29, leben ohne Papiere in Dschibuti. Sie sind als blinde Passagiere schon bis nach Kapstadt und Singapur auf Schiffen mitgereist. Jetzt waschen sie Autos und sammeln Müll, um Geld zu verdienen. "Es ist ein Hundeleben, permanent vor der Polizei wegrennen zu müssen", sagt Zerihun. "Nein", widerspricht Alex, "wir leben wie Soldaten."
Religiöse Identität
Die meisten Menschen in Dschibuti sind Muslime, und der Gebetsruf von den Minaretten der Moscheen ist alltäglich. Jeden Sonntagmorgen versammeln sich auch die äthiopisch-orthodoxen Christen für eine Messe in der Sankt-Gabriel-Kirche neben dem Gemeindezentrum. "In anderen Ländern wird einem die Religion übelgenommen, aber hier es den Leuten nicht so wichtig", sagt Gebremedhin.
Orthodoxe Andacht
Die Frauen in der Kirche tragen filigrane, weiße Schals, Sheumas genannt. Weihrauchschwaden hängen in der Luft, die Kirchgänger verneigen sich vor Ikonen der Jungfrau Maria. Dann nähern sie sich dem Priester, um das Holzkreuz, das er trägt, jeweils dreimal mit ihren Lippen und Stirn zu berühren.
Bleiben - oder nach Hause zurückkehren?
Viele Äthiopier, die in Dschibuti leben, überlegen hin und her: Sollen sie sich permanent im Land niederlassen oder doch nach Äthiopien zurückkehren? Besonders diejenigen, die Kinder haben sind unschlüssig.