Ägypten droht Ärger um russische Kampfjets
20. November 2019Die Warnung war deutlich: Sollte Ägypten weiter seine Absicht verfolgen, 20 russische Su-35-Kampfjets zu kaufen, würden die USA nicht zögern, zu reagieren. "Der Kauf setzt Ägypten dem Risiko von Sanktionen aus. Außerdem läuft es Gefahr, weitere Käufe nicht mehr tätigen zu können", erklärte der stellvertretende Staatsekretär für politisch-militärische Angelegenheiten, R. Clarke Cooper vor wenigen Tagen auf einer Flugzeugmesse in Dubai. Kairo sei über die Haltung der USA zu dem geplanten zwei Milliarden US-Dollar schweren ägyptisch-russischen Abkommen informiert. "Es ist keine Neuigkeit."
Die US-Sanktionen könnten im Rahmen eines Gesetzes erfolgen, das den komplizierten Titel "Countering America's Adversaries Through Sanctions Act" (CAATSA) trägt. Das Gesetz, 2017 von US-Präsident Donald Trump unterzeichnet, verschärft bereits bestehende Sanktionen gegen den Iran, Nordkorea und Russland. Kauft Ägypten nun die Su-35 oder andere Waffen aus russischer Produktion, könnte sich das auf seine militärische Zusammenarbeit mit den USA und anderen Nato-Staaten auswirken. Auch die an das Land am Nil fließende amerikanische Militärhilfe könnte reduziert werden. Derzeit unterstützt Amerika das Land am Nil mit 1,3 Milliarden US-Dollar jährlich.
USA: Sorge um militärische Hochtechnologie
Mit Blick auf den Verkauf der eigenen jüngsten Generation von Kampfflugzeugen zeigten sich die USA zurückhaltend, sagt der Wirtschaftsgeograph Günter Meyer, Leiter des "Zentrums für Forschung zur Arabischen Welt" an der Universität Mainz. Die F-35-Kampfflugzeuge würden an zuverlässige Nato-Partner und an Israel geliefert. "Angesichts der verschärften Lage am Golf hat man sich nun auch dazu bereit erklärt, diese Waffen an Saudi-Arabien zu liefern. Zugleich will man aber sicherstellen, dass die Partner nicht zugleich auch russische Waffensysteme kaufen."
Denn würden die Waffen im Verbund genutzt, könnten die Russen technische Rückschlüsse auf die US-Flugzeuge ziehen. Das wiederum würde das Risiko für die F-35 erhöhen, von den russischen Systemen abgeschossen zu werden. "Darum sollen die Flugzeuge nur an absolut zuverlässige Partner geliefert werden. Die Technologie der F-35 soll auf keinen Fall in russische Hände gelangen."
Wunsch nach Diversifizierung
Seit dem Antritt von Präsident Abdel-Fattah al-Sisi setze das ägyptische Militär verstärkt auf ein diversifiziertes Waffenarsenal, sagt der pensionierte ägyptische General Gamal Mazloum. Entsprechende Pläne gibt es noch länger. Seit dem Jahr 2011 - dem Jahr, in dem die Ägypter den damaligen Präsidenten Hosni Mubarak aus dem Amt drängten - hätten sich die Amerikaner bei Waffenverkäufen zurückhaltender gezeigt.
Und noch etwas habe Ägypten bewogen, sich nach neuen Lieferanten umzusehen: "Russische Waffen sind hochentwickelt und dabei zugleich billiger als amerikanische." Allerdings habe Ägypten neben russischen auch Waffen aus anderen Ländern, etwa Frankreich und Deutschland gekauft. "Lange Zeit lief das auch seitens der USA ohne weitere Probleme. Das hat sich nun offenbar geändert."
Eine neue Ordnung
Die Hinwendung der Ägypter zu den Russen findet offenbar auch vor dem Hintergrund einer sich abzeichnenden Neuordnung des Nahen Ostens statt. So haben sich die USA - abgesehen von den Ölfördergebieten im Nordosten des Landes sowie der an der Grenze zum Irak gelegenen Basis al-Tanf - aus Syrien zurückgezogen. Auch ihren bedeutendsten Verbündeten am Golf, Saudi-Arabien, haben sie in der Auseinandersetzung mit dem Iran vergleichsweise zurückhaltend unterstützt. Zudem haben sich die Beziehungen zu Saudi-Arabien nach der Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi empfindlich abgekühlt. Das hat Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), beide enge Partner Ägyptens, bewegt Kontakte auch zu anderen Partnern zu suchen.
"Saudi-Arabien und Katar sind an der Lieferung der russischen S-400-Raketensysteme interessiert", sagt Günter Meyer. "Die VAE haben bereits 2017 einen Vertragsentwurf für die SU-35 unterzeichnet. Es tut sich hier also einiges."
"Russland kehrt nach Nahost zurück"
Diese Entwicklung komme der russischen Regierung entgegen, ergänzt Ex-General Gamal Mazloum. "Russland kehrt in den Nahen Osten zurück. Nach dem Jahr 2011 hatte Moskau zunächst an Einfluss verloren, etwa in Libyen oder dem Sudan. In beiden Ländern hatte es bis zu den 2011 beginnenden Aufständen Militärbasen." Nun versuche das Land, seinen früheren Einfluss aus der Zeit vor Ende des Kalten Krieges zurückzugewinnen.
Das Risiko des wachsenden russischen Einflusses sehe man auch in den USA, sagt Günter Meyer. "Deshalb hütet man sich in Washington, Sanktionen über die wichtigen Verbündeten am Golf zu verhängen, gerade auch angesichts der wachsenden Spannungen mit dem Iran." Darum, erwartet er, setzten die USA CAATSA vor allem als Drohmittel ein." Die Gründe dafür seien eher pragmatischer denn grundsätzlicher Art: Es gehe darum, sensible Militärtechnik vor dem Zugriff der Russen zu schützen.
Grundsätzlich aber setzten die USA sowohl mit Blick auf Ägypten wie die Golfstaaten auf ein pragmatisches Verhältnis. "Es ist durchaus zweifelhaft, ob sie bei strategisch so wichtigen Partnern tatsächlich auf ein so hartes Instrument wie Sanktionen setzen wollen."