Zwischen Rampenlicht und Dopingschatten
12. August 2016Die russischen Leichtathleten sind in Rio nicht dabei, und trotzdem wird die Leichtathletik das Thema Doping nicht los. Schon vor Beginn der Wettkämpfe im olympischen Kernsport an diesem Freitag wurde die bulgarische Hindernisläuferin Silwija Danekowa positiv auf ein verbotenes Mittel getestet. Ebenfalls vorzeitig nach Hause musste ein kenianischer Trainer, der sich für den 800-Meter-Läufer Ferguson Rotich ausgegeben und eine Dopingprobe abgegeben hatte.
Ex-Dopingsünder am Start
Während der russischen Whistleblowerin Julia Stepanowa wegen ihrer Dopingvergangenheit der Olympia-Start verweigert wurde, dürfen viele andere überführte Leichtathletik-Sünder, die ihre Sperren abgesessen haben, in Rio um Medaillen kämpfen. Etwa Hammerwerfer Iwan Tichon: Wohl kaum einem Athleten wurden nachträglich wegen Doping so viele Medaillen aberkannt wie dem 40 Jahre alten Weißrussen, unter anderem Olympia-Silber 2004 und WM-Gold 2005. Oder Liu Hong, Geherin aus China, Weltrekordlerin und Goldfavoritin: Sie wurde im Mai positiv getestet, angeblich weil sie ein verbotenes Nahrungsergänzungsmittel verwendet hatte. Die Strafe fiel milde aus, seit Mitte Juli war sie wieder startberechtigt. Oder Justin Gatlin: Der 34-Jährige gehört zu den umstrittensten Leichtathleten überhaupt, schon zweimal war er wegen Dopings gesperrt.
Bolt will "Muhammad Ali der Leichtathletik" werden
Gatlin ist als schnellster Mann des Jahres über 100 Meter (9,80 Sekunden) nach Rio gereist und gilt als größter Herausforderer von Usain Bolt, der in Rio das "Goldene Triple-Triple" anstrebt: Zum dritten Mal in Serie will der Superstar aus Jamaika Olympiasieger über 100 und 200 Meter sowie mit der 4x100-Meter-Staffel werden. "Die Menschen sollen mit Ehrfurcht von mir sprechen", sagte Bolt dem Magazin "Stern": "Ich will eine Leigende werden. Ich will für die Leichtathletik das sein, was Muhammad Ali fürs Boxen ist." Auch bei Bolt fragen sich viele, ob seine überragenden Sprint-Leistungen über einen so langen Zeitraum wirklich ohne Doping zustande gekommen sind. "Fakt ist, dass er über all die Jahre kein einziges Dopingvergehen hat, von daher ist jede Spekulation darüber unseriös", sagte Julian Reus, Deutschlands schnellster 100-Meter-Läufer (10,01 Sekunden), der Zeitung "Rheinische Post". "Ich glaube schon, dass er eines der größten Sprinttalente ist, die es gibt, gerade aufgrund seiner Hebel." Dass die Dopingkontrollen in Jamaika in der Kritik stünden, so Reus, sei eine andere Sache: "Aus all diesen Aspekten kann sich dann jeder sein eigenes Bild machen und selbst entscheiden, ob er Usain Bolt gut findet oder nicht." Das 100-Meter-Finale am Sonntag (in Deutschland um 3.25 Uhr MESZ) gilt als Höhepunkt der gesamten Olympischen Spiele - auch wenn der Dopingverdacht mitläuft.
Harting kritisiert Bolt
Das deutsche Diskus-Ass Robert Harting wirft Bolt mangelndes Engagement im Anti-Doping-Kampf vor. "Als bekanntester Athlet der Welt müsste man sich doch der aktuellen Diskussionen annehmen und für einen sauberen Sport kämpfen", sagte Harting der "Sport Bild", "zumal besonders viele Sprinter positiv getestet wurden und auch er massiv beschuldigt wird. Dass Bolt sich so raushält, macht einen doch sehr nachdenklich." Harting gehörte in Rio zu den wenigen Goldhoffnungen des deutschen Leichtathletik-Teams. Doch der 31-Jährige, der seinen Triumph von London 2012 wiederholten wollte, scheiterte überraschend bereits in der Qualifikation.