Zwillingsbrüder regieren Polen
19. Juli 2006Der polnische Staatspräsident Lech Kaczynski hat am Montag (10.7.2006) den Rücktritt von Ministerpräsident Kazimierz Marcinkiewicz angenommen und seinen Zwillingsbruder Jaroslaw Kaczynski als Nachfolger bestimmt. Am Abend werde der Präsident seinen Bruder offiziell mit der Übernahme der Regierung beauftragen, teilte die Präsidentenkanzlei mit.
Marcinkiewicz führt bis zur Vereidigung des neuen Regierungschefs die Amtsgeschäfte kommissarisch weiter. Er verabschiedete sich am Vormittag bei seiner letzten Kabinettssitzung von seinen Ministern.
Lob für gute Arbeit
Seit Freitag ist bekannt, dass der konservative Parteichef Jaroslaw Kaczynski die Leitung der Regierung übernehmen soll. Der Vorsitzende der Regierungspartei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) bezeichnete es als "natürliche Situation", dass der Chef der stärksten Partei auch die Regierung leite. Nach dem Wahlsieg der PiS hatte Kaczynski auf das Amt verzichtet, um die Chancen seines Bruders Lech bei der Präsidentenwahl nicht zu gefährden.
Nach einem etwa 45 Minuten dauernden Treffen mit Marcinkiewicz dankte Lech Kaczynski dem zurückgetretenen Regierungschef für "sehr gute Ergebnisse der Regierungsarbeit".
Vertrauensabstimmung
Nach seiner Vereidigung hat Jaroslaw Kaczynski gemäß der polnischen Verfassung bis zu 14 Tage Zeit, um dem Parlament sein Regierungsprogramm vorzulegen und die Vertrauensfrage zu stellen. Parlamentspräsident Marek Jurek sagte am Montag vor Journalisten, die Vertrauensabstimmung könne noch in dieser oder in der kommenden Woche auf die Tagesordnung gesetzt werden.
Die PiS regiert in Polen in einer Koalition mit der radikalen Bauernpartei Samoobrona und der nationalistischen Liga Polnischer Familien (LPR). Er sehe keinen Grund, dass es nun zu einem Ende der Koalition komme, betonte der Samoobrona-Vorsitzende und stellvertretende Ministerpräsident Andrzej Lepper. Er freue sich, dass der Chef der größten Partei die Regierung übernehme, sagte er vor Journalisten in Olsztyn. "Der Westen befürchtet, dass es ein Drama und eine Tragödie gibt, wenn Brüder regieren. Ich bin überzeugt, dass der Präsident und der Regierungschef keinerlei diktatorische Bestrebungen haben", sagte Lepper. (mas)