Zweiter Todestag: Mahsa Amini bleibt Freiheitssymbol im Iran
16. September 2024Vor zwei Jahren starb Jina Mahsa Amini nachdem sie von der iranischen Sittenpolizei verhaftet worden war, weil sie ihr Kopftuch angeblich nicht gemäß den Vorschriften getragen hatte. Die Wut über ihren Tod am 16. September 2022 eskalierte zu landesweiten Protesten gegen die Regierung und mündete schließlich in die Bewegung "Frauen, Leben, Freiheit". Tausende Iraner auf der ganzen Welt gingen ebenfalls auf die Straßen, um sich solidarisch mit den Demonstranten zu zeigen und ein Ende der Repression im Iran zu fordern.
Das Regime im Iran schlug die Protestmärsche brutal nieder und nahm Aktivisten im Land ins Visier. Laut Menschenrechtsgruppen wurden mindestens 500 Menschen getötet und über 20.000 festgenommen.
Hoffnungen der Gen Z im Kampf um Freiheit
Obwohl das islamistische Regime im Iran an der Macht blieb, gilt der Tod von Mahsa Jina Amini als Wendepunkt für das Land und seine Gesellschaft.
Die bemerkenswerteste Veränderung ist die wachsende Weigerung vieler Frauen, insbesondere der jüngeren Generation in den Städten, den obligatorischen Hidschab zu tragen. Trotz des Drucks und der Drohungen von Sicherheitskräften und Sittenpolizei widersetzen sich diese Frauen dem Kopftuch-Gebot – demselben, das zur Verhaftung Aminis führte – und fordern damit die Behörden heraus, diese Vorschrift durchzusetzen.
Die iranische Journalistin Hedieh Kimiaee sagte, dies zeige "die Wut, die iranische Frauen seit Jahren in sich tragen, und der Mord an Mahsa Jina Amini hat sie auf die Straßen gebracht."
"Ihr Kampf gegen den obligatorischen Hidschab geht weiter, und sie weigern sich, sich der Regierung zu beugen", sagte sie gegenüber DW Farsi. "Die Gen Z wird diesen Kampf noch ernster nehmen, denn diese empörte Generation sieht ihre Freiheit im Sturz der Islamischen Republik und ist entschlossen, dies zu erreichen", fügte sie hinzu.
Steht der Iran vor neuen Protesten?
Nach dem Tod des iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi bei einem Hubschrauberabsturz im Mai diesen Jahres wurde der relativ liberale Massud Peseschkian sein Nachfolger. Doch die Wahl signalisierte kein Ende der politischen Repression – allein im August wurden rund 100 Menschen hingerichtet und mindestens sechs politische Gefangene zum Tode verurteilt. Wirtschaftliche Probleme, darunter insbesondere die hohe Inflation und Arbeitslosigkeit, bleiben ungelöst. Der Krieg im Nahen Osten dauert an, und die Islamische Republik unterstützt weiterhin paramilitärische und extremistische islamische Gruppen gegen Israel.
Laut vielen Analysten könnten diese Bedingungen wahrscheinlich eine neue Protestwelle gegen das iranische Regime auslösen. Die Journalistin Kimiaee sagt, dass "die Verbrechen der Islamischen Republik gegen das iranische Volk unvermindert weitergehen" und "jedes zukünftige unerträgliche Ereignis das iranische Volk erneut zum Aufstand bringen könnte."
Islamische Führung bleibt an der Macht
Derzeit scheint das Regime jedoch die Kontrolle fest in der Hand zu halten. Viele führen deren Überleben auf Repression und den Ausbau seines Sicherheitsapparates zurück. Andere merken an, dass die Oppositionsgruppen unter einander uneinig sind.
Die Islamische Republik habe vier Jahrzehnte Erfahrung in der Niederschlagung von Protesten und der Spaltung von Oppositionsgruppen, sagt der iranische Anwalt und Mitglied der International Bar Association Saeed Dehghan und weist darauf hin, dass das Regime auch die Unterstützung durch Länder wie China und Russland genieße.
"Siebzehn Sicherheits- und Militäreinrichtungen, insbesondere die Revolutionsgarden (IRGC), stabilisieren ihre Position, indem sie die Gesellschaft streng kontrollieren, weit verbreitet Verhaftungen durchführen, physische und psychische Gewalt gegen Demonstranten anwenden und sogar schwere Waffen einsetzen, um abweichende Meinungen zu unterdrücken", sagt Dehghan.
Mahsa Jina Amini als dauerhaftes Symbol
Das Schicksal von Mahsa Amini wirft weiterhin ein Schlaglicht auf die Bruchlinien in der iranischen Gesellschaft. Kürzlich beleidigte ein Experte, der die Islamische Republik unterstützt, Mahsa Amini im iranischen Staatsfernsehen.
Seine Äußerungen lösten eine große Empörung aus, insbesondere in den sozialen Medien, und zwangen sowohl ihn als auch den Produzenten der Sendung, sich zu entschuldigen. Aufgrund des öffentlichen Drucks wurde der Experte von seiner Universität entlassen.
Für Saeed Dehghan ist Mahsa Jina Amini zu einem Symbol für alle Frauen geworden, die während der modernen Geschichte Irans für ihre Rechte und Freiheiten gekämpft haben und die sich der Bedrohung durch Repression widersetzten, auch unter Todesgefahr.
Bei der jüngsten Präsidentschaftswahl boykottierten viele die Wahl und nutzten die sozialen Medien, um die Aufmerksamkeit auf die Opfer des Durchgreifens der Regierung zu lenken.
Aus dem Englischen adaptiert von Shabnam von Hein