1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Zwei Kirchen gehen aufeinander zu

17. August 2012

Seit fast Tausend Jahren sind sie gespalten. Mit einem historischen Aufruf wollen die russisch-orthodoxe und die polnisch-katholische Kirche nun uralte Gräben überwinden.

https://p.dw.com/p/15rmj
Der russisch-orthodoxe Patriarch Kirill I. (l) und der Vorsitzende der polnischen katholischen Bischofskonferenz, Erzbischof Józef Michalik, im Warschauer Königsschloss (Foto: dapd)
Bild: dapd

Bei einer feierlichen Zeremonie im Königsschloss in Warschau haben der russisch-orthodoxe Patriarch Kirill I. (links im Bild) und der Vorsitzende der polnischen katholischen Bischofskonferenz, Erzbischof Józef Michalik, ein religiöses Dokument unterzeichnet. Die “gemeinsame Botschaft an die Völker Russlands und Polens“ soll die orthodoxe und die katholische Kirche in beiden Ländern versöhnen.

In dem schon jetzt als historisch gewerteten Dokument heißt es: “Wir rufen unsere Gläubigen auf, um die Vergebung des Leids, der Ungerechtigkeiten und alles Bösen zu bitten, das einander zugefügt wurde.“ Das sei der “erste und wichtigste Schritt zur Wiederherstellung von gegenseitigem Vertrauen“, ohne den es keine “vollständige Versöhnung“ gebe.

Kirchenspaltung im Jahre 1054

Der Zwist zwischen der katholischen und der orthodoxen Kirche besteht seit dem Jahr 1054. Damals hatten sich die Oberhäupter der Ostkirche in Byzanz und der Westkirche in Rom gegenseitig exkommuniziert. Daraufhin formierte sich die orthodoxe Kirche und spaltete sich von der katholischen ab. Theologisch gibt es wenige Unterschiede, die Orthodoxen lehnen jedoch die Autorität des Papstes ab.

Zwar hatte der aus Polen stammende Papst Johannes Paul II. (1978-2005) sich stets für eine Annäherung zu den Orthodoxen eingesetzt, doch das Verhältnis verschlechterte sich 2002, weil das katholische Oberhaupt vier Bistümer in Russland einrichten ließ. Seit Benedikt XVI. im Amt ist, gibt es wieder Anzeichen für eine Entspannung.

Ein religiöses, kein politisches Dokument

Trotz der Bereitschaft einander zu verzeihen waren sich Russlands Patriarch Kirill I. und Erzbischof Józef Michalik einig, die Vergangenheit nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Die beiden betonten zudem, es handele sich bei dem unterschriebenen Versöhnungsabkommen ausschließlich um ein religiöses Dokument und nicht um ein politisches.

Der russisch-orthodoxe Patriarch Kirill I. (Foto: dapd)
Als erster orthodoxer Patriarch besucht Kirill I. PolenBild: dapd

„Überlassen wir die Geschichte den Historikern und das, was heute real ist, uns - den Hirten“, sagte Kyrill I. Das Verhältnis zwischen Russen und Polen ist seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs belastet. Die Sowjetunion hatte zwar Polen von den deutschen Besatzern befreit, danach dem Land aber ein moskautreues Regime aufgezwungen und polnische Kriegsgefangene ermorden lassen. Russische Historiker wiederum machen Warschau für den Tod Tausender sowjetischer Kriegsgefangener während des polnisch-sowjetischen Kriegs Anfang der 1920er Jahre verantwortlich.

Als gemeinsames Ziel betonten die beiden Geistlichen, die christlichen Werte in der heutigen Zeit zu verteidigen. Sowohl in Russland als auch in Polen gäbe es zunehmend eine antikirchliche Stimmung, erklärten sie.

Die russisch-orthodoxe Kirche ist mit rund 150 Millionen Mitgliedern die mit Abstand größte orthodoxe Nationalkirche. In Polen hat die katholische Kirche traditionell großen Einfluss. Mehr als 95 Prozent aller Bürger des Landes sind katholisch getauft. Von den 38 Millionen Polen sind etwa 400.000 orthodox.

nem/rb (afp,dpa, kna)