Phil Collins
15. Juni 2011Es ist leicht nachzuvollziehen, warum Phil Collins nicht mehr solo arbeiten will. Nach acht Grammy Awards, einem Oscar für das beste Lied, einem Golden Globe, 100 Millionen verkauften Alben (und sogar 250 Millionen, wenn man seine Zeit mit Genesis dazu zählt) kann der ehemalige Schlagzeuger, der zum Sänger mutierte, nicht viel mehr erreichen. Collins hatte sich auch schon als Komponist für Soundtracks, als Produzent und als Big Band Leiter einen Namen gemacht.
Auf seinem achten Studioalbum "Going back" wartet der Megastar mit Coverversionen alter Motown Lieder aus den 1960er Jahren auf. Die Deutsche Welle sprach mit dem Musiker und Sänger über sein vielleicht letztes Soloalbum.
Deutsche Welle: Obwohl Sie das Ende Ihrer Solokarriere angekündigt hatten, brachten Sie dann doch "Going Back" mit Motown Coversongs raus. Wie kommt's?
Phil Collins: Ich weiß nicht, ob mir gefällt, was aus mir geworden ist, deswegen habe ich mich sozusagen aus meiner Geschichte herausgeschrieben. Sie müssen sich das so vorstellen, als ob ich Buchautor wäre und die Hauptperson eliminiert hätte. Sie verstarb ganz plötzlich, und jetzt muss die Polizei den Mörder finden.
Ich bin sehr stolz auf alles, was ich bisher gemacht habe, aber ich glaube nicht, dass ich jetzt schon einfach an das anknüpfen will, was ich früher produziert habe. Und diese Platte wollte ich schon immer machen. Für mich gehört sie auch nicht zu Phil Collins Karriere, denn die ist vorbei. Ich musste also einfach etwas tun, was ich schon immer wollte: nämlich all meine Lieblingslieder aufnehmen, mit denen ich in den 60er Jahren aufgewachsen bin. Insofern ist dieses Album ein ganz besonders.
Also war die Aufnahme des Albums wie ein Trip in die Vergangenheit?
Es gab eine Coverband, The Action, die all diese Lieder auf der Platte mal genau so gespielt hat. Mein Album entspricht sozusagen ihrer Set Liste. Ich bin jedes Mal aufgekreuzt, wenn sie in dem Londoner Club The Marquee auftraten. Und am nächsten Tag bin ich hin und kaufte mir die Orginalversionen der Songs. Deswegen hab ich ihnen in den Fußnoten meinen größten Respekt erwiesen. Der Schlagzeuger war wirklich mein größtes Idol, und heutzutage ist er einer meiner besten Freunde. Ich hab es noch genau vor Augen: Ich stand da und hörte der Musik zu, das hatte einen ziemlichen Einfluss auf mein Leben. Und wenn man dem Ende seiner Karriere nahe ist, schließt sich der Kreis doch perfekt. Diese Musik war die, die ich als erstes gehört habe, und jetzt mache ich sie selber, das ist eine schöne Reise.
Sind Sie wirklich überzeugt, dass Ihre Solokarriere vorbei ist?
Ich werde immer Musik komponieren. Und weil ich zuhause in meinem kleinen Studio arbeite, mache ich auch immer die Demos; es ist ein bisschen so, als ob man ein Bild malt. Ich liebe das, aber das heißt nicht, dass ich auf jeden Fall meiner Plattenfirma sage: "Leute, das ist mein neues Album. Lasst es uns rausbringen." Da geht bei mir direkt ein Lämpchen an, dass ich noch eine Menge andere Dinge vorhabe.
Aber das rührt nicht daher, dass ich mich alt fühle. Ich bin 60, fühle mich aber kein bisschen müde oder ausgepowert. Ich hab nur einfach das Gefühl, dass ich mein eigenes Leben unter Kontrolle haben will und meinen Kindern beim Aufwachsen zusehen muss. Außerdem habe ich noch eine ganze Menge anderer Interessen.
Wie zum Beispiel?
Ich weiß, für Fans mag das langweilig und komisch klingen, aber mein ganzes Leben lang war ich von der texanischen Geschichte fasziniert, vor allem wegen Davy Crockett (Westernheld aus dem 19. Jahrhundert) und den Disney Filmen aus den frühen 50er Jahren. Und dann ist da natürlich der Film "Alamo" mit John Wayne. Ich sammle Briefe, Dokumente, Kanonenkugeln, Büchsen, Messer und Säbel aus dieser Zeit. Ich bin auch Co-Autor eines Buches über den Wilden Westen. Dieses Hobby nimmt immer mehr Zeit in Anspruch.
Sie hatten in den letzten Jahren mit einer schmerzlichen Rückenmarksverletzung zu kämpfen. Wie geht es Ihnen jetzt?
Mental bin ich okay. Ich hatte einige körperliche Probleme, und ich versuche, sie zu überwinden. Zur Zeit habe ich Probleme mit meinem Arm. Ich kann also weder Schlagzeug noch Piano spielen, und ich bin noch nicht sicher, ob ich es jemals wieder können werde. Ich habe alle Operationen über mich ergehen lassen, die man machen kann. Jetzt heißt es abwarten.
Interview: Reinhold Hoenle
Adaption: Suzanne Cords/ Redaktion : Rick Fulker