1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Zum Mensch war’s nur ein Katzensprung

25. September 2003

SARS ist vorerst eingedämmt - bisher hat sich niemand mehr neu mit der Lungenkrankheit angesteckt. Den Erreger kennt man auch. Was man aber immer noch nicht weiß: Wo kommt das Virus überhaupt her?

https://p.dw.com/p/422J
Übeltäter Zibetkatze - zumindest wahrscheinlichBild: AP

Seit einiger Zeit ist die Zibetkatze der Favorit, ein wieselartiges Tier mit langem Schwanz und katzenähnlichem Körper. Im Mai 2003 wurde das Coronavirus, das SARS auslöst, in mehreren dieser Tiere gefunden. Sie gelten in China als Delikatesse und werden in Zuchtfarmen auf engstem Raum zusammengepfercht.

Bewiesen ist noch gar nichts

Theoretisch könnte sich ein Virus problemlos ausbreiten und bei der Schlachtung oder der Zubereitung der Katzen auf den Menschen überspringen. Aber: "Bislang gibt es keinen Beweis", erklärt Alan Schnur, Mediziner der Weltgesundheitsorganisation WHO. Und so hob China das Handelsverbot für Zibetkatzen und andere Wildtiere im August wieder auf, auch "aus wirtschaftlichen Überlegungen", wie Schnur sagt. Die WHO hält das aber für verfrüht, betont ihr Repräsentant in Peking, Henk Bekedam: "Es hat einige sehr klare Anzeichen gegeben, dass die Zibetkatze damit zu tun hat."

Aber ob die Epidemie tatsächlich durch die Zibetkatze ihren Anfang genommen hat? "Ich wage das zu bezweifeln", sagt Prof. Holger Rabenau vom Frankfurter Institut für medizinische Virologie. Er habe den Verdacht, "dass sie von irgendeinem anderen Tier infiziert worden ist und nur Transporteur war", so der Wissenschaftler zu DW-WORLD.

Vielleicht sind auch Ratten schuld

Vielleicht war es also nicht (oder nicht allein) die Delikatess-Katze, die SARS verbreitet hat - die Theorien sind zahlreich und unterschiedlich wahrscheinlich. Der Wissenschaftler Stephen Ng von der New Yorker University of Columbia glaubt, dass Ratten für die Ausbreitung verantwortlich sind. Zumindest in der Hongkonger Wohnanlage Amoy Gardens, wo sich mehr als 320 Bewohner infiziert hatten. Ein 33-Jähriger, der seinen Bruder besuchte, habe das Virus eingeschleppt. Danach, so ein offizielles Gutachten, seien Partikel seiner Fäkalien offenbar durch Ratten in die Abwasserleitungen anderer Badezimmer gelangt und von Ventilatoren angezogen worden.

Stephen Ng veröffentlichte seine Studie im britischen Fachblatt "The Lancet". Allerdings weist er selbst darauf hin, dass seine Theorie Schwächen habe. Der Übertragungsweg von der Ratte zum Menschen sei noch nicht bewiesen.

SARS kommt nicht vom Mars

Andere frühe Spekulationen nennen Affen als mögliche Überträger des SARS-Virus. Als absurd gilt es aber, dass Terroristen die Erreger verbreitet haben könnten - denn selbst Wissenschaftlern war der Virus unbekannt. "Es ist kaum möglich, dass Terroristen an diese Erkenntnisse herankommen", betonte Volker Erfle, Direktor des Instituts für Virologie an der Technischen Universität München, bei einem Symposium.

Auch eine andere Theorie dürfte mit ziemlicher Sicherheit ausscheiden: Der britische Astrobiologe Chandra Wickramasinghe schrieb an "The Lancet", der Virus könnte vom Himmel gefallen sein - mit kosmischem Staub, Kometen oder Meteoriten. Der Universitäts-Professor aus Cardiff behauptete, dass noch weitere "Killerkeime" durch die Atmosphäre fallen könnten. Herbert Schmitz vom Hamburger Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin hält das für Unsinn: Der Virus wäre in der Atmosphäre verglüht.