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Zollschranken sind gefallen

1. Januar 2016

Gegen den Willen Russlands ist mit dem Jahreswechsel ein umfassendes Freihandelsabkommen zwischen der EU und der Ukraine in Kraft getreten. Der Streit über das Abkommen war ein Auslöser des Ukraine-Konflikts.

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Präsident Petro Poroschenko präsentiert das Freihandesabkommen (Foto: dpa/picture alliance)
Sichtlich stolz: Präsident Poroschenko präsentiert die Freihandelsurkunde (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa/S. Dolzhenko

Freihandelsabkommen zwischen Ukraine und EU

Die Vereinbarung zwischen der Europäischen Union und der Ex-Sowjetrepublik sieht einen fast 100-prozentigen Verzicht beider Seiten auf Zölle vor. Die Ukraine passt dabei ihre Vorschriften an die der EU an, um den Handel zu vereinfachen. Zudem werden unter anderem die Ansiedelung von Unternehmen erleichtert und der freie Kapitalverkehr garantiert.

Russland hat fast alles versucht, um eine Annäherung seines Nachbarlandes an die EU zu torpedieren. Kurz vor Weihnachten scheiterte in Brüssel eine letzte Verhandlungsrunde, die die Moskauer Bedenken ausräumen sollte. "Wir waren bereit, die Anstrengungen zu unternehmen, die für eine Einigung gebraucht wurden", erklärte die zuständige EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström am 22. Dezember nach einem letzten Krisentreffen. Der russische Vizeregierungschef Igor Schuwalow warf Brüssel hingegen vor, die Verhandlungen in emotional aufgeladener Stimmung abgebrochen zu haben.

Russland setzt Freihandel außer Kraft

Der Kreml befürchtet, dass das Abkommen eine Überschwemmung des russischen Marktes mit europäischen Produkten zur Folge haben wird, weil zollfreie EU-Importe über die Ukraine auch nach Russland gelangen könnten. Hintergrund dafür ist, dass die Ukraine über die Mitgliedschaft in der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) gleichzeitig ein Freihandelsabkommen mit Russland hat.

Aus Sorge um die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Wirtschaft hat Präsident Wladimir Putin bereits vor Wochen zum 1. Januar das GUS-Freihandelsabkommen mit der Ukraine aufgekündigt. Die Ukraine wiederum bereitet Zölle für Importe aus Russland vor. Ein Schlupfloch in der gegenseitigen Abriegelung bleibt Weißrussland. Minsk weigert sich bisher, der Moskauer Linie zu folgen.

Eine fast unendliche Geschichte

Der Freihandel ist Teil eines größeren Paktes zwischen der EU und der Ukraine, mit dem das Land enger an die Europäische Union angebunden werden soll. Er gilt als Auslöser für die Ukraine-Krise. Kurz bevor das Partnerschafts- und Freihandelsabkommen im November 2013 unterschrieben werden sollte, begann der Kreml Druck auf den damaligen ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch auszuüben. Dieser weigerte sich daraufhin, den bereits ausgehandelten Vertrag zu unterschreiben. In Folge darauf begannen die pro-europäischen Proteste auf dem Maidan im Zentrum der Hauptstadt Kiew, die schließlich zum Sturz von Janukowitsch führten. Die Entmachtung des Russland-treuen Präsidenten mündete wiederum in der vom Westen als völkerrechtswidrig erachteten Annexion der Schwarzmeerhalbinsel Krim und Moskaus Unterstützung für Separatisten im Osten der Ukraine.

Janukowitschs Nachfolger Petro Poroschenko unterzeichnete hingegen das Abkommen. Er will die Ex-Sowjetrepublik sogar in die NATO führen.

"Der Preis für unsere Freiheit"

Für Unternehmen aus der EU wird mit dem Freihandelsabkommen der Zugang zu einem Absatzmarkt mit rund 45 Millionen Konsumenten deutlich einfacher. Durch den Wegfall von Zöllen können sie nach Berechnungen der EU-Kommission zudem jedes Jahr Kosten in dreistelliger Millionenhöhe einsparen.

Für die Ukraine könnte das Abkommen zum Bumerang werden. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum brachen die Exporte ukrainischer Unternehmen nach Russland bereits von Januar bis August 2015 um knapp 60 Prozent auf 2,9 Milliarden Euro ein. Weitere Einbußen werden erwartet. Poroschenko ficht das nicht an: "Die Ukraine ist sich über den zu erwartenden Schaden für die Wirtschaft im Klaren," sagte der Staatschef kurz vor Weihnachten am Rande eines Treffens mit EU-Spitzenvertretern in Brüssel. "Aber wir sind bereit, diesen Preis für unsere Freiheit und für unsere Entscheidung für Europa zu zahlen."

qu/sti (dpa, afpd+e)