Zensur im Touristenparadies
11. März 2005"Was im Alltag der Urlauber selbstverständlich ist, wird in ihren Traumzielen systematisch unterdrückt: freie Meinungsäußerung und unabhängige Medien", sagt Elke Schäfer, Geschäftsführerin von "Reporter ohne Grenzen".
Rangliste zur Pressefreiheit
Die Menschenrechtsrganisation hat eine "Rangliste zur Situation der Pressefreiheit weltweit" veröffentlicht. Bei der Bewertung von Aspekten der Informations- und Meinungsfreiheit schnitten Länder wie Dänemark, Finnland und Irland besonders gut ab. In zahlreichen anderen Ländern konnten hingegen bedenkliche Missstände aufgedeckt werden. So ist von Zensur, Verhaftungen, gewalttätigen Übergriffen und Ermordungen die Rede. Auf dem letzten Platz der 167 Länder langen Liste steht Nordkorea. Und auch vermeintliche Tourismus-Paradiese wie Vietnam, Kuba, Tunesien, Birma und die Malediven finden sich auf den hinteren Rängen wieder.
Im Zuge der Internationalen Tourismus-Börse ITB (11. bis 15.3.2005) in Berlin informiert "Reporter ohne Grenzen" über die Missstände bezüglich der Pressefreiheit in verschiedenen Traumurlaubszielen. Man will die Urlauber nicht von ihren Reisezielen abhalten. Es soll ihnen aber die Möglichkeit geben werden, sich über die Länder zu informieren und verfolgte und inhaftierte Journalisten zu unterstützen, beispielsweise durch Petitionen, heißt es von "Reporter ohne Grenzen".
Vietnam - Journalisten als "kriminelle Spione"
Vietnam stellt für viele Touristen ein attraktives Reiseziel dar. Dabei wissen die wenigsten von der Kehrseite des vermeintlichen Paradieses. Die kommunistische Regierung unterdrückt die bei uns selbstverständliche Informations- und Meinungsfreiheit systematisch. So werden den Journalisten Richtlinien für die Berichterstattung vorgegeben, Internetcafés staatlich überwacht und Internetseiten gesperrt. Medienvertreter, die die Regierung öffentlich kritisieren, gelten als "kriminelle Spione" und müssen mit Repressionen und langen Haftstrafen rechnen. Vietnam steht auf dem 161. Rang der Liste zur Pressefreiheit.
Birma - menschenunwürdige Haftbedingungen
Auch die Regierung in Birma geht rigoros gegen kritische Medienvertreter vor. Das Militär kontrolliert sowohl die zwei Tageszeitungen, als auch die Radio- und Fernsehsender. Ein Zensurkomitee ist zudem für die Überwachung aller Publikationen zuständig. Die Bevölkerung erhält so keinerlei Informationen über Menschenrechte, Aids, Drogen und Korruption. Journalisten, die sich dennoch wagen, kritische Meinungen zu verbreiten, müssen mit Publikationsverboten und langen Haftstrafen rechnen. Die Haftbedingungen sind laut "Reporter ohne Grenzen" menschenunwürdig. Aus den genannten Gründen steht Birma auf Platz 165 der Rangliste.
Malediven - kontrollierte Medien
Die Malediven gelten ebenfalls als traumhaftes Reiseziel für Touristen aus aller Welt. Aber auch hier wird die Pressefreiheit massiv unterdrückt, obwohl die Verfassung den Bürgern offiziell das Recht auf Meinungsfreiheit garantiert. Alle führenden Medien werden durch den Präsidenten der Malediven, Maumoon Abdul Gayoom, indirekt oder direkt kontrolliert. Trotz fehlender journalistischer Ausbildungsmöglichkeiten auf den Malediven dürfen nur solche Bürger eine Zeitung herausgeben, die einen journalistischen Abschluss haben. Internet und elektronische Newsletter bieten somit die einzige Möglichkeit, unabhängige Nachrichten zu verbreiten. Doch Kritik an der Regierung wird mit langen Gefängnisaufenthalten bestraft. Die Malediven stehen auf Rang 157 der Liste von "Reporter ohne Grenzen".
Tunesien - Journalisten drohen Haft und Folter
Seit 1987 ist Ben Ali Präsident von Tunesien. Auch er nutzt seine Macht aus, um die Pressefreiheit zu unterdrücken. Zu den Methoden zählen Zensur, Verbote von Websites und Demonstrationen sowie Verhaftungen und Folter von Journalisten. Aus Angst vor Bestrafungen vermeiden Journalisten deshalb kritische Themen. Doch auch den Nutzern von verbotenen Websites drohen Haftstrafen und Folter. Tunesien nimmt den 152. Platz der Rangliste ein.
Kuba - größtes Reportergefängnis
Auch auf Kuba werden Journalisten und Dissidenten mit Haftstrafen an ihrer Pressefreiheit gehindert. Die Insel gilt laut Angaben von Reporter ohne Grenzen als weltweit größtes Gefängnis für Reporter. Fidel Castro ließ die einzige unabhängige Zeitung "De Cuba" nach nur zwei Ausgaben verbieten. Die Bevölkerung hat auch nicht die Möglichkeit, sich im Internet unabhängig zu informieren. So ist der Kauf von Computern reglementiert, und private Internetanschlüsse sind extrem teuer. Kuba steht deshalb auf dem vorletzten Platz der Rangliste. (ab)