Zehntausende protestieren weltweit gegen Gewalt gegen Frauen
26. November 2023Die oft tödliche Gewalt gegen Frauen in Beziehungen ist derzeit in Italien ein großes Thema. Am Mittwoch verabschiedete das Parlament ein Gesetz, das die Strafen dafür drastisch verschärft. Mehrere Fälle von Tötungen aus Eifersucht sorgen seit Monaten für Schlagzeilen und in jüngster Zeit auch zu Massendemonstrationen. Zuletzt sorgte der Fall der der 22-jährigen Giulia Cecchettin für Entsetzen. Die Studentin soll von ihrem ehemaligen gleichaltrigen Freund im Streit getötet worden sein. Der mutmaßliche Täter wurde in Deutschland gefasst.
Auch in Frankreich protestierten Tausende und trugen Plakate mit Aufschriften wie "Schützt Eure Mädchen, erzieht Eure Jungen". Die Demonstrantin Maelle Lenoir von der Gruppe All of Us sagte: "Wir wollen keine Toten mehr zählen." Sie forderte die Regierung auf, mehr Geld für ein Ende der Gewalt gegen Frauen auszugeben. In Frankreich wurden dieses Jahr bisher 121 Femizide registriert. 2022 waren es 118.
Auch aus Südamerika werden Proteste gemeldet. In Guatemala wurde mit Kerzen die Zahl 438 gebildet - die Anzahl an Frauen, die bisher dieses Jahr getötet wurden. In der chilenischen Hauptstadt Santiago de Chile hielten Demonstranten Plakate mit Porträts von Opfern in die Höhe.
In Istanbul versammelten sich rund 500 Frauen und hielten Schilder mit Sätzen wie "Wir werden nicht still bleiben" hoch. Auch in Ankara gab es Demonstrationen. In zahlreichen deutschen Städten demonstrierten ebenso Menschen für ein Ende der Gewalt gegen Frauen.
Papst ruft zu Ausrottung der Gewalt gegen Frauen auf
Mit scharfen Worten rief Papst Franziskus zur Überwindung der Gewalttaten gegenüber Frauen auf. Auf seinem offiziellen X-Kanal ließ der Papst in mehreren Sprachen den Satz twittern: "Gewalt gegen Frauen ist ein giftiges Unkraut, das an der Wurzel beseitigt werden muss." Weiter schrieb er: "Diese Wurzeln wachsen im Boden von Vorurteil und Ungerechtigkeit; man muss sie mit Erziehungsmaßnahmen bekämpfen."
Am Donnerstag hatten die Vereinten Nationen darauf hingewiesen, dass im Jahr 2022 weltweit fast 89.000 Frauen und Mädchen vorsätzlich getötet wurden - so viele wie seit 20 Jahren nicht mehr. 55 Prozent dieser Tötungsdelikte wurden demnach von Familienmitgliedern begangen. Die UN stufen diese Taten als Femizide ein, bei denen Frauen und Mädchen aufgrund ihres Geschlechts zu Opfern werden.
Frauenministerin Paus bereitet Gesetz vor
Zum Internationalen Tag gegen Gewalt gegen Frauen forderte Bundesfrauenministerin Lisa Paus mehr Engagement zum Schutz von Frauen. Dazu solle auch ihr neues Gewalthilfegesetz beitragen, erklärte sie in Berlin. "Mein Konzept sieht vor, dass wir erstmals in Deutschland einen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt einführen. Das wäre ein großer Schritt nach vorn." Jede dritte Frau müsse in ihrem Leben mindestens einmal körperliche oder sexualisierte Gewalt erleiden, betonte die Grünen-Politikerin. Bei jeder vierten sei der Partner oder Ex-Partner Täter. "Auch angesichts von Femiziden ist es eine sicherheitspolitische Aufgabe, Frauen, die Gewaltopfer sind, eine Schutzinfrastruktur bereitzuhalten."
Es brauche ein effektives Gesamtkonzept, um Frauen zu schützen, erklärten die evangelische Diakonie und der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB). Der KDFB forderte die Bundesregierung auf, die notwendigen finanziellen Mittel zum Schutz von Frauen auch im digitalen Raum zur Verfügung zu stellen. Außerdem sei ein Ausbau an Beratungsangeboten notwendig.
Die Diakonie sprach von mehr als 14.000 fehlenden Plätzen in Frauenhäusern. In Deutschland würden 21.000 Plätze benötigt, aktuell gebe es weniger als 7000. Bund und Länder seien aufgefordert, eine einheitliche gesetzliche Finanzierung von Schutz- und Hilfsangeboten zu gewährleisten.
Nach einer Mitteilung des Bundeskriminalamts kam es im Jahr 2022 zu rund 241.000 Fällen von häuslicher Gewalt in Deutschland, etwa 158.000 Fälle wurden als Partnerschaftsgewalt registriert - eine Zunahme von über neun Prozent im Vergleich zum Vorjahr. 80 Prozent der Betroffenen sind Frauen.
kle/wa (dpa, afp, epd, kna)