Griechenland Reformen
25. Februar 2015Die neue griechische Regierung unter Führung des Linkspolitikers Alexis Tsipras setzt vor allem auf entschiedenes Vorgehen gegen Steuerflucht, Korruption und Partikularinteressen. Nicht zuletzt dadurch verspricht sie sich höhere Einnahmen für die Staatskasse. Bereits im Wahlkampf donnerten die Strategen der Linkspartei gegen einflussreiche Großunternehmer - nach russischem Vorbild „Oligarchen“ genannt - die für den Reformstau in Hellas mitverantwortlich seien, zumal sie einen Großteil der Medien unter ihre Kontrolle gebracht hätten. Gegen derartige Machenschaften will der neue Regierungschef Tsipras gezielt vorgehen.
Doch warum soll ausgerechnet der Linkspolitiker mehr Erfolg haben als seine Vorgänger? "Die Linkspartei Syriza scheint immerhin den politischen Willen zu haben, derartige Reformen anzupacken. Bei früheren Regierungen war das anscheinend nicht der Fall", meint Giorgos Tzogopoulos, Mitarbeiter des Athener Think Tank ELIAMEP, im Gespräch mit der DW. Die Linkspartei habe sogar die einmalige Chance, den Teufelskreis von Reformstau und Austerität zu durchbrechen, glaubt der Politikwissenschaftler: "Da alle Vorgängerregierungen mit den vereinbarten Reformen im Rückstand waren, mussten sie irgendwann auf plumpe Sparmaßnahmen zurückgreifen. Mit anderen Worten: Sparmaßnahmen waren nicht deshalb erforderlich, weil sämtliche Vereinbarungen mit den Kreditgebern umgesetzt wurden, sondern weil sie eben nicht umgesetzt wurden", moniert der Analyst. Premier Tsipras habe nun die Gelegenheit, zu beweisen, dass sich die Vereinbarungen mit den Gläubigern nicht auf strikte Sparmaßnahmen beschränken.
Ein Sparprogramm, das offiziell nicht so heißen darf
Doch genau hier beginnen die Probleme: Die Linkspartei will nicht einmal wahrhaben, dass sie einer Fortsetzung des Sparprogramms zugestimmt hat. Stattdessen spricht sie von einer "Verlängerung der Kreditvereinbarung" mit den Gläubigern Griechenlands. Auch die aus EU, IWF und EZB bestehende Troika ist kein Begriff mehr und wurde aus allen Nachrichtensendungen plötzlich verbannt - dafür spricht man von den drei "Institutionen", die Athener Reformbemühungen weiterhin kritisch begleiten.
Syriza-Parteiblätter schwärmen von einer "neuen Ära ohne Troika" und auch davon, dass man Sparfüchse in Brüssel und Berlin in die Schranken verwiesen habe. Dieser Standpunkt möge verständlich sein, da jede Regierung ihr eigenes Vorgehen als Erfolg verkaufen wolle, erklärt Tzogopoulos. Er berge aber auch Gefahren in sich: "Im Wahlkampf wurden die Erwartungen hoch geschraubt und die öffentliche Meinung ist nach der Wahl noch gar nicht umgeschwenkt. Viele Menschen glauben immer noch, dass die neue Regierung das bestehende Sparprogramm keineswegs fortsetzen wird", mahnt der Politikwissenschaftler.
Selbst innerhalb der regierenden Linkspartei werden derzeit Vorbehalte laut: EU-Parlamentarier Manolis Glezos und der Wirtschaftsexperte Kostas Lapavitsas kritisierten die Einigung mit den Gläubigern Griechenlands. Interne Kritik soll der Anführer des linken Parteiflügels und Energieminister Panagiotis Lafazanis geäußert haben. In einer Marathon-Sitzung der Syriza- Parlamentsfraktion am Mittwoch (25.2.) versuchte Regierungschef Tsipras, die Wogen zu glätten. Für Alexis Papachelas, Direktor der Athener Zeitung Kathimerini, steht jedenfalls fest: "Tsipras wird in absehbarer Zeit mit einer dreifachen Opposition konfrontiert: Erstens, der Opposition im eigenen Lager, die seine Wende nicht mittragen will. Zweitens, den Partikularinteressen, die sich aus Eigennutz gegen Reformen wehren. Drittens, der eigentlichen Opposition, von der man derzeit nicht viel hört, da sie anscheinend immer noch mit der Aufarbeitung der Wahlergebnisse beschäftigt ist".
Vage Formulierungen im Sparprogramm
Immerhin sei die Regierung Tsipras nunmehr in der Realität angekommen, meint der Analyst im Athener TV-Sender Skai: "Maßgeblich dafür war die Gefahr, dass die griechischen Banken noch in dieser Woche schließen würden, falls keine Einigung zustande käme", glaubt der Analyst. Der Ministerpräsident habe seine endgültige Wahl getroffen und wolle, dass Griechenland im Euro bleibe. Es sei keine leichte und vielleicht auch eine einsame, aber doch verantwortungsvolle Entscheidung gewesen, lobt Papachelas.
Nun geht es darum, das Reformprogramm mit Inhalt zu füllen. Viele Formulierungen der jüngsten Einigung mit den Gläubigern sind vage gehalten, bieten viel Raum für Interpretationen und lassen gelegentlich Unerfreuliches ahnen. So ist etwa von einer "Reform des Mehrwertsteuerregimes" die Rede, was vermutlich auf eine Erhöhung der Mehrwertsteuer für griechische Hoteliers hinausläuft. Damit dürfte die neue Regierung keine großen Sympathien gewinnen. "Die eigentliche Frage lautet, ob eine Linksregierung in der Lage wäre, eine bessere Anwendung des Sparprogramms zu gewährleisten", mahnt Tzogopoulos. In den nächsten vier Monaten gehe es erst einmal darum, Vertrauen wiederherzustellen, glaubt der Athener Analyst. Dann könne man über alles reden - möglicherweise auch über ein drittes Rettungspaket für Griechenland.