Wulff dankt deutschen und US-Soldaten
17. Oktober 2011Es war eine demonstrative Geste der Solidarität: Bei seinem ersten Truppenbesuch am Hindukusch hat Bundespräsident Christian Wulff den deutschen Soldaten und Polizisten in Afghanistan demonstrativ den Rücken gestärkt. "Die deutsche Gesellschaft sollte Danke sagen und sich bewusst sein, was hier geleistet wird", sagte Wulff am Montag (17.10.2011) im Bundeswehr-Standort im nordafghanischen Masar-i-Scharif. Das Statement ist umso bemerkenswerter, als in Umfragen eine Mehrheit der Deutschen den Einsatz ablehnt.
Mit der Besichtigung eines Polizei-Ausbildungszentrums in Masar-i-Scharif setzte der Bundespräsident am Montag seinen Besuch fort. Ziel aller militärischen und zivilen Anstrengungen müsse sein, "dass die Afghanen ihre Zukunft selbst in die Hand nehmen", sagte Wulff. Nach jetzigem Planungsstand sollen bis Ende 2014 die afghanischen Sicherheitskräfte im ganzen Land die Verantwortung von der NATO übernehmen. Als eine der wichtigsten Aufgaben gilt daher der Aufbau von Armee und Polizei. Deutschland ist maßgeblich an der Polizeiausbildung beteiligt.
Dank an die US-Soldaten
Im Regionalkommando Nord der Internationalen Schutztruppe ISAF in Masar-i-Scharif, das von der Bundeswehr geführt wird, traf Wulff auch mit US-Soldaten zusammen. "Es was mir ein Bedürfnis, den Amerikanern zu danken", sagte er. "Viele deutsche Soldaten haben mir berichtet, dass sie nur deshalb noch leben, weil sie amerikanische Hubschrauber unter Beschuss aus Gefechtssituationen herausgeflogen haben." Der Bundespräsident besuchte die Erste US-Kavallerie-Brigade, die mit den Bundeswehr-Soldaten besonders eng zusammenarbeitet. "Wir lernen eine Menge von den Deutschen - und umgekehrt", sagte ein Sprecher der US-Truppen zu Wulff.
Das deutsche Staatsoberhaupt besuchte auch den zivilen Flughafen der Provinzhauptstadt Masar-i-Scharif, der mit deutscher Hilfe gebaut wird. Dort kam er mit dem Gouverneur der Provinz Balch, Mohammad Atta, zusammen. Atta ist einer der mächtigsten Gouverneure Afghanistans und ein prominenter Vertreter der Nordallianz, die gegen das vor zehn Jahren gestürzte Taliban-Regime kämpfte. Wulff besuchte anschließend auch die deutschen Soldaten in der nordafghanischen Unruheprovinz Kundus. Am Ehrenhain im Bundeswehr-Feldlager am Rande der Stadt Kundus gedachte er der Gefallenen.
Wulff sichert Karsai Hilfe zu
Am Sonntag war Wulff in Kabul mit Präsident Hamid Karsai zusammengetroffen. Dort hatte er der Regierung weitere deutsche Hilfen zugesichert. Deutschland werde dem Land auch nach der Übergabe der Sicherheitsverantwortung im Jahr 2014 ein "verlässlicher und dauerhafter Freund und Partner" sein. Bereits bei seiner Ankunft hatte Wulff gesagt: "Deutschland wird Afghanistan nicht im Stich lassen."
Das Treffen der beiden Staatsoberhäupter diente auch der Vorbereitung der Afghanistan-Konferenz, die am 5. Dezember in Bonn stattfindet. Ein zentrales Thema wird der geplante Abzug der ausländischen Streitkräfte und die Weichenstellung für den weiteren Friedensprozess in Afghanistan sein.
In Kabul kam der Bundespräsident auch mit Vertretern größerer afghanischer Nichtregierungsorganisationen und von Dachverbänden im Bereich der Frauen- und Menschenrechte zusammen. "Ich habe großen Respekt vor der Leistung der afghanischen Zivilgesellschaft", sagte er. "Sie spielt gerade im Übergangsprozess hin zur vollen Souveränität Afghanistans eine zentrale Rolle."
Erster Staatsbesuch seit 44 Jahren
Zum Abschluss seines Afghanistan-Besuchs zog Wulff eine positive Bilanz der Gespräche. "Afghanistan ist auf dem richtigen Weg, aber viele kleine Schritte sind erforderlich." Notwendig sei auch eine Einbeziehung der Nachbarstaaten, die von einer Stabilisierung Afghanistans profitieren würden. Noch einmal dankte Wulff den deutschen Soldaten und Helfern im Land. "Wir zeigen Afghanistan und der Welt, dass auf Deutschland Verlass ist." In Afghanistan sind derzeit rund 5000 deutsche Soldaten stationiert. Mit dem Abzug der Bundeswehr soll Ende dieses Jahres begonnen werden. Unklar ist bisher, um wie viele Soldaten die Truppenstärke verringert werden soll.
Wulffs Reise ist der erste Staatsbesuch eines deutschen Bundespräsidenten am Hindukusch seit 44 Jahren. Zuletzt war Bundespräsident Heinrich Lübke 1967 zu einem offiziellen Besuch in Kabul. Aus Sicherheitsgründen war die Reise Wulffs vorher nicht angekündigt worden.
Autor: Reinhard Kleber (dpa, afp, dapd)
Redaktion: Annamaria Sigrist/Pia Gram