World Press Photo Award: Ein düsteres Jahr in Bildern
Nichts fängt ein Schicksalsjahr so gut ein wie Fotos. Corona-Pandemie, Krieg und eine Explosion: 2020 durch die Linsen der World Press Photo Award-Gewinner.
World Press Photo des Jahres
Die 85-jährige Rosa wird im August 2020 von einer Betreuerin ihres Altenheims in São Paulo umarmt - zum ersten Mal seit fünf Monaten. Wegen der Pandemie hatten auch in Brasilien alle Pflegeheime strenge Auflagen und Besuchsverbote verhängt. Der Däne Mads Nissen fing diesen Moment ein und wird dafür sowohl für die beste Einzelaufnahme in der Nachrichtensparte als auch mit dem Hauptpreis geehrt.
World Press Photo Story des Jahres
Die Langzeitreportage "Habibi" des Italieners Antonio Faccilongo dokumentiert die Nachwehen des Konflikts zwischen Palästinensern und Israelis im Westjordanland und im Gazastreifen. Hier erreichen palästinensische Frauen, Mütter und Kinder einen Checkpoint an der Grenze zu Israel. Sie reisen oft stundenlang, um ihre in israelischer Haft sitzenden Männer zu besuchen - für ganze 45 Minuten.
Zeitgenössische Themen: Einzelaufnahme
Der argentinische Foto-Videojournalist Pablo Tosco erzählt von ausgegrenzten Menschen. Seine Arbeit spiegelt Ungleichheit und Tragödien infolge von Migration und Flucht wider. Hier bereiten Fatima und eines ihrer neun Kinder vor Jemens Küste ein Fischnetz vor, das den Unterhalt der Familie sichern muss.
Zeitgenössische Themen: Story
Der russische Dokumentarfotograf Alexey Vasilyev fokussiert sich auf das Alltagsleben und die nationale Identität der Menschen im hohen Norden seines Heimatlandes - wo die Temperaturen schon einmal auf 50 Grad unter Null sinken können. In der Republik Sacha, der weltweit größten unterstaatlichen Territorialeinheit, bereitet sich die Theater-Schauspielerin Isabella Nikolaeva auf eine Rolle vor.
Umwelt: Einzelaufnahme
Der kalifornische Unterwasser- und Umweltfotograf Ralph Pace hat im November vor der Küstenstadt Monterey diesen neugierigen Seelöwen im Bild eingefangen. Das Tier begutachtet eine im Meer treibende Corona-Schutzmaske. Geschätzt landen monatlich weltweit 130 Milliarden Einweg-Masken im Müll. Oder gefährden die Natur: Diese Maske kann von Tieren fälschlicherweise für Futter gehalten werden.
Umwelt: Story
Im südamerikanischen Feuchtbiotop Pantanal wüteten 2020 die schwersten Feuer seit Jahrzehnten. Hier hält ein freiwilliger Helfer nach Brandherden unter einer Holzbrücke Ausschau - festgehalten vom brasilianischen Fotografen Lalo de Almeida. Zwischen 140.000 und 160.000 Quadratkilometer Fläche sind den Feuern zum Opfer gefallen.
Nachrichten: Story
Im November machte der Moskauer Dokumentarfotograf Valery Melnikov für seine Reihe "Verlorenes Paradies" in Bergkarabach diese Aufnahme von Areg vor einem brennenden Haus. Im Konflikt mit Aserbaidschan brannten Einheimische ihre Häuser nieder, bevor sie die Gebiete verließen, die nach dem Friedensabkommen vom November wieder unter aserbaidschanische Kontrolle kommen sollten.
Natur: Einzelaufnahme
Ami Vitale, Fotografin für "National Geographic", begleitete im Westen Kenias die Rettung von Giraffen von einer überfluteten Insel im Baringosee. Diese Rothschild-Giraffe, eine als gefährdet eingestufte Spezies der Nord-Giraffe, scheint während der Überführung auf einem speziell angefertigten Lastkahn nicht begeistert von der Rettungsaktion.
Natur: Story
Inmitten der Pandemie bekam die Familie des niederländischen Fotografen Jasper Doest in Vlaardingen während der häuslichen Isolierung regelmäßig Besuch von einem Taubenpaar, das die Familie kurzerhand Ollie und Dollie taufte. So viel Neugierde und Unerschrockenheit, wie sie Ollie hier auf dem Rand eines Tellers im Geschirrspüler demonstriert, verdient den ersten Platz in der Kategorie Natur-Serie.
Portrait: Einzelaufnahme
Oleg Ponomarev bildet soziale Konflikte im Russland der Gegenwart ab. Hier traf er Ignat, einen Trans-Mann, und dessen Freundin Maria in St. Petersburg. Zu Schulzeiten wurde Ignat schikaniert und musste beim Schulpsychologen antreten, nachdem Gerüchte aufkamen, dass er männliche Pronomen verwendete, wenn er von sich selbst sprach.
Portrait: Story
Die Waffenkultur der USA ist weitgehend bekannt: Auf 328 Millionen Staatsbürger kommen 393 Millionen Waffen. Der frühere US-Marine Torrell Jasper, der hier mit seiner Sammlung in seinem Garten in Louisiana posiert, ist nur einer von zahlreichen Waffenbesitzern in der prämierten Reihe "The Ameriguns" des italienischen Fotografen Gabriele Galimberti.
Sport: Einzelaufnahme
Der australische Sportfotograf Adam Pretty fing den Kletterer Georg beim Bouldertraining im bayerischen Kochel am See ein. Der hängt nahezu waagerecht und scheinbar schwebend an einem Stapel von Holzstämmen - wie beim Bouldern üblich, ohne Schutzausrüstung wie Seil oder Klettergurt. Dafür gibt es den ersten Platz bei den Einzelaufnahmen aus der Welt des Sports.
Sport: Story
Der Fotograf Chris Donovan verbindet Gesellschaftsthemen mit dem Niedergang der Industrie - so wie in der einstigen Autometropole Flint im US-Bundesstaat Michigan. Donovan begleitete für seine Schwarz-Weiß-Reihe "Those who stay will be Champions" das Basketball-Team einer örtlichen High School. Das Team soll in einer Stadt, die ums Überleben kämpft, Gemeinschaftssinn und Stabilität stärken.
Kurznachrichten: Einzelaufnahme
Ein weißer Mann und eine schwarze Frau streiten über das Emancipation Memorial in Washington. Das zeigt den früheren US-Präsidenten Abraham Lincoln, der in einer Hand die Proklamation zur Abschaffung der Sklaverei hält, während die andere über dem Kopf eines Schwarzen im Lendenschurz liegt, der vor ihm kniet. Evelyn Hockstein gelang damit die beste Einzelaufnahme in der Kategorie Kurznachrichten.
Kurznachrichten: Story
Der italienische Fotograf Lorenzo Tugnoli lebt im Libanon und berichtet aus dem Nahen Osten. Als eine Explosion im Hafen der Hauptstadt Beirut im August für eine Katastrophe sorgt, fängt er die nun in der Kategorie Kurznachrichten als beste Serie prämierten Bilder von Leid und Zerstörung ein. Das Inferno zerstörte rund 6000 Gebäude, mehr als 6500 Menschen wurden verletzte, rund 200 starben.