Wo Banker nach dem Brexit hingehen
22. März 2017Angenommen, Sie sind Banker und leben in London. Der Brexit rückt näher. Was bedeutet das eigentlich für Ihren Arbeitsplatzf?
Wie genau der EU-Austritt Großbritanniens aussehen wird, steht noch nicht fest. Relativ sicher ist hingegen: Die Banken in London werden nicht mehr vom sogenannten EU-Finanzpass profitieren. Nach dieser Regelung können Banken mit einer Zulassung in einem EU-Land ihre Geschäfte auch mit anderen EU-Ländern abwickeln, sei es die Ausgabe von Anleihen oder der Verkauf von Zertifikaten. Wenn diese Regelung nach dem Brexit nicht mehr für Großbritannien gilt, müssen die dort ansässigen Banken für das Geschäft mit anderen EU-Ländern folglich eine Genehmigung beantragen, die vermutlich Geld kosten wird. Oder sie ziehen um.
Allein die Bank JP Morgan plant, 4000 ihrer Stellen an einen anderen Standort in der EU zu verlagern. Citigroup und Morgan Stanley sind mit jeweils 2000 Bankern bei dem Großumzug dabei. Auch Goldman Sachs, die Bank of America, sowie HSBC und UBS wollen jeweils etwa 1000 ihrer Banker aus London in eine andere Stadt versetzen.
Die Top 5 Städte für Banker
Aber in welche? Die Umzugsfirma Movinga muss es ja wissen. Schließlich kann sie mit tausenden von Bankerumzügen ein ordentliches Geschäft machen. Dementsprechend hat die Firma nun eine Studie herausgegeben, in der sie fragt: Welche EU-Stadt eignet sich am besten für Banker?
An erster Stelle steht laut der Studie die irische Hauptstadt Dublin. Es folgen Amsterdam, Valletta, Luxemburg und Brüssel. Die Studie vergleicht die Städte etwa hinsichtlich der durchschnittlichen Mieten für luxuriöse Wohnungen. Errechnet wurden auch die Kosten für Reinigungskräfte und Cocktails, sowie für ein paar andere Sachen, die man sich als Banker so leistet.
Verwunderlich ist allerdings, dass der Steuersatz für maximales Einkommen in der Studie zwar berechnet, jedoch offenbar nicht als ausschlaggebender Faktor betrachtet wird. Die Steueroase Malta verlangt zum Beispiel nur 32 Prozent Steuern für Spitzenverdiener; in Luxemburg müssen sie sogar 40 Prozent Steuern zahlen - das ist immer noch deutlich weniger als in anderen EU-Ländern. Trotzdem erscheinen die beiden kleinen Länder nur auf Platz drei und vier des Rankings.
Gar nicht erwähnt wird in der Studie die Wichtigkeit von von sogenannten Offshore-Finanzplätzen. Wie weit kann man etwa EU-Regelungen in den jeweiligen Offshore-Zonen umgehen? Welche Gesetzeslücken wurden für Banken und Unternehmen geschaffen? Dass die Bankenaufsicht in Ländern wie Luxemburg und Malta zum Beispiel als besonders lax gilt, kommt hier nicht zur Sprache, sondern wird gewissermaßen stillschweigend vorausgesetzt. Dabei wären Zahlen oder gar ein Ländervergleich sehr interessant gewesen.
Die andere Umzugskiste
Auch spannend für Banken: Es gibt noch eine ganz andere Kiste als den Umzugskarton - und das ist der Briefkasten. Anstatt ein ganzes Unternehmen umzusiedeln, tut es nämlich oft schon eine neue Adresse. Ein weit verbreitetes und beliebtes Modell - nicht nur unter Bankern.
Das Ende von London als Finanzstandort bedeutet die geplante Umzieherei also nicht. Abgesehen von den eingebüßten Vorteilen des EU-Finanzpasses bleibt im Herzen von London, Brexit hin oder her, die eigenständige Rechtseinheit "City of London" als quasi Offshore-Zone bestehen.
Angenommen, Sie sind gar nicht Banker, und wollen trotzdem von einem Land in ein anderes umziehen. Dann werden Sie gewöhnlich Migrant genannt, oder sogar Wirtschaftsflüchtling. Dann rechnet keine Umzugsfirma für Sie aus, wo sie am besten leben können. Meistens können Sie sich das ohnehin nicht aussuchen.