WM 2023: Nigerianische Diaspora im Fußballfieber
28. Juli 2023Von außen ist das Adonai Foods, das im Erdgeschoss eines grauen Hochhauses im Melbourne liegt, normalerweise leicht zu übersehen. Aber nicht, wenn Nigeria bei der WM spielt. Draußen auf der Terrasse brutzelt der Grill mit Suya, einem würzigen Rindfleischgericht, während sich drinnen nigerianische Fans versammeln, um ihre Fußballnationalmannschaft zu unterstützen - und die einheimischen Spezialitäten Jollof Rice und Poundo Yam genießen.
Das Restaurant nennt sich selbst "Little Lagos". Für die Fußballfans, die dem nigerianischen Team beim Spiel gegen den WM-Gastgeber Australien zusehen, fühlt es sich wie ein zweites Zuhause an. "Normalerweise gibt es hier kaum Veranstaltungen, bei denen Nigeria vertreten ist. Normalerweise unterstützen wir Australien in verschiedenen Sportarten", sagt Ewa Osunneye der DW. "Aber dass die WM vor der Haustür gespielt wird, hat die Verbindung vieler Menschen zu ihren Wurzeln, ihren Ursprungsländern, definitiv gestärkt."
Etwa vier Kilometer vom Restaurant entfernt startete Nigeria mit einem 0:0-Unentschieden gegen Olympiasieger Kanada ins Turnier. Doch es kam noch besser. Nach dem 3:2-Sieg gegen Gastgeber Australien, dem ersten Erfolg einer afrikanischen Mannschaft bei dieser Endrunde, stimmten Osunneye und die anderen Fans Nigerias Jubelgesänge an.
"Es geht nicht um Frauen oder Männer, sondern um Fußball"
"Es hat unsere Gemeinschaft definitiv gestärkt, weil wir unseren Stolz zeigen können. Es ist großartig", sagt Ossuneye. "Ich bin sehr stolz und sehr glücklich. Ich habe es genossen, in meiner Sprache singen zu können. Ich fühle mich noch mehr als Teil einer Gemeinschaft. Und das ist das beste Gefühl, es ist unglaublich."
Das Adonai Foods ist so etwas wie ein Gemeindezentrum für die 2.500 in Nigeria geborenen Menschen (in ganz Australien sind es rund 8.500) und Tausende weitere mit nigerianischen Wurzeln, die in Melbourne leben. Chidozie Ukpaka bedient in dem Restaurant den Grill.
"Ich war beim ersten Spiel der Nigerianerinnen. Es war unglaublich", berichtet Ukpaka der DW. "Ich denke, es ist das erste Mal, dass der Frauenfußball [in Nigeria und in der Diaspora] so viel Zuspruch findet. Ich glaube, die Leute sehen den Fußball jetzt mit anderen Augen. Es geht nicht um Frauen oder Männer, sondern um das Spiel. Wenn es die eigene Nationalmannschaft ist, unterstützt man sie einfach und freut sich, wenn sie gewinnt."
Neues Wir-Gefühl
Nicht nur in der nigerianischen Diaspora unter den fünf Millionen Einwohnerinnen und Einwohner Melbournes sorgt die Fußball-WM für ein neues Wir-Gefühl. Im multikulturellen Australien bringt die WM auch für Gemeinschaften mit Wurzeln in anderen Staaten ein Stück ihrer alten Heimat in die neue.
"Die Frauen-WM hier im Land macht den Zugang zum Event einfacher", sagt Nigeria-Fan Osunneye. "Jetzt sagt hier plätzlich jeder: 'Willst du dir das Spiel ansehen? Sollen wir zusammen hingehen?'" Das habe jedoch einen Nachteil, so die Fußball-Anhängern lachend. Ihre Nerven hielten das auf Dauer nicht aus. "Ich glaube nicht, dass ich so etwas wie heute jeden Tag oder jede Woche machen könnte. Das würde ich emotional nicht aushalten." Wenn die Nigerianerinnen weiter so stark spielen wie bislang, werden Ossuneye und ihre Landsleute jedoch noch häufiger Gelegenheit haben, sich zum Fußballgucken und -feiern im Adonai Food zu treffen.
Dieser Text wurde aus dem Englischen adaptiert.