Wirtschaftsnobelpreis an US-Ökonomin Claudia Goldin
9. Oktober 2023Der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften geht in diesem Jahr an die US-Forscherin Claudia Goldin. Sie wird für die "Aufdeckung der wichtigsten Ursachen für geschlechtsspezifische Unterschiede auf dem Arbeitsmarkt" ausgezeichnet, wie die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften am Montag in Stockholm mitteilte. "Ihre Forschungen von haben uns neue und oft überraschende Einblicke in die historische und aktuelle Rolle der Frauen auf dem Arbeitsmarkt gegeben".
Goldin - die an der Harvard-Universität forscht - ist die dritte Frau, die mit dem Preis geehrt wird, und die erste, die die Auszeichnung allein erhält. Zuletzt wurde die in Frankreich geborene Esther Duflo gemeinsam mit zwei Kollegen im Jahr 2019 ausgezeichnet. Die Wirtschaftsauszeichnung ist nach wie vor die Nobelpreiskategorie mit den wenigsten weiblichen Ausgezeichneten.
Die 1946 in New York geborene Claudia Dale Goldin ist Professorin für Volkswirtschaftslehre an der Harvard-Universität und wurde 2013 Präsidentin der American Economic Society, deren derzeitige Präsidentin die Ex-Fed-Chefin und amtierende US-Finanzministerin Janet Yellen ist.
"Herausragend und wohlverdient"
Für Simon Jäger, Arbeitsmarktforscher und Direktor des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) in Bonn, ist die Auszeichnung für Claudia Goldin "herausragend und wohlverdient". Es werde das Leben und Wirken einer Forscherin prämiert, "das bahnbrechende Erkenntnisse mit Blick auf die Arbeitswelt der letzten 150 Jahre hervorgebracht hat, insbesondere welche Rolle Frauen im Arbeitsmarkt spielen und wie sich diese Rolle verändert hat".
Jäger, der 2016 an der Harvard-Universität in den USA an dem Department promovierte, das Claudia Goldin leitet, kennt die Preisträgerin persönlich, erzählt er im Gespräch der der DW. "Sie ist eine ganz besondere Forscherin und ein ganz besonderer Mensch und deswegen freue ich mich besonders für sie." Goldin habe sich in ihrer Forschung darauf spezialisiert, das Frauen in der globalen Arbeitswelt in den meisten Ländern "unterrepräsentiert sind".
Goldin habe erforscht, wie sich zum Beispiel "während der Industrialisierung und danach die Erwerbsbeteiligung von Frauen entwickelt hat". Zuletzt habe sie untersucht, welche Rolle Diskriminierung, soziale Normen und Flexibilität in Bezug auf die nach wie vor vorhandene Lohnlücke zwischen Männern und Frauen haben. Das habe Goldin mit Hilfe von historischen Daten, "die sie in einer Art Detektivarbeit aufgespürt hat", klar dokumentieren können.
Der Präsident des in München ansässigen Ifo-Institus, Clemens Fuest, hat Goldin eine "hervorragende Wahl" genannt. "Sie ist unglaublich kreativ und gehört zur Spitze der weltweiten volkswirtschaftlichen Forschung", so Fuest laut einer Pressemitteilung des Institus. Ihre Forschungsthemen seien auch für Laien sehr verständlich und "für uns alle relevant", fügte Fuest hinzu.
Ein deutscher Preisträger
Im vergangenen Jahr waren der frühere US-Notenbankchef Ben Bernanke und die ebenfalls amerikanischen Ökonomen Douglas Diamond und Philip Dybvig ausgezeichnet worden. Sie erhielten die prestigeträchtigen Nobelmedaillen für ihre Erforschung von Banken und Finanzkrisen.
Der Nobelpreis in Wirtschaftswissenschaften geht oft an Preisträger, die aus den USA stammen oder dort zumindest tätig sind. Einziger Wirtschaftsnobelpreisträger aus Deutschland ist bislang der Bonner Wissenschaftler Reinhard Selten gewesen, der die Auszeichnung 1994 gemeinsam mit John Nash und John Harsanyi für ihre wegweisenden Beiträge zur nichtkooperativen Spieltheorie erhielt.
Erhöhtes Preisgeld
Dotiert sind die Nobelpreise in diesem Jahr mit elf Millionen schwedischen Kronen pro Preiskategorie, das ist eine Million mehr als in den Vorjahren. Umgerechnet entspricht dieses Preisgeld nach derzeitigem Kurs rund 950 000 Euro. Werden mehrere Preisträger gemeinsam in einer Kategorie geehrt, teilen sie sich diese Summe.
Der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften ist der einzige der Nobelpreise, der nicht auf das Testament von Dynamit-Erfinder und Preisstifter Alfred Nobel (1833-1896) zurückgeht. Er wird seit Ende der 1960er Jahre von der schwedischen Reichsbank gestiftet und zählt somit streng genommen nicht zu den klassischen Nobelpreisen. Trotzdem wird er gemeinsam mit den weiteren Nobelpreisen an Nobels Todestag, dem 10. Dezember, feierlich überreicht.
dk/hb/fab/se (dpa, afp)