Treffen der syrischen Opposition in Bulgarien
31. Mai 2012Über die Ergebnisse des Treffens in Pravez, 60 Kilometer nordöstlich der bulgarischen Hauptstadt, sprach die DW mit dem Gastgeber, Außenminister Nikolai Mladenov.
Deutsche Welle: Herr Mladenov, was ist das Ergebnis dieses Treffens?
Nikolai Mladenov: Das wichtigste Ergebnis ist ein entscheidender Schritt zur Festigung der Opposition in Syrien, rund um eine gemeinsame Zukunftsvision für das Land. Diese Vision stützt sich auf demokratische Werte und auf ein Verständnis dafür, dass alle ethnischen und religiösen Gruppen in Zukunft in der Syrischen Regierung vertreten sein müssen, und dass sie das Recht auf Schutz haben.
Wer waren die Teilnehmer?
Der Syrische Nationalrat - die Dachorganisation der syrischen Opposition - hat mit den Vertretern des Kurdischen Nationalrats über die besonderen Probleme der kurdischen Bevölkerung in Syrien gesprochen. Ich möchte an dieser Stelle daran erinnern, dass die Kurden unter dem Assad-Regime viele Jahre lang ihrer Grundrechte beraubt wurden. Trotz der zögerlichen Annäherungsversuche Assads unterstützen die Kurden die Revolution des syrischen Volkes und die Forderungen nach freien Wahlen. Die dritte Gruppe, die am Treffen in Bulgarien beteiligt war, ist der nationale Block, dem die Vertreter verschiedener ethnischer Gruppen in Syrien angehören. Diese Vertreter spüren den Puls der Ereignisse an der Basis besonders stark.
Es war eine historische Gelegenheit für diese Oppositionsgruppen, sich auf die Prinzipien zu einigen, auf deren Grundlage sie ihre Aktivitäten koordinieren und zusammenarbeiten werden, um einen freien und demokratischen Staat aufzubauen.
Was plant die syrische Opposition jetzt - nach dem Scheitern des Annan-Plans?
Ich denke, es ist noch zu früh, um zu behaupten, der Annan-Plan sei gescheitert. Wie so viele andere hoffe auch ich, in den nächsten Tagen die Berichte von Kofi Annans Treffen in Damaskus zu sehen. Nach dem schrecklichen Massaker in Hula ist die Situation anders als zuvor: Ich denke, das Assad-Regime wird jetzt umissverständlich verurteilt. Wir konnten beobachten, dass sogar Staaten, die früher zurückhaltender waren, begonnen haben, ihre Position zu ändern.
Es ist wichtig für die Opposition, auf der jetzt geschaffenen Einigkeit aufzubauen, und ihre Zukunftsvision für Syrien zu festigen. Und es ist wichtig für uns, die internationale Gemeinschaft, Druck auf das syrische Regime auszuüben, damit es sich an die vollständige Umsetzung des Annan-Plans hält: Nicht nur die Waffenruhe, sondern alle Punkte des Plans, auch die politischen Aspekte, müssen umgesetzt werden. Ich denke, dass seit dem Ausbruch der Gewalt in Syrien mehr Menschenleben der Brutalität des Assad-Regimes zum Opfer gefallen sind als während der Ereignisse in Libyen. Und wir können nicht weiterhin tatenlos zusehen, wie die Massaker weitergehen. Alle, die daran beteiligt waren, müssen verstehen, dass sie für ihre Taten in der Zukunft strafrechtlich verfolgt werden.
Wieso fand das Treffen in Bulgarien statt? Gibt es eine besondere Beziehung zu Syrien?
Bulgarien hat eine enge Beziehung zu den Menschen in Syrien. Bulgaren und Syrer haben viele Jahre lang zusammengelebt, viele von ihnen haben im jeweiligen Land des anderen studiert, wir blicken auf eine lange Kooperationsgeschichte zurück. Wir möchten nicht nur eine Hilfe bieten für jene, die ein neues freies und demokratischen Syrien aufbauen wollen, sondern auch die Erfahrungen teilen, die wir gemacht haben mit dem Überang von einer Diktatur zur Demokratie, mit den Herausforderungen auf unserem Weg. Wir wollen unsere syrischen Freunde dabei unterstützen, voranzukommen.
Das bulgarische Außenministerium hat eine Sonderinitiative namens "Sofia-Plattform" gegründet, die Europa und den Nahen Osten verbindet, insbesondere durch einen Dialog über die Übergangszeit von einem System zum anderen. Wir arbeiten sehr eng mit Tunesien, Ägypten, Libyen und vielen anderen Staaten zusammen, die auf dem Weg des Demokratisierungsprozesses sind. Und ich hoffe, dass die Menschen in Syrien bald frei und fair wählen können, um das Schicksal ihres Landes selber in die Hand zu nehmen, statt von einem Diktator geführt zu werden.