EU und AKP
28. Juni 2007Aus alt wird neu. Einfach ist das nicht, besonders dann nicht, wenn der Verhandlungspartner mit dem vorgegebenen Tempo einfach nicht mitkommt. Doch die Zeit rennt – bis Ende 2007 soll ein neues Wirtschaftspartnerabkommen zwischen der Europäischen Union und den 78 Ländern Afrikas, der Karibik und des Pazifiks (AKP-Staaten) unterzeichnet sein.
Damit stehen die langjährigen Handelsbeziehungen vor einer entscheidenden Neuauflage. Begonnen hatten diese 1975 mit den sogenannten Lomé-Abkommen, die den AKP-Staaten zollfreien Zugang zu den EU-Märkten einräumten. Doch weil diese Abkommen gegen die Regelungen der Welthandelsorganisationen WTO verstießen, stehen die EU und die AKP-Staaten nun vor der Herausforderung, eine neue Grundlage für ihre Handelsbeziehungen zu schaffen – WTO-konform.
Gegenseitige Marktöffnung
Damit betreten vor allem die AKP-Staaten Neuland. Denn bislang handelte es sich um unilaterale Abkommen, das heißt die EU gewährte den AKP-Staaten Zollpräferenzen, ohne weitere Bedingungen an diese zu stellen. Nun sollen jedoch beide Seiten ihre Märkte öffnen. Gerade die wirtschaftlich schwächeren Staaten befürchten, dass ihre Märkte durch die Liberalisierung zerstört werden. "Die AKP-Staaten können mit den subventionierten Produkten der EU nicht mithalten", sagt Klaus Schilder von der Organisation WEED (Weltwirtschaft, Ökologie und Entwicklung).
In Westafrika hat man damit bereits schon Erfahrung gemacht. So wurden hier unter anderem subventioniertes Hühnerfleisch und Dosentomaten aus europäischen Mitgliedsstaaten importiert. "Die Existenz der Bauern vor Ort ist dadurch wirklich bedroht, weil sie gegen die Dumping-Preise der europäischen Überschussproduktion nicht die geringste Chance haben", erklärt Schilder. Kaum vorstellbar, doch so kann es tatsächlich passieren, dass in einem Lebensmittelladen in Afrika eine Dose Tomaten aus Italien billiger ist, als vom Bauern nebenan. "Von nachhaltiger Entwicklungszusammenarbeit kann dann wirklich keine Rede mehr sein", so Schilder.
Marktöffnung Schritt für Schritt
Doch zu derart drastischen Marktverschiebungen soll es angeblich nicht kommen. Schließlich sollen die künftigen Wirtschaftspartnerschaftsabkommen asymmetrisch sein, das heißt während die AKP-Staaten weiterhin zollfreien Zugang zu den EU-Märkten haben, müssen sie ihre eigenen Märkte erst Schritt für Schritt für den EU-Import öffnen. "Wir kennen die Grenzen unserer Partner und wir wollen mit ihnen Übergangsregeln und regionale Lösungen ausarbeiten", erklärte EU-Handelskommissar Peter Mandelson vor kurzem in einem Interview mit DW-Radio. "Niemand will Änderungen über Nacht einführen oder Regeln aufzwingen."
Auch Billie Miller, Außenministerin von Barbados, reagiert nahezu allergisch auf die Kritik der westlichen Nichtregierungsorganisationen an den laufenden Wirtschaftsverhandlungen. "Wir haben unsere eigene Zivilgesellschaft und wir müssen aufpassen, dass die westlichen NGOs nicht in unserem Namen sprechen." Denn anders als im Großteil der afrikanischen Staaten fürchtet man sich in der Karibik nicht so sehr vor einer gegenseitigen Öffnung der Märkte. "Es wird Gewinner und Verlierer geben, das ist von Anfang an klar. Aber wir werden versuchen, das Abkommen so hinzubiegen, dass wir die größtmöglichen Vorteile daraus ziehen können", so Miller. Allerdings steht für die karibischen Staaten auch weniger auf dem Spiel. Denn anders als in größten Teilen Afrikas stehen hier Tourismus und Dienstleistungen im Zentrum der Wirtschaftsbeziehungen – und nicht die Landwirtschaft.
Trotz aller Kritik ist sich auch Morgan Githinji, Experte für multilaterale Handelsbeziehung in der AKP-Zentrale in Brüssel, sicher, dass alle AKP-Staaten die Neuauflage der Handelsbeziehungen grundsätzlich befürworten. Doch fürchtet er, dass besonders die afrikanischen Staaten von den Forderungen der EU überrannt werden könnten. So sollten sie seiner Meinung nach "ihre Märkte nicht blind öffnen", sondern die asymmetrische Öffnung gezielt einsetzen, um ihre sensiblen Wirtschaftsbereiche zu schützen. Leicht wird das jedoch nicht: "Wir können dem Druck, den die EU ausgeübt, oftmals nicht standhalten. Wir haben einfach zu wenig Erfahrung in internationalen Wirtschaftsverhandlungen."