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Winzer: "Thailand bleibt politisch instabil"

Rodion Ebbighausen2. Februar 2014

Thailand hat gewählt. Aber ein Ende der politischen Krise ist nicht in Sicht, sagt Michael Winzer von der Konrad-Adenauer-Stiftung in Thailand.

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Demonstration gegen die Regierung in Thailand (Foto: EPA/NYEIN CHAN NAING)
Bild: Picture-Alliance/dpa

Deutsche Welle: Die Wahllokale in Thailand haben geschlossen. Im Gegensatz zu manchen Befürchtungen ist die Lage weitgehend ruhig geblieben. Wie deuten Sie das?

Michael Winzer: Dass es im Wahlverlauf relativ ruhig blieb und Gewalttaten weitgehend ausgeblieben sind, zeigt, dass die Opposition ihr Ziel in den letzten Wochen eigentlich schon erreicht hat. Ihr Ziel war es, die Wahl einer stabilen Regierung zu verhindern. Es werden weitere Verfahren wie etwa Nachwahlen notwendig sein. Die nächsten Wochen und Monate werden weiterhin politisch instabil bleiben.

Ist die Strategie der Interimsministerpräsidentin Yingluck Shinawatra mit den Wahlen etwas Druck aus der Situation zu nehmen, um dann mit einem größeren Mandat weiter zu regieren, gescheitert?

Was Yingluck durch die Wahlen erreichen kann, ist erst einmal eine symbolische Legitimation. Wenn sich herausstellt, dass sie bei den Wahlen die Mehrheit der Stimmen erhalten hat, dann wird es für die Opposition sehr schwierig.

Michael Winzer, Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Thailand (Foto: KAS)
Michael WinzerBild: KAS

Was Yingluck aber nicht erreichen wird, ist die Etablierung einer stabilen Regierung. Es ist heute schon klar, dass das notwendige Quorum an Abgeordneten von 95 Prozent nicht zustande kommt. Das ist eine Voraussetzung für die Konstituierung des Parlaments. Es muss deswegen in mindestens 28 Bezirken Nachwahlen geben. Das wird voraussichtlich bis März dauern. Die Konstituierung des Parlaments wird sich also über Wochen und Monate hinziehen.

Und selbst wenn dann irgendwann eine Regierung gewählt wird, wird die größte Oppositionspartei im Parlament nicht vertreten sein. Das Parlament wird dann auch auf demokratischem Wege keinen gesellschaftlichen Konsens in wichtigen politischen Fragen erzielen können. Die Wahlen werden also die Situation nicht beruhigen. Wichtige politische Entscheidungen werden vermutlich auch weiterhin auf der Straße ausgetragen werden.

Im Getöse der vergangenen Wochen hat man fast nichts von gemäßigten Thais gehört, die sich weder dem einen, noch dem anderen Lager zurechnen. Gibt es eine solche Gruppe überhaupt? Oder könnte aus der momentanen Pattsituation heraus eine neutrale Mitte entstehen?

Die Stimmung ist unheimlich aufgeheizt. Es gibt tatsächlich fast keine Thailänder, die neutral sind. Jeder hat zu dem Konflikt eine eigene Meinung, jeder steht auf einer Seite. Das Problem ist, dass es auch an Optionen fehlt, die einen Kompromiss oder einen Konsens möglich machen würden. Die Gruppe, die man neutral nennen könnte, ist mit Sicherheit eine verschwindend kleine Minderheit.

Thailand stehen also unruhige Wochen und Monate bevor?

Ja, denn selbst wenn ein amtliches Endergebnis der Wahlen irgendwann vorliegen sollte, wird es keine stabile Regierung geben. Es gibt drei Punkte, bei denen die Regierung durch die Justiz angreifbar ist:

Erstens ist es unklar, ob das Verfahren mit den Nachwahlen verfassungskonform ist. Es besteht also die Gefahr, dass das Verfassungsgericht die Wahlen im Nachgang für nichtig erklärt.

Zum Zweiten wird von der Nationalen Antikorruptionsbehörde (NACC) zurzeit ein Amtsenthebungsverfahren gegen Yingluck geprüft. Sollte sie die neue Ministerpräsidentin werden, könnte es sein, dass die NACC die frisch eingesetzte Regierungschefin auf juristischem Wege stürzt.

Dritter Punkt: Es steht auch noch ein Verfahren gegen 308 Abgeordnete des Parlaments aus, weil diese für eine umstrittene Verfassungsänderung gestimmt haben. Die Änderung sieht vor, dass zukünftig der komplette Senat gewählt werden soll. Im schlimmsten Fall wird über die 308 Abgeordneten eine Politiksperre von fünf Jahren verhängt. Im Endeffekt würde dann nicht nur die Opposition im Parlament fehlen, sondern auch viele Abgeordnete der Regierung. Damit bliebe das Parlament praktisch leer.

Auch nach Abschluss der Wahl bleiben Regierung und Parlament also so instabil, dass keine wichtigen Reformen oder politischen Entscheidungen gefällt werden können.

Michael Winzer ist Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Thailand.

Das Interview führte Rodion Ebbighausen.