Windkraft: Gegenwind in Zeiten des Booms
30. Januar 2013Deutschlands Windenergiebranche hat im vergangenen Jahr hierzulande glänzende Geschäfte gemacht. Insgesamt produzierten Ende des vergangenen Jahres rund 23.000 Windräder in Deutschland Strom. Damit wuchs der Windkraftanlagen-Park innerhalb eines Jahres um stolze 1000 Anlagen. Die installierte Gesamtleistung der Windräder stieg damit um satte 20 Prozent auf jetzt 31.300 Megawatt, was in etwa der Leistung von rund 40 großen Steinkohle-Kraftwerken entspricht.
Für die mehrheitlich deutschen und dänischen Windenergieanlagenhersteller ging damit ein äußerst erfolgreiches Geschäftsjahr zu Ende, wobei trotz mehr Windrädern nicht mehr Strom im Netz landete, sagte die Vizepräsidentin des Bundesverbands Windenergie (BWE) Sylvia Pilarsky-Grosch: "Wir haben 2012 nicht mehr Windstrom erzeugt als 2011." Einer der Gründe: Es wehte schlicht zu wenig Wind.
Volle Werkshallen heute, leere Auftragsbücher in der Zukunft
Beinahe jedes zweite neue Windrad an Land wird in Deutschland noch immer im küstennahen Norden in den Bundesländern Niedersachsen und Schleswig-Holstein aufgestellt. Besonders 2012 konnten aber die traditionell eher windschwächeren Regionen Süddeutschlands beim Ausbau der Windkraft aufholen, vor allem in Rheinland-Pfalz und Bayern wurde kräftig investiert. Sorgenkind bleibt der als Hoffnungsträger benannte Ausbau der Offshore-Windparks in Nord- und Ostsee. Anschlussprobleme ans Stromnetz verhindern bisher, dass viele selbst fertig gebaute Windparks auf hoher See ans Netz gehen.
2012 wurden gerade einmal 16 neue Offshore-Windräder angeschlossen, womit vor der Küste Deutschlands derzeit 280 Megawatt installierte Leistung stehen. Rund 350 neue Anlagen warten dort auf ihre Fertigstellung und den Anschluss ans Netz. Das Ziel der deutschen Bundesregierung, bis zum Jahr 2020 zehn Gigawatt Windenergieleistung in deutschen Gewässern installiert zu haben, dürfte damit beim aktuellen Ausbautempo in weite Ferne rücken.
Banges Warten auf den Kollaps am Weltmarkt
Für das Jahr 2013 rechnen die Branchenverbände in Deutschland noch mit einem konstanten Wachstum, vor allem beim Ausbau an Land, sagt Sylvia Pilarsky-Grosch. Neue Windräder mit einer Leistung von etwa 3500 Megawatt könnten am Ende dieses Jahres hierzulande neu gebaut worden sein, schätzt sie. Ein Glücksmoment in einem immer schwierigeren internationalen Geschäftsumfeld, sagt Thorsten Herdan, Geschäftsführer des Lobby-Verbands des deutschen Maschinen- und Anlagenbaus (VDMA Power Systems): "Deutschland ist der Fels in der Brandung der Windindustrie in einem turbulenten Weltmarkt." Er rechnet mit einem Einbruch des Weltmarkts für Windenergie bereits in diesem Jahr von zehn Prozent.
Das sei vor allem auf schlechte Aussichten im US-Markt zurückzuführen, aber auch auf eine zunehmende Abschottung des chinesischen Marktes für ausländische Hersteller. In den USA erwarten die deutschen Hersteller einen Absatzeinbruch um weit über die Hälfte im Vergleich zum Vorjahr, für China rechnet der Verband 2013 mit einer Neuinstallation auf Vorjahresniveau (14.000 Megawatt). Hohe Überkapazitäten bei Herstellern weltweit dürfte eine Abwärtsspirale bei den Preisen in Gang setzen, befürchtet Herdan.
Windenergiebranche befürchtet Vertrauenskrise
Mehr Sorgen noch als der Weltmarkt bereitet der Windenergiebranche derzeit aber nach eigenem Bekunden die deutsche Politik der schwarz-gelben Bundesregierung aus CDU/CSU und FDP. Zwar seien nach Jahren der Förderung der erneuerbaren Energien keine Fundamentalgegner des Ökostrom-Ausbaus mehr an politischen Machthebeln, hob Herdan am Mittwoch (30.01.2013) in Berlin hervor. Die zwei Tage zuvor vom deutschen Umweltminister Peter Altmaier (CDU) vorgelegten Ideen zur Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) hätten aber dennoch das Zeug dazu, das Investitionsklima für große wie kleine Windpark-Projekte zu vergiften. Altmaier setzt dabei darauf, die an den Strompreis privater Verbraucher gekoppelte Ökostrom-Förderung zu drosseln, um die zuletzt um dreizehn Prozent gestiegenen Stromkosten in Deutschland für die Verbraucher wieder zu senken.
Über die sogenannte EEG-Umlage erhalten Besitzer grüner Stromkraftwerke staatlich garantierte Einspeisvergütungen, die vom Stromverbraucher über einen zuletzt rapide gestiegenen Zuschlag zum Haushaltsstrompreis bezahlt werden müssen. Altmaier will bereits gewährte Förderzusagen nachträglich kürzen, insgesamt die Förderung zurückschrauben. Ein Frontalangriff auf die Branche, aber auch auf kleine wie große Investoren, sagt Thorsten Herdan: "Einen Vertrauensschutz zu durchbrechen wird voll und ganz die Sicherheit von Investoren zerstören, auf irgendeiner gesetzlichen Basis zu investieren." Setze sich der Umweltminister mit seinen Plänen für Deutschland durch, könnte 2013 in den Augen der Branchenvertreter selbst im heimischen Wachstumsmarkt schwierig werden.