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Willkommen in Friedland! Und danach?

12. August 2015

Endlich in Sicherheit und willkommen zu sein - kaum an einem anderen Ort in Deutschland wird Flüchtlingen dieses Gefühl so gut vermittelt wie in Friedland. Aber was passiert danach?

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Zwei Dinge sind im ersten Halbjahr 2015 in Deutschland doppelt so hoch wie im gesamten Jahr 2014: Die Anzahl der Asylanträge und die fremdenfeindlichen Übergriffe auf Flüchtlinge. Für das Jahr 2015 werden insgesamt 800.000 neue Asylanträge in Deutschland erwartet. Auch das Lager Friedland platzt im Spätsommer 2015 aus allen Nähten. Flüchtlinge werden in Zelten und Containern untergebracht, manche müssen auf den Gängen der Bürogebäude übernachten. Das Lager, das auf 700 Flüchtlinge ausgerichtet ist, beherbergt an manchen Tagen 3000 Menschen. "Wir sind an der Grenze dessen, wo eine verantwortungsvolle Betreuung der Flüchtlinge noch möglich ist", sagt Leiter Heinrich Hörnschemeyer.

Fast überall in Deutschland finden sich Leute, die Asylsuchende mit vielfältigen und oft kreativen Angeboten unterstützen. Gleichzeitig positionieren sich immer mehr Menschen gegen die Unterbringung von Flüchtlingen in ihren Gemeinden.

Ein langer Weg mit unsicherer Zukunft

Oft vergessen wird von den Asylgegnern, wie viele Deutsche – womöglich sogar die eigenen Eltern oder Großeltern – selbst einmal vor Krieg und Vertreibung geflohen sind und in einem Flüchtlingsheim wie Friedland Zuflucht gefunden haben. Die meisten Asylsuchenden in Deutschland stammen derzeit aus Syrien. Daneben gehören viele Länder des Balkans, Afghanistan, Irak, Eritrea, Nigeria und Pakistan zu den häufigsten Herkunftsgebieten der Flüchtlinge.

Aber was passiert eigentlich nach ihrer Ankunft in Deutschland? Am Ende ihrer Reise sind sie noch nicht. Im Normalfall liegt ein langer Weg quer durchs Land vor ihnen. Je nachdem wo die Einreise stattfindet, werden sie vorübergehend im nächstgelegenen Erstaufnahmelager untergebracht. Auch das Lager Friedland ist eine solche Einrichtung. Auf Grundlage des sogenannten Königsteiner Schlüssels muss jedes Bundesland, abhängig von Einwohnerzahl und Steuereinnahmen, eine bestimmte Anzahl Asylsuchender aufnehmen. Deshalb werden die Flüchtlinge wenige Wochen nach der Erstaufnahme meist auf Sammelunterkünfte in der gesamten Bundesrepublik verteilt. Hier verbringen sie weitere drei Monate, bevor ihnen schließlich eine endgültige Unterkunft in den Landkreisen und Städten des jeweiligen Bundeslandes zugewiesen wird. Ob sie in Wohnungen oder Flüchtlingsheimen leben werden, regelt jedes Bundesland selbst. Ungewiss bleibt aber weiterhin, ob sie überhaupt in Deutschland bleiben dürfen: Die durchschnittliche Bearbeitungszeit eines Asylantrages beträgt momentan sieben Monate.

Willkommen in Deutschland?

Für viele Flüchtlinge, die meist durch Krieg und Vertreibung ohnehin schon traumatisiert sind, stellen vor allem die Dauer des Asylverfahrens, aber auch die wiederholten Umzüge eine starke psychische Belastung dar. Hinzu kommt, dass sie in vielen Orten Deutschlands alles andere als willkommen geheißen werden. Meldungen über Protestkundgebungen, Brandanschläge auf Asylbewerberheime und gewalttätige Übergriffe auf Flüchtlinge beherrschen die Nachrichten. Nach Angaben des Innenministeriums wurden allein im ersten Halbjahr 2015 mehr Angriffe auf Flüchtlinge registriert als im gesamten Vorjahr. 173 der insgesamt 202 registrierten Attacken waren eindeutig rechtsextrem motiviert. Auch fremdenfeindliche Bewegungen, wie Pegida in Dresden mit ihren Nachahmern in der gesamten Republik, machen Stimmung gegen Flüchtlinge und auch gegen Muslime, die schon lange in Deutschland leben. Bedenklich ist an der Entwicklung vor allem, dass der Übergang zwischen Rechtsextremen und bürgerlich-konservativen Asylgegnern immer fließender wird.

Sinnvolle Unterbringung

Die Rufe werden lauter, dass sich an der Asylgesetzgebung, aber auch an dem Klima, in dem politische Diskussionen über Flüchtlinge geführt werden, etwas ändern muss - und dass auch bei der Verteilung der Flüchtlinge umgedacht werden muss. Steueraufkommen und Einwohnerzahl geben noch keinen Aufschluss darüber, ob eine Unterbringung von Flüchtlingen in der jeweiligen Gemeinde wirklich sinnvoll ist. Sind Gesundheitsversorgung und Betreuung ausreichend gewährleistet? Werden Sprachkurse angeboten und können sich die Flüchtlinge mit ihren Fähigkeiten einbringen? Abgelegene Flüchtlingsheime, in denen Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen und Bedürfnissen auf engstem Raum zusammenleben, bieten Konfliktpotential und stehen deshalb schon lange in der Kritik. Sinnvoller scheint es, Asylsuchende in Wohnungen und damit in der Mitte der Gesellschaft unterzubringen. Ethisch betrachtet, gibt es für Deutschland gar keine andere Möglichkeit, als sich für eine menschenwürdige Asylpolitik einzusetzen. In der Praxis müsste dafür einerseits mehr in Integrationsangebote und andererseits mehr in Aufklärungsarbeit investiert werden. Ängste und fremdenfeindliche Ressentiments abzubauen und sich aufrichtig um die Aufklärung der Ursachen dieser Tendenzen zu bemühen, sollte oberstes Ziel sein. Insofern kann die Arbeit der Menschen, die sich an Orten wie Friedland für Flüchtlinge und gegen Fremdenhass einsetzen, gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.