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Zurückhaltung als Gebot

Bernd Riegert26. November 2006

Im kommenden Jahr wird er im Rampenlicht stehen: Wilhelm Schönfelder, ständiger Vertreter der Bundesrepublik bei der EU wird bis Juli 2007 die deutsche Ratspräsidentschaft meistern müssen.

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Wilhelm Schönfelder
Wilhelm SchönfelderBild: picture-alliance/ dpa

Er ist, so sagt es der deutsche Außenminister, der wichtigste Botschafter Deutschlands: Wilhelm Schönfelder ist "Ständiger Vertreter" Deutschlands bei der Europäischen Union in Brüssel, wo ein großer Teil der deutschen Gesetze vorbestimmt wird. Schönfelder ist seit 35 Jahren Diplomat und machte in unterschiedlichen Funktionen bereits vier EU-Ratspräsidentschaften Deutschlands mit. Nun soll er die fünfte meistern. Obwohl er schon in den Ruhestand könnte, macht er weiter. Die Bundeskanzlerin hat ihn gebeten, da kann er nicht nein sagen.

"An mich persönlich gibt es, glaube ich, keine große Erwartungen - obwohl ich sicher hier einer der Erfahrensten bin - einfach, weil ich am längsten hier bin", sagt Schönfelder. Er ist der dienstälteste Botschafter in Brüssel und vertritt Deutschland, das größte Mitgliedsland der EU, den größten Nettozahler. Er hat Gewicht.

Zurückhaltung als Gebot

Dennoch dürfe man die Präsidentschaft nicht dazu nutzen, deutsche Interessen durchzudrücken, sagt er: "Ich glaube, man muss erstens viel Geduld haben, zweitens eine ziemlich robuste Gesundheit haben und drittens darf man niemals vergessen, dass dies eine Präsidentschaft der EU ist, nicht eine deutsche Präsidentschaft, das heißt also die Präsidentschaft der EU ist neutral."

Seit drei Jahren bereiten sich Wilhelm Schönfelder und seine 190 Mitarbeiter auf die Präsidentschaft vor. In Washington, Kabul und Paris hat der promovierte Volkswirt gearbeitet. Warum ist er Diplomat geworden? "Das ist eine ganz schwierige Frage, die Frage nach dem Sinn meines Lebens letztlich", sagt er und lacht. "Ich muss ganz ehrlich sagen, damals als ich noch ein junger Mann war - und da hatte man ja noch Auswahl, was man werden konnte - war es der Duft der weiten Welt, der mich gelockt hat."

Mozart als Ausgleich

Glitzer und Glamour des diplomatischen Parketts erwiesen sich schnell als süßer Traum. Zwölf Stunden mindestens wühlt sich Wilhelm Schönfelder heute durch Akten und Tagesordnungen. "Ein typischer Tagesablauf hat ganz wenig mit Stehempfängen, Häppchen und Sektgläschen zu tun", erklärt er. "Ganz, ganz häufig sind das Sitzungen in großen Sälen, wo man nicht das Tageslicht sieht." Das seien häufig intensive Vorbereitungssitzungen mit den Kollegen in der Ständigen Vertretung. "Wir sind sehr stark belastet mit Arbeit. Für große Empfänge gibt es da keine Zeit mehr."

Am liebsten spielt Wilhelm Schönfelder Mozart zur Entspannung nach langen Sitzungen mit seinen Botschafter-Kollegen. "Ich habe vor einigen Jahren angefangen, Klavierunterricht zu nehmen. Ich könnte Ihnen also schon ein zwei, drei Stunden Programm vorspielen. Ich will es Ihnen aber nicht zumuten", sagt er. Mit kokettem Lächeln untertreibt der Vollblut-Diplomat. Er spiele nicht gut, aber gerne.

Nach der deutschen Ratspräsidentschaft will Wilhelm Schönfelder, verheirateter Vater zweier Kinder, mehr Klavier und Schach spielen, sich seiner neuen Drechselmaschine widmen und vor allem reisen. "Sobald mal ich hieraus bin, werde ich nach Feuerland fahren und mir von dort aus die nächsten Präsidentschaften in aller Ruhe anschauen - vielleicht über die Deutsche Welle."