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Neue Große Depression?

Jens Korte15. Juli 2008

In einer Blitzaktion hat das Finanzministeriums einen Hilfsplan für die angeschlagenen Hypothekenbanken Freddie Mac und Fannie Mae geschnürt. Rettender Eingriff oder Beruhigungsmittel? Die Wall Street bleibt unruhig.

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Taumelnder Riese: Freddie Mae-Zentrale in Virginia (Quelle: dpa)
Taumelnder Riese: Freddie Mac-Zentrale in VirginiaBild: picture-alliance/ dpa

Bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr steht das amerikanische Finanzsystem am Abgrund. Am 16. März 2008, einem Sonntag, hatte die Großbank JP Morgan Chase unter Beihilfe der US-Notenbank die kollabierte Investmentbank Bear Stearns aufgekauft und damit einen Absturz der Aktienmärkte verhindert. Jetzt steht die Wall Street erneut auf der Kippe. Das Wort vom "Run auf die Banken" macht die Runde – damit sind Kunden, gemeint, die die Finanzinstitute bestürmen und ihre Einlagen abziehen.

Krücken für taumelnde Hypothekenbanken

Gerettet vor dem Bankrott: US-Investementbank Bear Sterns (dpa)
Gerettet vor dem Bankrott: US-Investementbank Bear SternsBild: picture-alliance/ dpa

Diese Parallelen zur Großen Depression vor knapp 80 Jahren wirken überzogen. Doch die Angst an der Wall Street ist spürbar. Und selbst der US-Finanzminister und der Notenbankchef wirken panisch. Beide schnürten am Wochenende (12./13.7.2008) einen Notfallplan zusammen - nur wenige Tage nachdem Finanzminister Henry Paulson offiziell versichert hatte, dass die Kapitaldecke der Hypothekenfinanzierer Freddie Mac und Fannie Mae gesichert sei. Nach dem Hilfsplan erhalten die beiden halbstaatlichen Institute, wie die Investmentbanken nach dem Kollaps von Bear Stearns, einmal Zugang zu einer speziellen Kreditlinie. Zum anderen soll der Kongress in den folgenden Tagen Grünes Licht dafür geben, dass die US-Regierung bei Bedarf unbegrenzte Anteile an Fannie Mae und Freddie Mac aufkaufen darf.

Staatshilfe: richtiger Schritt oder Panikreflex?

Laut Sean Egan, Partner bei der unabhängigen Ratingentur Eagen Jones, sei das grundsätzlich ein Schritt in die richtige Richtung. Aber dass der Finanzminister überhaupt einspringen müsse, zeige "wie groß die Probleme der amerikanischen Konjunktur in den letzten zwei Jahren geworden sind." Martin Mayer, Notenbank-Experte beim unabhängigen Forschungsinstitut Brookings in Washington und Autor mehrerer Bücher über die US-Notenbank, hält die Maßnahme dagegen für verfehlt. "Ich weiß nicht genau, was die ganze Aktion soll." Die sei eine Reflex-Handlung, die eine Menge Panik zeige. Es hätte gereicht, die Kreditlinie von 2,5 Milliarden Dollar etwas auszudehnen, die "Fannie und Freddie" jeweils bei der Finanzbehörde hätten.

5.000.000.000.000 Dollar Hypotheken-Garantien gefährdet?

Freddie Mac und Fannie Mae besitzen oder garantieren rund die Hälfte aller Hypotheken in den USA. Die haben einen Umfang von etwa fünf Billion Dollar – doppelt so viel wie das Bruttoinlandsprodukt Deutschlands. Doch wie konnte es so weit kommen? Beide Institute haben Banken Hypotheken abgekauft, dann Wertpapiere aus diesen Hypotheken geschnürt und an Investoren, darunter auch deutsche Landesbanken, verkauft. Mit dem Zusammenbruch des US-Immobilienmarkts haben die Papiere massiv an Wert verloren.

Hiobsbotschaften ohne Ende

Mit IndyMac musste am Freitag zuvor der zweitgrößte unabhängige Hypothekenfinanzierer Konkurs anmelden. Es ist die drittgrößte Bankenpleite in der Geschichte der USA. Und es wird befürchtet, dass weitere Folgen. Die Rede ist von bis zu 300 Instituten, die wackeln. Jedes Gerücht an der Wall Street über eine mögliche Zahlungsunfähigkeit, wird prompt mit massiven Abschlägen quittiert. Die Kurse von Washington Mutual, quasi die größte Sparkasse der USA, brachen zum Wochenstart zeitweise um 30 Prozent ein.

24.10.1929: Der Schwarze Freitag an der New Yorker Börse (Quelle: AP)
In böser Erinnerung: der Schwarze Freitag an der Wall Street (24.10.1929)Bild: AP

Nur wenige Meter neben der New Yorker Börse steht das Museum of Finance. Eine ältere Dame verfolgte in dieser Woche auf den Schautafeln die Ereignisse. Ganz so schlimm wie zu Zeiten der Großen Depression wird es wohl nicht, hofft sie. "Aber wir sind auf dem besten Weg." Um ihr Bargeld sorgt sie sich nicht, aber um ihre Investitionen am Aktienmarkt. "Da geht es zur Zeit rasend schnell bergab." Es sind schwere Zeite an der Wall Street. Und bisher ist es dem Finanzminister und Notenbankchef nicht gelungen, dem Markt und Investoren das Gefühl zu geben, dass sie Herr der Lage sind.

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