Wieder Proteste in vielen iranischen Städten
15. Oktober 2022Laut 1500tasvir riefen junge Frauen an einer Hochschule in Teheran "Freiheit, Freiheit, Freiheit", während sie ihre Kopftücher in der Luft schwenkten. Der Onlinekanal, der Proteste und Polizeiübergriffe dokumentiert, berichtete zudem von streikenden Ladenbesitzern in der Provinz Kurdistan und in Westaserbaidschan.
Schülerinnen stimmen regierungsfeindliche Slogans an
Nach Angaben der in Norwegen ansässigen Menschenrechtsorganisation Hengaw begannen Schülerinnen im Dorf Ney in der Provinz Mariwan ihre Proteste, indem sie "Feuer legten und regierungsfeindliche Slogans anstimmten". Wie der Online-Monitor NetBlocks berichtet, wurden Demonstranten in auf Twitter geteilten Videos auf den Straßen der nordwestlichen Stadt Ardabil gesehen. Online verbreitetes Filmmaterial zeigte zudem demonstrierende Studenten an Universitäten in Teheran, Isfahan und Kermanschah.
Die Menschen im Iran hätten das Recht, "friedlich zu protestieren und die Grundrechte zu verteidigen", schrieb der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell nach einem Telefongespräch mit dem iranischen Außenminister Hossein Amir-Abdollahian im Kurzbotschaftendienst Twitter. Dieser hatte am Freitag den Europäern empfohlen, "das Thema mit einem realistischen Ansatz zu betrachten".
Wegen des gewaltsamen Vorgehens gegen Demonstranten im Iran hatten sich die EU-Länder am Mittwoch auf neue Sanktionen gegen Teheran geeinigt. Laut Diplomatenkreisen sollen die EU-Außenminister die Strafmaßnahmen am Montag bei einem Treffen in Luxemburg offiziell beschließen.
Irans Präsident Raisi will Gesetze überprüfen
Irans Präsident Ebrahim Raisi sieht es als notwendig an, einige der im Land geltenden Gesetze zu überprüfen. "Bei der Überprüfung der kulturellen Strukturen ist es unbedingt erforderlich, die Gesetze zu überprüfen, zu überarbeiten, zu aktualisieren und gegebenenfalls auch zu revidieren", sagte Raisi. "Wir sollten auch sehen, ob wir die gesetzten Ziele erreicht haben und wenn nicht, wo die Probleme liegen", sagte er laut Nachrichtenagentur IRNA.
So sollten laut Raisi auch der Status und die Möglichkeiten von Frauen mehr in den Fokus rücken. Welche Gesetze er konkret meinte und ob seine Forderung etwa den Kopftuchzwang betrifft, sagte Raisi nicht.
Die Proteste im Iran waren durch den Tod der jungen Kurdin Jina Mahsa Amini ausgelöst worden. Die 22-Jährige war am 16. September in Teheran gestorben, nachdem sie dort drei Tage zuvor von der Sittenpolizei wegen des Vorwurfs festgenommen wurde, ihr Kopftuch nicht den Vorschriften entsprechend getragen zu haben.
nob/uh (dpa, afp)