Wie Übersetzungen Sprach-Brücken bauen
30. September 2023Übersetzung ist in unserem Alltag so allgegenwärtig, dass man sie fast gar nicht mehr bemerkt. Dabei begegnet sie uns überall: In einer Gebrauchsanweisung etwa - denn wie sollte man sonst ohne Schwedischkenntnisse ein IKEA-Regal aufbauen? Wie soll ein neu verpflichteter Fußballspieler aus Japan auf Anhieb kapieren, was sein deutscher Trainer von ihm will? Und ein griechisches Originalrezept bleibt für alle Nichtgriechen, nun ja, griechisch.
Von den Schildern an Flughäfen bis hin zu schlauen Apps und Dolmetscher-Programmen - Übersetzungen helfen nicht nur, sich an fremden Orten zu orientieren, sondern ermöglichen auch die Kommunikation mit Menschen, die eine andere Sprache sprechen - etwa mit Kolleginnen und Kollegen an multikulturellen Arbeitsplätzen, die heute fast selbstverständlich sind.
Übersetzer und Übersetztes begleiten uns also in allen Lebenslagen - in der Politik und Diplomatie genauso wie bei Gerichtsverhandlungen und nicht zuletzt im kulturellen Leben.
Ein heiliger Übersetzer
Im Jahr 2017 erklärten die Vereinten Nationen den 30. September zum Internationalen Tag der Übersetzung. Nicht ganz zufällig: Es ist auch der Gedenktag des Heiligen Hieronymus, eines bedeutenden Theologen und Schriftgelehrten im 4. und 5. Jahrhundert n.Chr.
Sein wohl bekanntestes Werk, die "Vulgata", ist eine Übersetzung der griechischen Handschriften des Neuen Testaments ins Lateinische. Zudem übertrug er Teile des hebräischen Evangeliums ins Griechische. Hieronymus hatte in der Schule Lateinunterricht und lernte später auf seinen Reisen fließend Griechisch und Hebräisch. Er starb am 30. September 420 in der Nähe von Bethlehem. Er gilt als Schutzpatron der Übersetzer.
Die Welt wäre dümmer und ärmer ohne Übersetzung
Nicht ganz so alt wie die lateinische Bibelübersetzung ist die Kampagne "Discover Translation" (Entdecke die Übersetzung). Diese hatte die Europäische Kommission im Jahr 2020 ins Leben gerufen, um Menschen für den Beruf des Übersetzers zu gewinnen.
Ohne Übersetzung wäre die Welt sowohl in wirtschaftlicher als auch in kultureller Hinsicht langweiliger, ärmer und ungleicher, da nur die wenigen Glücklichen mit Fremdsprachenkenntnissen Zugang zu Waren, Informationen und Kultur aus anderen Ländern hätten, so die Kommission.
Neruda und die Eiskönigin
Übersetzungen bringen uns in den Genuss von Büchern, Liedern, Filmen, Serien und Computerspielen, die ihren Ursprung in einer fremden Sprache haben. Dies kann auch ein interkulturelles Bewusstsein fördern.
Wie sonst könnten wir die Gedichte des chilenischen Schriftstellers Pablo Neruda verstehen - oder die dänischen Märchen Hans Christian Andersens? Wie könnten wir Wissen und Weisheit aus Büchern wie der christlichen Bibel, dem islamischen Koran, dem jüdischen Talmud oder auch dem bedeutendsten Werk des Hinduismus, der Bhagavad Gita, erlangen?
Das deutsche Weihnachtslied "Stille Nacht" wurde 2011 von der UNESCO zum immateriellen Kulturerbe erklärt und ist angeblich das am häufigsten übersetzte Weihnachtslied überhaupt.
Inzwischen ist das Lied "Let It Go" aus dem Disney-Film "Frozen" (Die Eiskönigin, 2013) in mehr als 40 Sprachen übersetzt worden, darunter auch malaysisch und mandarin. Auf Youtube hat Disney ein Video hochgeladen, in dem 25 Sängerinnen diesen Song in ihrer Sprache interpretieren.
Nintendo und Netflix
In der Welt der Spiele haben "Super Mario" und "Donkey Kong" des japanischen Unternehmens Nintendo durch deren Übersetzungen weltweite Verbreitung gefunden. Auch kuriose Übersetzungsfehler sind über die Jahre aufgetaucht: So wurde das englische Wort "miss" - wenn man einen Gegner verfehlt oder etwas verpasst - aus Versehen zum deutschen "Fräulein", was auf Englisch auch "Miss" heißt.
Während der Corona-Lockdowns hatten die Menschen, die zu Hause festsaßen, plötzlich viel Zeit und wandten sich den Streaming-Diensten zu. Sie erhielten Zugang zu fremdsprachigen Serien und Filmen mit Untertiteln aus der ganzen Welt, von Island bis Indien.
Die südkoreanische Serie "Squid Game" hat sich bei ihrer Veröffentlichung im September 2021 in 22 Ländern auf Platz 1 der Netflix-Charts geschoben. Mit unglaublichen 1,65 Milliarden Sehstunden in 28 Tagen nach der Premiere ist sie nach wie vor die meistgesehene Serie des Streaming-Giganten, gefolgt von der englischsprachigen US-Serie "Stranger Things".
Vom Sprachführer zum Bot
Die Übersetzungsmethoden haben sich im Laufe der Jahrhunderte natürlich enorm weiterentwickelt. Die Gelehrten in der Antike übertrugen die Texte mühsam aus der Ausgangssprache in die Zielsprache. Bis zum Computerzeitalter arbeiteten wir mit Sprachführern und Audiokassetten, um eine andere Sprache zu erlernen. Und heute haben wir den Google-Translator oder DeepL.
Letztere helfen uns vor allem bei der Übersetzung historischer, akademischer oder anderer wissenschaftlicher Arbeiten. Doch die wahre Kunst der Übersetzung bedeutet: Interpretation und ein Bewusstsein für das Zielpublikum. Nur wird das Original mit viel Einfühlungsvermögen an den kulturellen Kontext der Sprache angepasst, in die es übersetzt wird.