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Trotz Finanzkrise

Manfred Böhm3. Februar 2009

Seit den frühen 1980er-Jahren gab es in der Beteiligungspolitik des Bundes nur eine Marschrichtung: Privatisierung. Seitdem zieht sich der Staat kontinuierlich und systematisch aus unternehmerischem Handeln zurück.

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Die Kurve des Deutschen Aktienindex DAX (Quelle: AP)
Bild: AP

Ende 2008 war der Staat Bundesrepublik Deutschland nach Angaben des Bundesfinanzministeriums an 108 Unternehmen beteiligt. Im Jahr 1982 dagegen, als CDU/CSU und FDP die wirtschaftspolitisch uneinige rot-gelbe Koalition unter SPD-Kanzler Helmut Schmidt ablösten, waren es noch rund 500 Unternehmen. Der CDU-Politiker Heiner Geißler sagte damals im Deutschen Bundestag: "Es geht darum, Deutschland aus der schwersten Wirtschafts- und Sozialkrise der Nachkriegszeit herauszuführen." Die Worte klingen ähnlich wie heute, doch die Zeiten haben sich geändert. Geißler ist heute einer der schärfsten Wirtschaftskritiker in den Reihen der CDU.

1982 wurde Helmut Kohl zum Bundeskanzler gewählt. Ein Kernpunkt seiner ersten Regierungserklärung war die "Entstaatlichung der Industrie". In Großbritannien hatte Margaret Thatcher das neokonservative Muster dazu bereits vorgegeben. Namhafte Großunternehmen wie Volkswagen und die Lufthansa standen auf einer Liste von 13 Unternehmen, von denen der Bund Anteile abgeben wollte.

Mehr Licht als Schatten?

Flugzeuge der Lufthansa (Foto: AP)
Bild: AP

Die Lufthansa gilt als Beispiel für eine gelungene Privatisierung. 1997 hatte der Staat seine letzten Anteile an der Fluggesellschaft verkauft. Durch den Druck der Privatisierung musste die Airline frühzeitig gegen Wettbewerber antreten und wurde rasch auf Profitabilität und Flexibilität getrimmt, so dass sie heute zu den am besten aufgestellten Unternehmen der Branche zählt.

Auch mit anderen ehemaligen Staatsunternehmen haben Investoren meist gute Erfahrungen gemacht. Der VW-Konzern, der Energieriese E.ON (hervorgegangen aus VIAG und VEBA), die Deutsche Post, Deutsche Postbank oder der Frankfurter Flughafenbetreiber FRAPORT sind heute an in- und ausländischen Börsen notiert und behaupten sich erfolgreich auf den Weltmärkten.

Logo der Deutschen Telekom

Weniger positiv fällt hingegen das Urteil über die Deutsche Telekom aus. Bekanntestes Indiz dafür ist die Berg- und Talfahrt der als Volksaktie im November 1996 an den Start gegangenen T-Aktie. Nach Ansicht von Experten liegen die Probleme der Telekom allerdings weniger in der Vergangenheit als Staatsbehörde. Denn seit der Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes macht dem Konzern starke Konkurrenz das Leben schwer. Der Staat ist mit einem Anteil von 31,7 Prozent der Aktien immer noch größter Aktionär, will aber - wie es offiziell heißt - auch zukünftig seinen Anteil "in Übereinstimmung mit den Erfordernissen des Kapitalmarktes" sukzessive weiter zurückführen beziehungsweise vollständig veräußern.

Die Telekom gehört derzeit zu den 30 deutschen Unternehmen, an denen der Bund laut Finanzministerium noch zu mindestens 25 Prozent beteiligt ist.

Eine Aktiengesellschaft mit einem Aktionär

Eine rote Ampel und ein Logo der Deutschen Bahn (Foto: AP)
Bild: AP

Auch der Deutschen Bahn hat die Politik schon seit längerem die Weichen in Richtung Privatisierung gestellt. 1994 wurde aus den beiden Staatsbahnen "Deutsche Bundesbahn" und "Deutsche Reichsbahn" eine gemeinsame Aktiengesellschaft.

Mit Bahn-Aktien gehandelt wird aber trotzdem nicht. Der ursprünglich für Oktober 2008 geplante Börsengang des nach eigenen Worten "weltweit zweitgrößten Transportunternehmens nach der Deutschen Post AG" wurde aus Sorge vor zu geringen Erlösen im Zuge der Finanzmarktkrise auf unbestimmte Zeit verschoben. Da der Bund alle Anteile hält, handelt es sich somit um ein privatrechtlich organisiertes Staatsunternehmen.

Verstaatlichung unerwünscht

"Besondere Anlässe erfordern ungewöhnliches Handeln", sagte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück mit Blick auf das umfangreichste Konjunkturpaket in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Bis zum 20. Februar soll es in Bundestag und Bundesrat endgültig verabschiedet sein.

Politik und Wirtschaft sind sich weitgehend einig: Die Finanzmarktkrise macht staatliches Handeln notwendig, das den Märkten Regeln gibt und Grenzen setzt. Das Verhältnis Markt und Staat verändert sich.

Von einer Umkehr in Richtung Verstaatlichung - wie sie vom Bundesfinanzminister für in Not geratene Banken beabsichtigt wird, wollen die meisten allerdings wenig wissen. Otto Fricke von der oppositionellen FDP fragt zum Beispiel, ob das wirklich noch die soziale Marktwirtschaft sei, die in der Verfassung steht oder ob das schon "aus lauter Panik der Versuch ist, in eine Staatsform zu gehen, die nicht dem entspricht, was wir eigentlich in Deutschland haben wollen". Manfred Weber, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Banken, spricht von einem "schmalen Grat, auf dem die Politik hier wandelt". Deutschland stehe nach wie vor auf dem Boden einer marktwirtschaftlichen Wirtschaftsordnung. Eine Verstaatlichung könne nur das allerletzte Mittel sein.