Was kostet der Regenwald?
27. Februar 2009Der Yasuní-Nationalpark im Osten Ecuadors ist ein tropisches Naturparadies. Auf nur einem Hektar Regenwald wachsen 220 Baumarten - das sind mehr als in Kanada und den USA zusammen. Außerdem leben auf dem Gebiet des Nationalparks, der die Größe der Insel Zypern hat, mehrere indigene Völker, deren Kultur und Lebensweise eng mit dem Regenwald verbunden ist. Seit 1989 ist der Yasuní-Nationalpark UNESCO Biosphärenreservat.
Doch das grüne Idyll ist bedroht, denn unter dem Nationalpark lagern mindestens 400 Millionen Barrel Öl; einige Schätzungen gehen sogar von mehr als der doppelten Menge aus. Damit könnte man den Energiehunger der Welt zwar nur wenige Tage stillen, doch die Förderung des Öls würde über einen Zeitraum von 13 Jahren etwa 700 Millionen US-Dollar jährlich einbringen. Die Folgen der Förderung wären für das Ökosystem im Nationalpark katastrophal.
Geld verdienen mit Umweltschutz
Um dieses ökologische Desaster zu verhindern, hat der ecuadorianische Präsident, Rafael Correa, vorgeschlagen, den Urwald unangetastet zu lassen, wenn sein Land dafür über den Zeitraum von 13 Jahren jährlich 350 Millionen US-Dollar Entschädigung bekäme. Diese Summe sollen laut Correa die großen CO2-produzierenden Industriestaaten zahlen. Correa argumentiert, die Industriestaaten profitierten vom Schutz des Regenwaldes, da er den Großteil des Kohlendioxids aus der Atmosphäre aufnehme.
Diese Argumentation erscheint Ländern wie Norwegen, Spanien und Deutschland schlüssig. Sie haben schon Interesse an der Idee Correas bekundet. Unklar ist jedoch, in welcher Form die Zahlungen an die ecuadorianische Regierung fließen sollen. Diese schlug vor, die Kompensationszahlungen in Form von Schuldenerlassen, zum Beispiel bei der Weltbank oder dem internationalen Währungsfonds, zu kassieren.
Bisher ist jedoch noch kein Geld an Ecuador geflossen, auch weil gesetzliche Regelungen für die Kompensationszahlungen fehlen. Entwicklungsländer seien bisher von freiwilligen Zahlungen abhängig, sagt Roberto Maldonado, Tropenwaldreferent des Worldwide Fund For Nature (WWF): "Es gibt Städte, Unternehmen und Länder, die sich freiwillig verpflichtet haben, eine gewisse Summe für den Regenwaldschutz zu zahlen. Diese Zahlungen sind aber an individuelle Vereinbarungen gekoppelt."
Experten fordern verbindliche Regelungen
Umweltschützer hoffen, dass bald verbindliche Regelungen für die Vergütung von Regenwaldflächen vereinbart werden. Sie setzen dabei auf eine Initiative mit dem Namen REDD, was für "Reduce Emissions from Deforestation and Degradation", die Reduktion von Emissionen aus Entwaldung und Schädigung von Wäldern, steht.
Die Grundidee von REDD basiert auf der Funktion der Wälder als Kohlendioxidspeicher. Wenn dem Kohlendioxid, das in den Wäldern gespeichert wird, ein wirtschaftlicher Wert beigemessen wird, kann der Erhalt von Wäldern in wirtschaftliche Entscheidungsprozesse einbezogen werden. Dafür muss allerdings noch erforscht werden, wieviel CO2 ein Hektar Regenwald im Jahr aus der Atmosphäre aufnimmt und ob dieser Wert für sämtliche Wälder der Welt gilt.
Der strittigste Punkt von REDD ist jedoch, wie der Erhalt der Wälder bezahlt werden soll. Eine mögliche Form der Finanzierung wäre zum Beispiel der Kauf von CO2-Zertifikaten. Das bedeutet, dass Industrienationen mit hohem Kohlendioxid-Ausstoß Zertifikate von Entwicklungsländern mit hohem Regenwaldanteil aufnehmen. Dadurch bekäme das Speicherpotential des Waldes einen wirtschaftlichen Wert.
WWF-Studie macht Wert des Amazonas deutlich
Im Auftrag des WWF haben Wissenschaftler den finanziellen Wert des Amazonas-Regenwaldes errechnet, wenn er verschont und nicht abgeholzt wird. Demnach entspricht ein Hektar Regenwald einem wirtschaftlichen Gegenwert von rund 380 Euro pro Jahr. In dieser Summe sind zum Beispiel die CO2-Speicherfunktion des Waldes, die Vermeidung von Erosion und der mögliche Gewinn durch Ökotourismus mit einberechnet. Würde man die gleiche Fläche Regenwald abholzen, anstatt ihn zu schützen, verdiene man nur etwa 100 Euro mehr - dafür sei der Schaden für die Umwelt katastrophal, so Maldonado.
"Die größte Bedrohung für den Amazonas-Regenwald ist die Viehweide. Auf circa 80 Prozent der entwaldeten Fläche Amazoniens stehen heute Rinder. Weitere Bedrohungen sind der Straßenbau, die Errichtung von Staudämmen und der Bergbau. Aber auch der Klimawandel führt zu Trockenheit im Amazonas und bedroht dadurch das Ökosystem", erklärt Maldonado.
Große Hoffnungen für die wirtschaftliche Wertschätzung des Regenwaldes setzt Maldonado in die Verhandlungen auf der Weltklimakonferenz Ende dieses Jahres in Kopenhagen: "Wir würden uns freuen, wenn wir ein völkerrechtlich verbindliches Regelwerk bekämen." Dadurch würden konkrete Regelungen geschaffen und Entwicklungsländer wären nicht mehr auf freiwillige Zahlungen angewiesen.