Wie kämpft der eSport gegen Doping?
6. Juli 20172015 gab es den Sündenfall: Kory "Semphis" Friesen erklärte in einem Interview, dass er und seine Mitspieler des Teams Cloud9 bei einem Turnier in Katowice gedopt hätten. Der amerikanische Counter-Strike-Profi hatte sich mit dem Arzneimittel Adderall versorgt. Das verschreibungspflichtige Medikament nehmen eigentlich ADHS-Patienten, also Menschen, die am sogenannten "Zappelphilipp-Syndrom" leiden. Die Arznei soll die Konzentration steigern, die Reflexe verbessern, und bietet sich damit als Dopingmittel im eSport an. Die Electronic Sports League (ESL) reagierte prompt auf "Semphis" Geständnis, und kündigte an, sie wolle als Veranstalter der weltweit wichtigsten Turniere in Zukunft Dopingkontrollen durchführen.
Man glaube zwar nicht, dass der eSport ein Dopingproblem habe, teilte die ESL mit, werde sich aber mit dem Thema konkret befassen. Da die ESL in Köln sitzt, hat sie 2015 auch Kontakt mit der deutschen Nationalen-Anti-Doping-Agentur (NADA) aufgenommen.
Zusammenarbeit mit NADA erst am Anfang
Die ESL erkennt die allgemeinen Doping-Richtlinien und Listen der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) an und verweist auf sie in ihrem Regelbuch. Darin steht auch, dass Athleten, die gedopt sind, unter Alkohol- oder Drogeneinfluss stehen, oder eine Dopingkontrolle verweigern, von Turnieren ausgeschlossen werden können. Kontrolleure von WADA oder NADA sieht man aber bei Turnieren der ESL bisher nicht.
"Wir unterstützen die ESL vor allem bei der Aufklärung und in der Dopingprävention. Zudem wird die NADA der ESL bei der Etablierung und Umsetzung der Anti-Doping-Regeln helfen" sagt NADA-Vorstand Lars Mortsiefer und stellt klar: "Die NADA macht also keine Kontrollen im eSport, das geht erst, wenn ein eigenes Regelwerk geschaffen wurde." Ein solches Regelwerk würde auf die speziellen Anforderungen des eSports zugeschnitten. Aus Sicht der Anti-Dopingexperten sollte dabei besonderes Augenmerk auf Mittel verwendet werden, die die Konzentrationsfähigkeit steigern.
Die ESL führt nach eigener Angabe Speicheltests durch. "Wir werden auch in Zukunft alles daran setzen, um die Integrität des eSports zu gewährleisten. Positive Befunde haben wir noch nicht verzeichnen können", erklärt Christopher Flato von der ESL. Die NADA informiert die eSportler bisher also nur bei Veranstaltungen der ESL über Gefahren des Dopings, das treffe auch durchaus auf großes Interesse, beobachtet Lars Mortsiefer.
Auch Teams sind für Kontrollen
"Wir sind das aus dem Fußball so gewohnt, da hat sich das in den vergangenen 20 bis 30 Jahren bezahlt gemacht und deswegen sehe ich das auch im eSport als sinnvoll an. Eine Dopingnachricht wäre absolut negativ, ein eigener Anti-Doping-Code würde die Glaubwürdigkeit des eSports stärken, daher würde es Sinn machen, dass Thema aufzugreifen und mehr Stichproben durchzuführen", erklärt Tim Reichert. Der Chef der eSports-Abteilung des Fußballbundesligisten Schalke 04 ist für Athleten in diversen Spielen zuständig. Neben "League of Legends" sind es vor allem Fußballsimulationen, wie "FIFA" und "Pro Evolution Soccer".
Jeder Spieler, den Schalke 04 unter Vertrag nehme, müsse sich vorab ärztlich untersuchen lassen, "wir haben bei jedem Spieler eine Leistungsdiagnostik gemacht, da wurden auch Bluttest gemacht, die gehen nicht so sehr ins Detail, wie bei unseren Profi-Fußballern, aber der Test ist schon sehr umfangreich." Dopingfälle und Drogenkonsum seien dabei nicht diagnostiziert worden, beides seien Kündigungsgründe, so Reichert. Auch müssten die Spieler dem Verein chronische Erkrankungen und die dauerhafte Einnahme von Medikamenten mitteilen. "Von einer solchen Erkrankung ist mir nichts bekannt, daher nimmt auch keiner unserer Spieler aus medizinischen Gründen Ritalin oder Adderall ein."
Ohne flächendeckende und unabhängige Doping-Kontrollen, wird aber vor allem die Gerüchteküche brodeln. Die hatte Kory Friesen angeheizt, durch sein Dopinggeständnis im Interview mit dem Journalisten Mohan Govindasamy. Zusätzlich gab er auf die Nachfrage des Reporters, ob denn alle Spitzenspieler in der ESL Adderall nehmen würden, eine kurz und bündige Antwort: "Ja"! Einen Beweis konnte Kory Friesen dafür aber nicht liefern.