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Wie gefährlich ist Lachgas als Partydroge?

Clare Roth
7. Juni 2024

Die USA und auch europäische Länder wollen den Verkauf und Konsum von Lachgas regulieren. Denn dort wird Distickstoffmonoxid immer häufiger als Partydroge genutzt. Das sollten sie über Lachgas wissen.

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Junge Frau inhaliert aus einem Luftballon mit Distickstoffmonoxid - Lachgas
Das Lachgas wird aus Gaskartuschen in einen Luftballon gefüllt und dann inhaliert.Bild: Yui Mok/empics/picture alliance

Ich war 17 Jahre alt, als ich zum ersten (und einzigen) Mal zum Spaß Lachgas – also Distickstoffmonoxid – genommen habe. Ich war mit einigen Freunden unterwegs, die mir Lachgas zeigten. Verkauft wurde es in einem Lebensmittelladen.

Als ängstlicher Teenager war ich misstrauisch, aber die Tatsache, dass man es legal im Supermarkt kaufen konnte, konnte meine Bedenken zerstreuen. Wenn es wirklich so schädlich wäre, dachte ich, würde es sicher nicht für jeden so einfach erhältlich sein.

Gesundheitsexperten zufolge ist dies ein häufiger Einstieg in die Partydroge. Kindern wird von Gleichaltrigen oft gesagt, dass Lachgas ihnen nicht schade. Sie glauben das vielleicht, weil es keine Warnhinweise etwa auf Sahnespendern gibt, in denen mit Lachgas gefüllte Kapseln stecken. Mit einem Spezialöffner können diese Kapseln geöffnet werden.

Das Gas wird von dort in einen Luftballon gefüllt und dann inhaliert. Man muss keinen Dealer finden und nicht einmal 21 Jahre alt sein, um an Lachgas zu kommen.

Viele Teenager wissen nicht, dass Lachgas gefährlich ist

In einem Bericht, der 2018 in der Fachzeitschrift Frontiers in Psychiatry veröffentlicht wurde hieß es, dass 92 Prozent der Teenager im Vereinigten Königreich, die von Lachgas gehört hatten, sich nicht über die Nebenwirkungen von  Lachgas bewusst waren. 

Nun wollen verschiedene Länder die Substanz regulieren. Das Vereinigte Königreich etwa hat 2023 ein Gesetz zum Verbot von Distickstoffmonoxid verabschiedet. In den Niederlanden wird Lachgas bereits als Droge eingestuft. Und im Mai 2024 hat Louisiana als erster US-Bundesstaat ein Gesetz unterzeichnet, das den Verkauf von Lachgas im Einzelhandel verbietet. Auch die deutschen Behörden erwägen ein Verbot.

Aber warum? Was macht Distickstoffmonoxid so gefährlich? Und wie kann es sich auf die Gesundheit auswirken?

Hand mit Lachgaspatronen
Die Zahl der Händler, die Lachgasbehälter verkaufen, ist seit 2017 gestiegenBild: Niall Carson/empics/picture alliance

Was ist Lachgas und warum ist es allgemein verfügbar?

Distickstoffmonoxid ist ein klares Gas. N2O ist die chemische Formel - eine Verbindung aus zwei Stickstoffatomen und einem Sauerstoffatom. In der Medizin wird es eingesetzt, um Patienten zu entspannen, etwa während einer Geburt oder wenn ihnen die Weisheitszähne entfernt werden. Lachgas kann eine gewisse Euphorie hervorrufen. Anwender beschreiben es häufig als eine Art Schwindelgefühl. Sie können sich benommen, taumelig oder desorientiert fühlen.

Die Wirkung des Gases ist von kurzer Dauer und hält zwischen 30 Sekunden und einer Minute an. Die Benutzer können es mehrmals in einer einzigen Sitzung inhalieren.

Aber Distickstoffmonoxid wird nicht nur in der Medizin verwendet, sondern auch bei der Herstellung von Schlagsahnebehältern. Lachgas ist also problemlos im Supermarkt erhältlich. Auch an Kiosken und in Tante-Emma-Läden in Europa und in Vape-Shops für E-Zigaretten in den USA werden sie verkauft.

Gesundheitsexperten beobachten seit 2017 einen Boom bei der Zahl der Verkäufer von Lachgas, so Devan Mair von der Studentenkampagne an der Queen Mary University of London. Sie trägt den Namen  "N2O: Know the Risks” – N20: Sei dir der Risiken bewusst". 

Kann Distickstoffmonoxid süchtig machen?

Gesundheitsexperten sind der Meinung, dass die meisten Konsumenten Lachgas nur selten einnehmen. Einige Untersuchungen haben aber ergeben, dass es eine Untergruppe von Personen gibt, die süchtig zu werden scheinen.

Doch die Beweislage ist dünn. In einer so genannten Metastudie untersuchten Forscher, ob Distickstoffmonoxid tatsächlich süchtig machen kann. Im Oktober 2023 war die Studie in der Fachzeitschrift  "Addiction" veröffentlicht worden.

Zwar seien die Forschungsergebnisse spärlich, aber nach Ansicht der Forschenden gebe es "konsistente Beweise" dafür, "dass bei Menschen mit starkem Konsum mindestens vier Kriterien von Drogenmissbrauch vorhanden sind." 

Die Autoren kamen zu dem Schluss, dass Lachgas "durchaus süchtig machen kann". Sie raten, dass es als "potenziell süchtig machende Substanz" behandelt werden sollte, bis weitere Untersuchungen vorliegen.

Wie verbreitet ist die Verwendung von Lachgas?

Der Konsum von Distickstoffmonoxid ist von Land zu Land unterschiedlich. Das Vereinigte Königreich meldet mit die höchsten Werte für den Konsum von Lachgas. Einem Bericht der britischen Regierung aus dem Jahr 2020 zufolge stand Lachgas auf der Liste der am häufigsten konsumierten Freizeitdrogen bei den 16- bis 24-Jährigen an zweiter Stelle.

Auch in anderen europäischen Ländern und in den USA wird die Substanz als Rauschmittel konsumiert. Berichten zufolge steigt die Zahl der Konsumenten. Eine 2018 durchgeführte Studie über den Konsum von Distickstoffmonoxid in China deutet darauf hin, dass Jugendliche die Gewohnheiten von Gleichaltrigen übernommen haben, die im Ausland studieren.

In Australien und Japan ist der Verkauf von Distickstoffmonoxid für den Konsum in der Freizeit verboten. Ob die Droge in Ländern wie Indien oder dem Nahen Osten oder in Sub-Sahara Afrika konsumiert wird, gibt es kaum Untersuchungen.


Postkarte aus dem Jahr 1830 - Zeichnung 3 Frauen und drei Männer - Einer Frau wird Lachgas eingeflößt
Diese Postkarte aus dem Jahr 1830 wirbt für Lachgas als Mittel gegen "schimpfende Ehefrauen" - nichts, was wir heute befürworten würden!Bild: akg-images/picture alliance

Welche Nebenwirkungen hat Lachgas?

Abgesehen von den oben beschriebenen kurzfristigen Wirkungen wurde die regelmäßige Verwendung von Lachgas mit neurologischen Komplikationen in Verbindung gebracht.

Bei starke Nutzung kann Lachgas die Wirkung von Vitamin B12 ausschalten. B12 helfe bei der Bildung von Myelin, so Mair gegenüber der DW. Myelin, oder die Myelinscheide, ist eine Schutzschicht auf den Nerven - einschließlich der Nerven im Gehirn und im Rückenmark.

Wenn sich kein Myelin bildet, können die Nerven eines Menschen geschädigt werden, was zu Taubheit, einem Gefühl von Nadelstichen in Händen und Füßen, Gleichgewichtsstörungen und allgemeiner Schwäche führt.

Laut Mair seien solche Fälle im Vereinigten Königreich häufig. "Im Royal London Hospital in East London gab es im Februar 2023 alle neun Tage einen Fall von Lachgas-bedingter Nervenschädigung."

Laut einem Bericht der britischen Regierung aus dem Jahr 2023 über Distickstoffmonoxid gibt es etliche Warnzeichen: Kribbeln und Taubheit in den Händen oder Füßen, Kribbeln der Haut und später "taumelnder, unkoordinierter Gang, Schwäche der unteren Gliedmaßen, Muskelversteifung oder Muskelanspannung, überaktive oder überreagierende Körperreflexe wie Zuckungen, Blasen- und Darmbeschwerden wie Inkontinenz und sexuelle Funktionsstörungen".

Die unerwünschten Wirkungen von Distickstoffmonoxid können rückgängig gemacht werden, allerdings nur, wenn sie schnell angegangen werden. Wenden Sie sich an einen Arzt, wenn Sie sich unsicher fühlen und weitere Informationen benötigen.

Der Text ist ursprünglich auf Englisch erschienen.