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Chronik einer Krise

Rolf Wenkel12. November 2008

Am kommenden Wochenende beraten die führenden Industrieländer, Russland und die wichtigsten Schwellenländer in Washington über Konsequenzen aus der Finanzkrise. Doch wie kam es überhaupt zum Crash? Eine Chronologie.

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Verkaufsschilder (Quelle: AP)
Juli 2007: Wegen der US-Immobilienkrise werden die Häuser verkauftBild: AP

Ende der 90er Jahre betrieben die USA eine Politik des billigen Geldes - nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 sogar verstärkt. Die Banken in den USA wussten nicht mehr, wohin mit dem Geld. So boten sie auch schlecht verdienenden Bürgern den Kauf einer Immobilie an. Finanzieren sollte sich die ganze Sache sozusagen selbst – durch die Wertsteigerung des Hauses. Tatsächlich haben sich die Immobilienpreise in den USA von Ende der neunziger Jahre bis Ende 2006 im Schnitt verdoppelt.

Phase 1: Gebündelte Kredite finden reißenden Absatz

Clevere Finanzierungsgesellschaften kamen damals auf die Idee, einzelne Hypothekenkredite zu Paketen zusammenzuschnüren. Diese Bündel wurden dann von Rating-Agenturen positiv bewertet und anschließend auf dem internationalen Kapitalmarkt verkauft. Diese gebündelten Kredite fanden reißenden Absatz, denn Banken, Versicherungen und Fonds standen unter dem ständigen Druck, ihr reichlich vorhandenes Geld gewinnbringend anzulegen. Das galt für die gesamte Geldbranche - zum Beispiel auch für die Landesbanken in Deutschland.

Schon im vergangenen Jahr warf Bundesfinanzminister Peer Steinbrück den deutschen Bankern vor, sie hätten gar nicht gewusst, was sie da kaufen: "Dabei gibt es in Ihrer Sprache, wenn ich das so ausdrücken darf, auf die Gefahr hin, dass ich in die Beete Ihrer Empfindlichkeiten trete, sehr euphemistische Begriffe, die darüber hinwegtäuschen, welche Risiken da eigentlich drin sind. Die nennen Sie dann 'Conduit' oder 'Investmentvehikel' oder 'strukturierte Produkte'. In Wirklichkeit ist es eine Wundertüte, wo Sie nicht wissen, wo die Risiken und der Knallfrosch drin ist. Sie haben keine blasse Ahnung davon!"

Phase 2: Es knirscht im Gebälk

Börsenhändler (Quelle: AP)
Oktober 2008: An allen Börsen der Welt fallen die KurseBild: AP

Im Herbst 2006 brachen in den USA die Immobilienpreise zusammen, das schöne System der sich selbst finanzierenden Hypothekenkredite funktionierte nicht mehr. Im Juni 2007 schrillten an der Wall Street die Alarmglocken. Zwei Hedge-Fonds der New Yorker Investmentbank Bear Stearns kamen ins Straucheln.

Mit dem Zusammenbruch der britischen Großbank Northern Rock im September 2007 kam die Krise in Europa an; in Deutschland geriet die Mittelstandsbank IKB in die Bredouille, es folgten die SachsenLB, die WestLB und die BayernLB. Am 15. September 2008 dann der "Schwarze Montag" an der Wall Street: Die Investmentbank Lehman Brothers musste Insolvenz anmelden.

Die Banken wurden immer misstrauischer, keiner traute mehr dem anderen, weil keiner wusste, wie viele faule Kredite in der Bilanz des anderen schlummern. In der Folge liehen die Kreditinstitute einander kein Geld mehr. Der sogenannte Interbankenmarkt trocknete aus. Wer Geld hatte, legte es lieber bei seiner Notenbank an, auch wenn das kaum Zinsen abwirft.

Phase 3: Die Finanzkrise greift auf die Realwirtschaft über

Eine Filiale der Lehman Brothers Bank in Frankfurt (Quelle: AP)
Die Bank Lehman Brothers hat die Krise nicht überstandenBild: AP

Die Zentralbanken pumpten verzweifelt frisches Geld in die Märkte, um eine Kreditklemme zu verhindern. Die Regierungen der Industrieländer gaben Staatsgarantien von zusammengenommen fast 3.000 Milliarden Euro, um einen Zusammenbruch des Weltfinanzsystems zu verhindern. "Ich glaube, dass damit ein sehr wichtiger Schritt politisch gelungen ist", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel. "Jetzt ist es an den Banken, die angebotenen Hilfen auch wirklich in Anspruch zu nehmen."

Trotzdem erreichte die Finanzkrise die Realwirtschaft. Der IWF korrigierte seine Wachstumsprognose nach unten, Großbritannien und die USA stehen vor einer Rezession, in Osteuropa ziehen westliche Investoren Geld ab, weil sie es daheim zum Stopfen der Löcher brauchen. In der Automobilindustrie wird Kurzarbeit angemeldet, viele Unternehmen verordnen sich Sparprogramme. Selbst wer nicht von der Kreditklemme betroffen ist, hält sich zurück. Denn wer investiert schon, wenn die ganze Welt von sinkender Nachfrage und einer Talfahrt der Weltwirtschaft spricht?

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