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Westerwelle besucht überraschend Irak

4. Dezember 2010

Ohne Vorankündigung ist Bundesaußenminister Westerwelle in den Irak gereist. Es war der erste Besuch eines westlichen Außenministers seit neun Monaten. Westerwelle will vor allem die Handelsbeziehungen ankurbeln.

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Außenminister Guido Westerwelle (Foto: picture-alliance/dpa)
Westerwelle trifft in Bagdad einBild: picture alliance / dpa

Aus Sicherheitsgründen war seine Reise bis zuletzt geheim gehalten worden. Daher überraschte die Meldung, dass Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) am Samstagmorgen (04.12.2010) in der irakischen Hauptstadt Bagdad gelandet war. Nur einen Tag hat Westerwelle Zeit, um mit seinem Besuch einen "Beitrag zur politischen Stabilisierung" zu leisten, wie er erklärte. "Das ist jetzt genau der richtige Zeitpunkt dafür."

Einfluss auf die Politik im Irak

Außenminister Guido Westerwelle (l, FDP) und der irakische Ministerpräsident Nuri Al-Maliki (r) (Foto: picture-alliance/dpa)
Stabile politische Verhältnisse gewünscht: Westerwelle (links) und der irakische Ministerpräsident Nuri Al-Maliki (rechts)Bild: picture-alliance/dpa

Neun Monate liegen die irakischen Parlamentswahlen nun zurück. Und genauso lange dauern die Bemühungen, eine neue Regierung zu bilden. Westerwelle war der erste westliche Außenminister, der seit dem Wahltermin am 07.03.2010 in Bagdad zu Gast war. Er warb für ein Kabinett, in dem alle wichtigen Volks- und Religionsgruppen des Irak vertreten sind.

Der FDP-Chef hat sich deshalb auch mit seinem Amtskollegen Hoschjar Sebari und dem amtierenden Ministerpräsidenten Nuri Al-Maliki getroffen, der mit der Regierungsbildung beauftragt ist. Laut Verfassung hat Al-Maliki noch bis Weihnachten dafür Zeit. Westerwelle betonte, dass die irakischen Parteien den demokratischen Prozess fortsetzen sollten.

Neben dem Schiiten Al-Maliki hat der deutsche Minister am Nachmittag auch den Staatschef Dschalal Talabani, einen Kurden, und den Parlamentspräsidenten Osama Al-Nudschaifi, einen Sunniten, getroffen. Bislang haben Streitigkeiten zwischen den großen politischen Blöcken im Irak eine Regierungsbildung verhindert. Vor drei Wochen gelang den großen Parteien schließlich ein Kompromiss zur künftigen Machtaufteilung. Teil des Abkommens war neben dem Regierungsauftrag für Al-Maliki die Wiederwahl von Präsident Talabani.

Handelsbeziehungen unterstützen

Außenminister Guido Westerwelle (l, FDP) und der irakische Außenminister Hoschiar Sebari (Foto: picture-alliance/dpa)
Westerwelle (links) will mit seinem Amtskollegen Hoschiar Sebari (rechts) den deutsch-irakischen Handel ankurbelnBild: AP

Neben Politik und Sicherheitslage will der deutsche Außenminister, der von einer Wirtschaftsdelegation begleitet wurde, auch die Handelsbeziehungen zwischen dem Irak und Deutschland ankurbeln. Man wolle die deutschen "wirtschaftlichen Chancen im Irak nutzen und gleichzeitig den Irak selbst in seiner wirtschaftlichen Entwicklung unterstützen", erklärte Westerwelle. Sonst sei eine dauerhafte Stabilisierung nicht möglich. Iraks Außenminister Sebari betonte, dass es an der Zeit sei, die Wirtschaftsbeziehungen zu vertiefen, damit der Irak von der "hervorragenden" deutschen Erfahrung profitieren könne.

Seit 2003 unterstützt Deutschland den Irak beim Wiederaufbau. Etwa 400 Millionen Euro sind investiert und Schulden von 4,8 Milliarden erlassen worden. Die deutsch-irakischen Handelsbeziehungen haben in den vergangenen zwei Jahren rasant zugenommen. Bereits in den ersten neun Monaten dieses Jahres hat Deutschland Güter im Wert von 691 Millionen Euro in den Irak exportiert - vor allem Maschinen und Kraftfahrzeuge. Die Exporte haben im Vergleich zum gleichen Zeitraum im Vorjahr 2009 um 73 Prozent zugelegt.

Westerwelle unterzeichnete während seines Irak-Besuchs gemeinsam mit dem irakischen Industrieminister Fausi al Hariri ein Abkommen über die Förderung und gegenseitigen Schutz von Kapitalanlegern. Das sei ein gutes Fundament für die Zukunft, sagte der deutsche Minister. Es soll die wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen für deutsche Unternehmen verbessern. Sie hatten sich beklagt, dass Projekte wegen der prekären Sicherheitslage nicht vorankommen.

Gefährliches Pflaster

Christen im Irak währen der Messe in einer Kirche (Foto: picture-alliance/dpa)
Schwierige Lage für Christen im IrakBild: picture-alliance/dpa

Trotz einiger Verbesserungen ist der Irak noch immer eines der gefährlichsten Länder der Welt. Monatlich sterben zwischen 200 bis 300 Zivilisten bei Gewalttaten extremistischer oder krimineller Gruppen. Bei einem Massaker in einer christlichen Kirche wurden vor einem Monat mehr als 50 Menschen getötet. Westerwelle setzte sich daher auch für den "Erhalt und Schutz der religiösen Pluralität im Irak und den Schutz der Christen im Besonderem" ein und hat sich deshalb auch mit christlichen Geistlichen getroffen.

Autor: Nicole Scherschun (dpa, dapd, rtr, afp)

Redaktion: Marko Langer