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Im "Kraftzentrum Lateinamerikas"

19. Februar 2012

Mit dem Außenministertreffen der G20 in Mexiko endet die Lateinamerika-Reise von Bundesaußenminister Guido Westerwelle. Zuvor hatte er Brasilien, Peru und Panama besucht.

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Germany?s Foreign Minister Guido Westerwelle speaks during a press conference at Itamaraty palace in Brasilia, Brazil, Monday Feb. 13, 2012. Westerwelle is on a three-day visit to Brazil. (Foto:Eraldo Peres/AP/dapd)
Brasilien Deutschland Außenminister Guido Westerwelle in BrasiliaBild: dapd

Es war die insgesamt dritte Lateinamerika-Reise von Bundesaußenminister Guido Westerwelle seit seinem Amtsantritt im Jahr 2009. Begonnen hatte sie am Montag (13.02.2012) in Brasilien. "Brasilien ist ein Partner ersten Ranges" sagte Westerwelle zum Auftakt seiner Reise. Bei der Eröffnung des Deutschen Wissenschafts- und Innovationshauses in São Paulo warb der deutsche Außenminister für eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Deutschland und dem "Kraftzentrum Brasilien", das eine atemberaubende Entwicklung hingelegt habe.  

Das Deutsche Wissenschafts- und Innovationshaus fungiert als Vertretung deutscher Hochschulen und Stiftungen im Ausland. Insgesamt gibt es sechs dieser Einrichtungen: in New York, Moskau, Tokio, Neu Delhi, Kairo und nun in São Paulo. São Paulo ist die größte Stadt Brasiliens und der größte industrielle Ballungsraum Lateinamerikas. Im Großraum leben fast 20 Millionen Menschen. Westerwelle sagte bei der Eröffnung der Einrichtung, dass São Paulo als pulsierende Weltstadt der ideale Standort für das Wissenschafts- und Innovationshaus sei. Die Stadt beherberge bereits jetzt die größte Anzahl forschender deutscher Unternehmen außerhalb Deutschlands. Rund 800 deutsche Firmen sind in der Großstadt ansässig.

Bert Hoffmann, kommissarischer Direktor des GIGA-Instituts für Lateinamerika-Studien in Hamburg, sieht das Deutsche Wissenschafts- und Innovationshaus als Teil einer neuen Strategie, die Länder Lateinamerikas nicht mehr als Entwicklungshilfeempfänger zu sehen, sondern als Partner auf Augenhöhe.  "Brasilien ist eine Wirtschaftsmacht, aber auch eine Wissenschaftsmacht, wo sehr viel an Forschung läuft und wo ein Austausch auf Augenhöhe stattfinden kann", erklärt er. In den letzten Jahrzehnten habe sich in Brasilien viel getan. "Da sind sehr starke Institutionen gewachsen, mit denen viel Kooperation möglich ist - und Deutschland genießt dort einen guten Ruf als Wissenschaftspartner."

Die Beziehungen werden (noch) enger

In diesem Jahr ist Brasilien das Partnerland der weltgrößten Computermesse CeBit in Deutschland. Auch dies ist ein Zeichen, dass die Verbindungen beider Länder enger werden. Ein weiteres: In etwas mehr als einem Jahr beginnt in Brasilien das Deutschlandjahr, dessen Logo Guido Westerwelle nach der Eröffnung des Deutschen Wissenschafts- und Innovationshauses vorstellte. Dabei wird es eine Veranstaltungsreihe unter dem Titel "Deutschland – Brasilien: Wo Ideen sich verbinden" geben. "Das sind alles verschiedene Puzzlesteine in der Gesamtstrategie", so Hoffmann. Das Deutschlandjahr in Brasilien sieht er als "ein Dach, unter dem dann verschiedene Kooperationsformen laufen können. Das geht von Tourismuswerbung bis Schwerindustrie."

Zwei Ereignisse, bei denen Kooperationen in beiderseitigem Sinne sind, sind die Fußball-Weltmeisterschaft 2014 und die Olympischen Spiele 2016 in Brasilien. Hier kann Deutschland seine Erfahrungen von der Fußballweltmeisterschaft 2006 weitergeben. Und deutsche Firmen bemühen sich um Investitionen.

Aussenminister Guido Westerwelle in Mexiko bei einem informellen G-20-Aussenministertreffen mit Journalisten (Foto:dapd)
Guido Westerwelle spricht vor JournalistenBild: dapd
Portrait von Bert Hoffmann (Foto: GIGA/Susanne Dupont)
Dr. Bert Hoffmann vom GIGA-Institut für Lateinamerika-StudienBild: GIGA/Susanne Dupont

Doch auch jetzt stehen die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Brasilien schon auf starken Fundamenten. Brasilien ist Deutschlands wichtigster Handelspartner in Lateinamerika. 2010 stiegen die deutschen Exporte nach Brasilien gar um rund ein Viertel auf ca. 12,5 Milliarden Euro.

Peru auf dem Weg zu sozialen Marktwirtschaft?

Die zweite Station nach Brasilien bei Westerwelles Lateinamerika-Reise war Peru. Dort traf er am Donnerstag ein. In der peruanischen Hauptstadt Lima traf der deutsche Außenminister mit seinem Amtskollegen Rafael Roncagliolo und mit dem Präsidenten Ollanta Humala zusammen. "Peru zählt zu den Ländern mit großem Potential, gerade in der Zusammenarbeit mit Deutschland", sagte Westerwelle nach seiner Ankunft. Innerhalb Europas ist Deutschland der wichtigste Handelspartner von Peru.

Westerwelle sagte, er setze sich dafür ein, dass das von der EU mit Kolumbien und Peru abgeschlossene Freihandelsabkommen möglichst bald in Kraft gesetzt werde. Die neue Regierung Perus bewege sich "in Richtung soziale Marktwirtschaft", was der Zusammenarbeit mit Deutschland neue Möglichkeiten biete. Bert Hoffmann vom GIGA-Institut für Lateinamerika-Studien sieht das etwas kritischer. "Da ist von einer 'Sozialen Marktwirtschaft' das 'sozial'" noch relativ wohlwollend interpretiert, glaube ich. Aber es gibt ein ganz bemerkenswertes Wirtschaftswachstum und sicherlich im Vergleich zu vor 20 Jahren auch Fortschritte auf der sozialen Ebene. Aber das muss man alles auch in Grenzen sehen." Vor allem gebe es noch viel zu tun im Hinblick auf die Behandlung der indianischen Bevölkerung, deren Mitglieder vielerorts als Bürger zweiter Klasse angesehen werden.

Panama und Mexiko als letzte Stationen

Bei seiner dritten Station in Panama erklärte der Außenminister am Freitag, dass Deutschland ein Interesse an einer stärkeren Zusammenarbeit mit Panama habe. Panama sei dank seiner positiven Wirtschaftsentwicklung ein "Stabilitätsanker" in Mittelamerika. Westerwelle bekräftigte die neue Strategie der Bundesregierung im Verhältnis zu Lateinamerika und sagte, der Subkontinent habe eine große Zukunft. "Deshalb müssen wir unbedingt die Beziehungen zwischen unseren Kontinenten verbessern", so Westerwelle.  

Die Lateinamerika-Reise des Bundesaußenministers endet in Mexiko beim ersten G20-Außenministertreffen in Los Cabos. Hoffmann schätzt die Bedeutung der Länder Panama und Mexiko im Rahmen der Lateinamerika-Reise als eher gering ein. "Für ein Land wie Panama ist es wirklich überraschend, genannt zu werden innerhalb dieser doch viel größeren Staaten. Mexiko ist ein Besuch einer anderen Art. Mexiko ist ein Stück weit ein Verlierer gegenüber Brasilien." Mexiko habe im Vergleich zu Brasilien deutlich an Boden verloren, so Hoffmann. "Vor 20, 30 Jahren sahen die sich ungefähr auf Augenhöhe. Da ist die Entwicklung auseinander gegangen."

Die wichtigste Station der Reise war Brasilien - das Land bleibt auf absehbare Zeit auch der wichtigste Partner für Deutschland in Lateinamerika. Die Reise insgesamt bewertet Bert Hoffmann als positiv, wenn auch es auch kein wirklich messbares Ergebnis gebe. Die Reise sei ein weiterer Baustein in einer Strategie, die relativ langfristig und kohärent sei. Man habe "Lateinamerika zu einem Schwerpunkt gemacht, wie nie zuvor in der deutschen Außenpolitik." Da sei es auch nicht so wichtig, wenn Westerwelle keine konkreten Ergebnisse vermelden könne. "Er kommt nicht mit einem spektakulären Ergebnis von der Reise zurück. Das wäre aber auch falsch, das zu erwarten."

Autor: Marco Müller
Redaktion: Andreas Noll

epa03110885 German Foreign Minister Guido Westerwelle und sein panamaischer Amtskollege Roberto Hernández posieren halten jeweils eine Mappe in der Hand (Foto: epa)
Westerwelle mit seinem panamaischen Amtskollegen Roberto HernándezBild: picture-alliance/dpa
Außenminister Guido Westerwelle steht neben dem peruanischen Außenminister Rafael Roncagliolo (Foto: dapd)
Westerwelle mit seinem peruanischen Amtskollegen Rafael RoncaglioloBild: dapd