Wer ließ Berta Cáceres ermorden?
17. September 2018Die Tat hatte weltweit Bestürzung und Empörung hervorgerufen: Mehrere Bewaffnete hatten Berta Cáceres Flores im März 2016 in ihrem eigenen Haus erschossen.
Die Menschenrechts- und Umweltaktivistin war eine prominente Koordinatorin der Indigenen-Organisation COPINH. Sie hatte unter anderem jahrelang gegen den Bau eines Wasserkraftwerkes am Río Gualcarque gekämpft, das den traditionellen Lebensraum des Volkes der Lenca stark beeinträchtigt hätte. Für ihre Arbeit war Cáceres 2015 mit dem Goldman Environmental Prize ausgezeichnet worden, einem der wichtigsten Umweltschutz-Preise weltweit.
An diesem Montag beginnt der Prozess gegen acht Tatverdächtige in Honduras' Hauptstadt Tegucigalpa. Beobachten wird ihn eine Kommission aus Vertretern von 17 internationalen und nationalen Nichtregierungsorganisationen sowie Experten für Menschenrechte.
Vor Gericht stehen unter anderem ehemalige Mitarbeiter der honduranischen Firma DESA - Bauherr und Betreiber des Wasserkraftwerkes am Río Gualcarque - sowie aktive und ehemalige Angehörige des honduranischen Militärs.
Die Indigenen-Organisation COPINH sowie die Familienangehörigen von Cáceres machen DESA und staatliche Sicherheitsorgane für das Verbrechen verantwortlich. In einem separaten Prozess soll die Verantwortung des ehemaligen DESA-Managers David Castillo geklärt werden, der im März dieses Jahres festgenommen wurde.
Verschleppung und Vertuschung
Im Vorfeld des Prozesses hatte es immer wieder Verzögerungen und Unregelmäßigkeiten gegeben. So wurde im September 2016 ein Teil der Ermittlungsakten gestohlen. Und die honduranische Staatsanwaltschaft verweigerte den Anwälten der Familie Cáceres immer wieder Einsicht in die Ermittlungsergebnisse - trotz mehrerer gerichtlicher Anordnungen.
Erst im August dieses Jahres, wenige Tage vor der Beweisaufnahme, gab die Staatsanwaltschaft nach. Dabei stellte sich jedoch heraus, dass die Staatsanwaltschaft viele der beschlagnahmten Beweismittel - wie beispielsweise Computer und Handys der Tatverdächtigen - auch mehr als zwei Jahre nach der Tat noch gar nicht ausgewertet hatte. Möglicherweise prozessrelevante Informationen fanden bei der Beweisaufnahme daher keine Berücksichtigung.
"Den Klägern und Opfern wird das Recht auf die Wahrheit genommen", kritisiert Ariel Madrid, einer der Anwälte der Familie Cáceres. "Wir haben eine sehr solide Beweisführung vorbereitet, aber mit den zugelassenen Beweismitteln ist die nur schwer aufrechtzuerhalten."
Neben den noch nicht ausgewerteten Beweismitteln dürfte die Prozessführung auch erschweren, dass mehrere Zeugen gar nicht zugelassen worden sind. Abgelehnt hat das Gericht beispielsweise vier Mitglieder der einflussreichen honduranischen Familie Atala Zablah, die als Mehrheitseigentümer des Unternehmens DESA eine enge Verbindung zu einigen der Angeklagten gehabt haben sollen.
Gutachten und Gegengutachten
Die Familie von Berta Cáceres steht der Arbeit der Staatsanwaltschaft entsprechend misstrauisch gegenüber. Die Angehörigen und die Indigenen-Organisation COPINH hatten darum bereits kurz nach dem Mord eine internationale Expertengruppe (GAIPE) damit beauftragt, die Hintergründe des Verbrechens zu untersuchen. 2017 veröffentlichte die Gruppe ihren Bericht. Darin kommt sie zu dem Schluss, dass Vertreter des Unternehmens DESA ebenso wie staatliche und private Sicherheitskräfte an Straftaten im Zusammenhang mit dem Mord stehen.
"Das Unternehmen DESA ist als eine Art krimineller Struktur gegründet worden, die Menschen bedrohte und die sozialen Bindungen in den Gemeinden zerstörte", sagt GAIPE-Mitglied Miguel Ángel Urbina. Finanziell waren an dem Wasserkraftprojekt ursprünglich unter anderem die Zentralamerikanische Bank für Wirtschaftsintegration (BCIE), die finnische Entwicklungsbank Finnfund sowie das niederländische Finanzinstitut FMO beteiligt. Die europäischen Geldgeber haben sich mittlerweile aus dem Projekt zurückgezogen.
Scharf kritisiert wird der GAIPE-Bericht vom Anwaltsbüro Amsterdam & Partners LLP, das im Prozess das Unternehmen DESA vertritt. Ein von den Strafverteidigern in Auftrag gegebenes Gegengutachten moniert, der GAIPE-Bericht sei einseitig und vertrete nur die Interessen der Opferfamilie und der Indigenen-Organisation. Weder der GAIPE-Bericht noch das Gegengutachten sind als Beweismittel im Prozess zugelassen.
Es bleibt abzuwarten, wie transparent das Gericht das Verfahren führen wird. Es hat während des eigentlich öffentlichen Mordprozesses weder Video- noch Tonaufnahmen zugelassen, obgleich die Nebenkläger dies beantragt haben. "Das wurde mit der Begründung abgelehnt, dass schon allein die Anwesenheit von Opfervertretern für Öffentlichkeit sorgen würde", kritisiert Ariel Madrid, der Anwalt der Familie Cáceres. "Öffentlichkeit wird aber erst hergestellt, wenn die Medien den Prozess auch übertragen können."