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Weltweites Echo auf Wikileaks-Enthüllungen

29. November 2010

Eine "Orgie der Geheimdokumente" nennt die italienische Zeitung La Stampa die jüngsten Wikileaks-Enthüllungen, die tiefe Einblicke hinter die Kulissen der US-Diplomatie geben. Schlagzeilen und Reaktionen aus aller Welt.

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Zeitung 'The Guardian': WikiLeaks enthüllt 250.000 geheime Dokumente aus den US-Botschaften (Foto: dpa)
250.000 geheime Dokumente aus den US-BotschaftenBild: dpa

Die Veröffentlichungen der Internetplattform Wikileaks stoßen in der ganzen Welt auf breites Echo, die Zeitungen beschäftigen sich ausgiebig in ihren Montagsausgaben (29.11.2010) damit. Wikileaks hatte die rund 250.000 heiklen Dokumente des US-Außenministeriums vorab einigen Medien zugespielt, erste Einzelheiten wurden am Sonntag bekannt.

Türkei: "US-Diplomaten haben wie Spione gearbeitet"

Auch in türkischen Zeitschriften ist WikiLeaks das dominierende Thema (Foto: AP)
Auch in türkischen Zeitschriften ist Wikileaks das dominierende ThemaBild: AP

Die türkische Tageszeitung "Hürriyet" zitiert mit der Überschrift "US-Diplomaten haben wie Spione gearbeitet" die Veröffentlichungen von Wikileaks, wonach US-Politiker die Verlässlichkeit des Landes bezweifelten und der Regierung von Recep Tayyip Erdogan islamistische Tendenzen bescheinigten. Erdogan und seine islamisch-konservative Regierung seien in den Dokumenten höchst skeptisch bewertet, weil sie die Türkei in eine islamistische Zukunft führen würden, schreibt "Hürriyet". Der türkische Ministerpräsident bezeichnete die Veröffentlichungen der US-Dokumente als fragwürdig. Nach Angaben der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu sagte Erdogan: „Wir müssen erstmal abwarten was kommt, danach können wir eine Beurteilung geben“.

Naher Osten: Iran im Mittelpunkt der Berichterstattung

WikiLeaks habe Israel mit den Enthüllungen ein Gefallen getan, schreiben israelische Zeitungen
Israelische Kommentatoren freuen sich über Wikileaks

Im Nahen Osten sorgen insbesondere die Berichte, nach denen Saudi-Arabien die USA zu einem Angriff auf den Iran aufgefordert haben soll, für großes Aufsehen. Während Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu solche und ähnliche Äußerungen von arabischer Seite vorsichtig begrüßte, schwieg das saudische Königshaus zunächst zu den Vorwürfen. Einige panarabische Medien äußerten jedoch deutliche Kritik. So erwartet die in London erscheinende Tageszeitung "Al-Kuds Al-Arabi" durch die Wikileaks-Veröffentlichungen eine weitere Verschlechterung der Beziehungen zwischen Saudi-Arabien und dem Iran und übt gleichermaßen Kritik am saudischen Königshaus und an der amerikanischen Bündnis-Politik im Nahen Osten. "Wir hoffen auf eine Erklärung der saudischen Regierung", heißt es im Leitartikel des Blattes. Immerhin sei der Iran ein islamisches Land. Zudem zieht der Kommentator aus den Wikileaks-Enthüllungen den Schluss: "Die USA respektieren ihre Alliierten nicht, sondern benutzen sie lediglich als Werkzeuge für ihre kolonialen Projekte."

Israelische Medien widmen dem Thema Iran größte Aufmerksamkeit. "Wenn es Wikileaks nicht schon geben würde, hätte Israel es erfinden müssen. Die umfangreiche Veröffentlichung von Einschätzungen amerikanischer Diplomaten zeigt klar und deutlich ein Bild: Die ganze Welt, nicht nur Israel, ist wegen des iranischen Atomprogramms in Panik", kommentiert die Tageszeitung "Jediot Achronot". Die "Jerusalem Post" schätzt die Veröffentlichung auf dem Enthüllungsportal Wikileaks ähnlich ein und behauptet sogar, dass Wikileaks dem Land einen Gefallen damit getan habe. "Der Vorhang hat sich gehoben und es wird deutlich, dass alle mit der iranischen Gefahr beschäftigt sind", schreibt die Tageszeitung "Haaretz".

Russland: Zurückhaltung im Kreml

Russland hat mit Zurückhaltung auf die Veröffentlichung vertraulicher diplomatischer US-Depeschen durch die Internetplattform Wikileaks reagiert. Man müsse erst das Originaldokument und die Übersetzungen dazu prüfen, sagte der Sprecher von Regierungschef Wladimir Putin, Dmitri Peskow, nach Angaben der Agentur Interfax. In den vertraulichen US-Dokumenten wird Putin als "Alpha-Rüde" charakterisiert, Medwedew dagegen als "blass" und "zögerlich". Ein namentlich nicht genannter Mitarbeiter von Kremlchef Dmitri Medwedew sagte der Tageszeitung "Kommersant", die USA hätten Russland vorab informiert. Auch russische Diplomaten würden in internen Depeschen offener sprechen als sonst. Der russische Hörfunksender "Echo Moskwy" zitiert den russischen Außenminister Sergej Lawrow: "Das alles ist zwar interessant zu lesen, doch in der praktischen Politik zählen für Moskau die konkreten Aktionen der Partner."

Die polnische Tageszeitung "Gazeta Wyborcza" schreibt, Wikileaks habe innerhalb eines Tages mehr erreicht als alle radikallinken und pazifistischen oder einfach systemfeindlichen US-Organisationen zusammen in den vergangenen 50 Jahren.

Autorin: Rayna Breuer (dpa, dapd, afpd, rtr, ifax)

Redaktion: Sabine Faber