Geschichte der G8
20. April 2007Die G8 ist aus der Not geboren worden: Mitte der 1970er Jahre lösten die Ölkrise und der Zusammenbruch des festen Wechselkurssystems von Bretton Woods eine Weltwirtschaftskrise aus. Der französische Staatspräsident Giscard d'Estaing und der deutsche Bundeskanzler Helmut Schmidt suchten globale Koordination, um der Krise Herr zu werden. Sie initiierten ein Treffen der Staatschefs der wichtigsten westlichen Industrienationen: Dies war die Geburtsstunde der G6.
Jährliche Treffen
Der erste Weltwirtschaftsgipfel fand 1975 auf Schloss Rambouillet bei Paris statt. Danach gab es solche Treffen jährlich - reihum in allen Mitgliedsstaaten und immer im Mai oder Juni.
Sie dienten anfangs zur Beratung aktueller und strategischer Fragen der Weltwirtschaftspolitik in kleinem Kreise. Die Staats- oder Regierungschefs Frankreichs, der Bundesrepublik, Großbritanniens, Italiens, Japans und der USA nahmen am ersten Gipfel teil.
Kanada und Russland kommen dazu
Aus der G6 wurde schon im Jahr 1976 durch den Beitritt Kanadas die G7. Nach dem Ende des Kalten Krieges 1989 klopfte Russland an die Tür und wurde eingelassen - schrittweise: Die Aufnahme des Landes in den Club der wichtigsten Wirtschaftsnationen wurde 1998 vollendet. Im Jahr 2006 führte Russland erstmals den Vorsitz der G8 und das jährliche Gipfeltreffen fand in Sankt Petersburg statt.
Eigentlich könnte man sogar von einer G9 sprechen, da seit 1981 auch der Präsident der Europäischen Kommission an den Gipfeltreffen teilnimmt. Allerdings existieren auch die G7 ohne Russland weiterhin parallel. Denn Moskau hat noch keinen Zugang zu allen Gremien: Gerade wirtschaftliche Konsultationen werden manchmal ohne russische Teilnahme geführt.
Keine internationale Organisation
Die ersten Weltwirtschaftsgipfel waren sehr informell: Bei nächtlichen Kamingesprächen entdeckten die Staats- und Regierungschefs die Vorteile eines direkten Austausches über wichtige Themen.
Bis heute handelt es sich bei der G7/G8 nicht um eine internationale Organisation. So verfügt die Gruppe über keinen eigenen Verwaltungsapparat. Die Durchsetzung von Beschlüssen kann auch nicht erzwungen werden. Die jährlichen Gipfeltreffen werden immer vom gastgebenden Land organisiert, das auch den Vorsitz führt.
Verlorener Geist von Rambouillet
In den Anfangsjahren der G7/G8-Gipfeltreffen standen Gespräche zu finanz- und währungspolitischen Themen im Mittelpunkt. In den 1980-er Jahren rückten dann auch sicherheitspolitische Themengebiete mehr und mehr in den Fokus. Gerade aktuelle Herausforderungen wie der sowjetische Einmarsch in Afghanistan oder die Katastrophe von Tschernobyl boten Koordinationsbedarf.
Der Geist von Rambouillet - informelle Gespräche in kleiner Runde - wurde durch eine größere Gipfelmaschinerie verdrängt. Die Koordination verschiedenster Themen wurde immer komplexer. Heute gibt es nicht nur Treffen der Staats- und Regierungschefs, sondern auch auf Ministerebene kommt es zu Gesprächen. Die Wirtschaft steht nicht mehr alleine im Mittelpunkt, auch Themen wie Klimawandel oder internationaler Terrorismus werden behandelt.
Ist die G8 noch zeitgemäß?
An der derzeitigen Form der G8 gibt es Kritik. Die G8 stellt heute nicht mehr die wirtschaftlich stärksten Nationen dar: Zwar bündeln die acht Staaten fast zwei Drittel des weltweiten Bruttonationaleinkommens (BNE), aber mit China fehlt das nach dem BNE viertgrößte Land. Auch Spanien (nach BNE vor Kanada und Russland) drängt auf eine Teilnahme an der Runde.
Doch wie sieht die Zukunft der G8 aus? Zwei Möglichkeiten gibt es: Entweder man nimmt neue Mitglieder auf und institutionalisiert das Verfahren - dafür wäre ein eigenständiger Verwaltungsapparat notwendig. Oder man versucht gerade die lockere Atmosphäre der frühen Gipfel wiederherzustellen - mit Kaminfeuer und lockerem Gespräch.