Weltmode aus Afrika
18. Januar 2013Die senegalesische Diplomatentochter Adama Amanda Ndiayeis pendelt regelmäßig zwischen Los Angeles, Paris und Dakar. Nun ist sie eine von drei Designern, die ihre Kleider auf dem Laufsteg im Nobelhotel Adlon zeigen, der Location des ersten "African Fashion Day Berlin".
Geboren im heutigen Kongo, reiste Adama von Kindesbeinen an um die Welt. Dann startete sie eine Karriere in Europas Bankenwelt, brach diese aber bald ab, um sich ganz ihrer Leidenschaft, der Mode, zu widmen. "In meiner Mode möchte ich ausdrücken, dass ich international bin: Ich bin eine senegalesische Frau, die in den Staaten gelebt und die Welt bereist hat."
Mit einem breiten Lächeln und Geschäftssinn setzt sich Adama Amanda Ndiayeis seitdem beharrlich für afrikanische Mode ein. In der Branche ist sie vor allem durch die “Dakar Fashion Week" bekannt geworden. Weil sie vor zehn Jahren keine Plattform fand, auf der sie ihre eigene Kollektion hätte präsentieren können, rief sie kurzerhand eine eigene Modewoche ins Leben. Heute zeigen dort Newcomer neben internationalen Designern ihre Entwürfe.
In Adamas eigener Kollektion dominiert die Farbe Schwarz – und elegante Kleider mit dezenten Mustern. Gemacht für selbstbewusste Frauen wie sie selbst eine ist. Adama ist es ernst damit, afrikanische Mode nach vorn zu bringen. Auch ihre eigene Näherei in Dakar zu eröffnen ist Teil dieses Anliegens.
Wider die Klischees
Das Afrikabild vieler Europäer ist ihr zu einseitig. Es ärgert sie, wenn das Publikum bei afrikanischer Mode nur an bunte Farben denkt. Das möchte sie ändern. Und deshalb begrüßt sie, dass es im Rahmen der Fashion Week in Berlin nun den „Africa Fashion Day“ gibt. Solange afrikanische Designer nicht selbstverständlicher Teil der wichtigen Fashion Weeks seien, bräuchten sie eben solche separaten Entfaltungsräume.
"African Days" sind keine Berliner Erfindung, in Paris oder Prag hat es schon vergleichbare Events gegeben. Sie sorgen dafür, dass afrikanische Designer im allgemeinen Modecircus nicht untergehen – eine Art Gruppenmarketing für unterrepräsentierte Künstler.
Der Höhepunkt in Berlin ist die Show am Abend. Tagsüber präsentieren sechs weitere Modemacher ihre Kleider, Schuhe und Schmuckstücke im Ausstellungsraum. Die Designer haben jeweils eine kleine Auswahl aus ihrer Kollektion mitgebracht, Models posieren an den Ständen. Tatsächlich gibt es auch knallige Farben zu sehen, aber keinen Ethno-Kitsch und keine Walle-Kleider. Blau und weiß dominieren bei den Kleidern des Labels NKWO und skulpturenhafte Formen und Erdfarben die Kreationen von José Hendo.
Afrikanische Drucke neu-interpretiert
Mit dabei ist auch Mabothokgong Mathole aus Johannesburg, Gründerin des Labels Hunadi Bespoke Couture. Ihre Mode erfüllt zumindest das Klischee von Afrikas bunten Farben. Dreiecke, geschwungene Ornamente, Zick-Zack-Linien vor kräftigen Gelb-, Blau- und Grün-Tönen. Trotzdem sagt sie: "Ich weiß nicht, was afrikanisches Design sein soll, ich bin dem noch nie begegnet".
Dabei kauft Mabothokgong Mathole für ihr Label auf dem ganzen afrikanischen Kontinent Stoffe ein. Unzählige Straßenmärkte durchforsten sie und ihre Designerin, um die ganze Vielfalt Afrikas in ihr Studio nach Johannesburg mit zu nehmen. Üblicherweise werden bedruckte Stoffe nur als Wickelkleider oder Kaftane zu besonderen Anlässen getragen. Genau das will die zielstrebige Geschäftsfrau mit ihrem erst vor zwei Jahren gegründetem Label ändern und die Stoffe mit modernen Schnitten alltagstauglich machen.
In ihrem Atelier werden viele Teile nach den Wünschen der Kunden maßgeschneidert, aber auch eine kleine Kollektion bietet sie an - um zu zeigen, was man mit den bedruckten Stoffen alles machen kann. In Johannesburg ist das Team mit seinem Konzept bisher ziemlich erfolgreich, berufstätige Frauen allen Alters kaufen bei Hunadi ein. Nun wollen sich die Südafrikanerinnen neue Märkte erschließen. Deshalb freut sich Mabothokgong, dass sie nun in Berlin ist. Die Zusage hatte sie erst kurz vor Weihnachten erhalten.
Auf dem hart umkämpften europäischen Modemarkt Fuss zu fassen, ist schwer. Alle Jungdesigner brauchen neben Talent vor allem Geld und Kontakte. Zudem ist die Anzahl der Plätze auf Schauen in Paris und London begrenzt.
Für Mabothokgong kommt noch etwas hinzu. Sie glaubt, die Europäer müssten ihre Liebe zu den bunten Mustern erst noch entdecken. Und sie wünscht sich, dass afrikanische Mode demnächst auch ganz selbstverständlich in den Kaufhäusern der westlichen Welt gehandelt wird.
Das erste Mal in Afrika
Manchmal müssen die Designer ihren eigenen Kontinent sogar selbst noch ergründen. Romero Bryan beispielsweise ist in London geboren, die Eltern sind afro-karibische Jamaikaner. Afrika besuchte er vergangenes Jahr das erste Mal - zur ARISE Fashion Week in Nigeria. Die Mode, betont er, liege ihm im Blut. "Meine Großmutter war Näherin, mein Großvater Schneider. Und ich war immer von Stoffen umgeben." Mit 12 Jahren begann auch er, Kleider zu entwerfen und graduierte 2005 an der renommierten Londoner Universität für Design. Heute hat Romero Bryan bereits erreicht, was sich seine Berliner Mitstreiter wohl noch wünschen: einen internationalen Ruf, Stars wie Destiny's Child, Alicia Keys und Mariah Carey als Kundinnen und den Stoffhändler der Queen als Sponsor. Die Reichenliste der Bank of Scotland sagt ihm bis 2020 ein Vermögen von 30 Millionen Pfund voraus!
Charmant und jungenhaft gibt sich der Star des afrikanischen Mode-Tages. Dabei kokettiert er geschickt mit seiner Herkunft. Mal ist er der Londoner, mal der Jamaikaner, nun möchte er seinen afrikanischen Wurzeln folgen. Finanziell könnte sich das durchaus lohnen. Während afrikanische Designer nach Europa schielen, entdeckt Romero Bryan Afrikas neue Mittelklasse. Dabei gibt er zu, dass auch er Afrika zunächst mir Krieg und Armut und nicht mit Mode in Verbindung gebracht hat. Das änderte sich während der Modewoche in Nigeria. "Als ich sah, dass Leute meine Kleider mochten und tausende Dollar aus den Taschen zogen, habe ich gemerkt, welches Potential Afrika hat."