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IPCC-Treffen in Brüssel

2. April 2007

Mit eindringlichen Appellen für einen weltweiten Kampf gegen den Klimawandel haben 2000 Top-Wissenschaftler und Regierungsgesandte aus 124 Ländern in Brüssel ihre Konferenz zum zweiten Teil des UN-Klimareports begonnen.

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Durch den Klimawandel wird das Trinkwasser knapp (ap)
Durch den Klimawandel wird das Trinkwasser auf der Welt knappBild: APP

Die Ergebnisse des Klimarats der Vereinten Nationen werden diesen Freitag (6.4.07) in der belgischen Hauptstadt vorgestellt. Im zweiten Teil des Reports beschreibt das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) die drohenden Folgen der Erderwärmung auf die Regionen der Welt. Der erste Teil über die wissenschaftlichen Grundlagen war im Februar in Paris präsentiert worden. Die Forscher prognostizieren darin wegen des zunehmenden Treibhauseffekts verheerende Unwetter, Dürreperioden und steigende Meeresspiegel rund um den Globus. Der dritte Teil des Klima-Reports soll die Möglichkeiten beschreiben, den Klimawandel mindestens zu bremsen. Er wird im Mai im thailändischen Bangkok vorgestellt werden. Am UN-Klimareport haben insgesamt 2500 Forscher und 450 Hauptautoren sechs Jahre lang gearbeitet.

"Autobahn zur Auslöschung"

Der zweite, nun in Brüssel diskutierte Teil des Berichts zeigt auf dramatische Weise, wie sich ein Temperaturanstieg Grad für Grad auf die Umwelt auswirken würde. Die zentrale Botschaft des Dokuments: Das Leben auf der Erde befindet sich durch den Klimawandel auf einer "Autobahn zur Auslöschung" - allerdings gibt es darauf noch Abfahrten. Auf der Brüsseler Konferenz wird noch heftig um Formulierungen des Berichtstextes gestritten. Eine Veränderung der Kernaussagen wird allerdings nicht mehr erwartet.

Demnach drohen infolge des Klimawandels in weiten Teilen der Welt Dürren und Hungerskatastrophen, während an anderen Orten mit permanenten Überschwemmungen zu rechnen ist. Unterernährung, Hitze, Smog und überhöhte Ozonwerte werden viele Todesfälle nach sich ziehen, und viele Tierarten werden schon bald von der Erde verschwinden. Die vorübergehend positive Nachricht für Europa, Sibirien und Nordamerika lautet, dass kürzere Winter die Ernte-Erträge steigern werden. In der tropischen Zone allerdings werden immer mehr Menschen vom Hungertod bedroht.

In weiten Teilen der Welt drohen verheerende Dürren
In weiten Teilen der Welt drohen verheerende DürrenBild: AP

Dramatisch wird sich dem Bericht zufolge vor allem die zu erwartende Verknappung des Trinkwassers auswirken. Bei einem durchschnittlichen Temperaturanstieg um nur ein Grad Celsius wird ein Wassermangel für mindestens 400 Millionen Menschen - möglicherweise sogar 1,7 Milliarden Menschen - vorausgesagt. Die Zahl gilt zusätzlich zu den Erdenbürgern, die schon jetzt nicht genug Trinkwasser haben. Der beschriebene Zustand wird bereits für das Jahr 2020 prognostiziert. Damit verbunden sind erhöhte Seuchengefahr sowie eine Zunahme von Allergien auslösenden Pollen.

Wassermangel für 3,2 Milliarden Menschen

Bei einem Temperaturanstieg um zwei Grad wird bereits mit einer Wasserverknappung für weitere zwei Millionen Menschen gerechnet. Bis zu 30 Prozent der Lebewesen auf der Erde wären dann vom Aussterben bedroht. Diese Situation wird in das Jahr 2050 verlegt. Im Jahre 2080 könnten weltweit bis zu 3,2 Milliarden Menschen von Wassermangel betroffen sein - selbst bei einer konsequenten Verringerung der Treibhausgase dürften es immer noch 1,1 Milliarden sein.

Der Klimaforscher Andrew Weaver von der kanadischen University of Victoria erklärte, dass die Menschheit zwar noch lange Zeit überleben werde, aber hunderte Millionen, wenn nicht Milliarden Menschen, eben nicht. Noch gebe es jedoch Möglichkeiten, von der "Autobahn zur Auslöschung" abzufahren. Dazu aber müsse insbesondere der Kohlendioxidausstoß wirklich drastisch reduziert werden. Die Zerstörung bestimmter Ökosysteme lässt sich den IPCC-Wissenschaftlern zufolge allerdings nicht mehr aufhalten.

EU ruft Schwellenländer zur Mitarbeit auf

Die EU rief in Brüssel die USA und Schwellenländer wie China und Indien am Montag in Brüssel eindringlich auf, sich am weltweiten Kampf gegen den Klimawandel zu beteiligen. "Die Folgen der Erderwärmung sind viel dramatischer, als wir dachten", sagte der belgische Regierungschef Guy Verhofstadt. Zahlreiche Experten hätten bislang den menschlich bedingten Klimawandel bestritten. "Die Bedeutung des IPCC liegt darin, dieser Debatte ein Ende zu setzen."

Kritisch: EU-Umweltkommissar Stavros Dimas
Kritisch: EU-Umweltkommissar Stavros DimasBild: AP

Die EU wolle beim Kampf gegen die Erderwärmung mit gutem Beispiel vorangehen, erklärte EU-Umweltkommissar Stavros Dimas. Notwendig sei aber eine gemeinsame Anstrengung der internationalen Gemeinschaft. Dies werde durch das Verhalten der USA und Australien erschwert, kritisierte Dimas mit Blick auf die Weigerung beider Staaten, das Kyoto-Protokoll zu ratifizieren. Damit haben sich die Industrienationen zu einer Reduzierung ihres Treibhausgas-Ausstoßes verpflichtet.

Dimas verdeutlichte, dass die alten 15 EU-Staaten 2005 noch weit von ihren Kyoto-Zielen entfernt waren. Der Treibhausgasausstoß der 15 Länder habe 2005 1,6 Prozent unter dem Niveau von 1990 gelegen. Nach dem Kyotoabkommen muss die EU bis 2012 ihren Ausstoß von Treibhausgasen um ganze acht Prozent senken. Inzwischen hat sie sich bis 2020 auf eine Senkung um mindestens 20 Prozent verpflichtet. (tos)