Weltbank fördert Erdölraffinerie in Nigeria
10. April 2019Es ist heiß, staubig und riesig: Gelangt man auf die Baustelle unweit von Lagos, findet man sich inmitten eines gewaltigen, irgendwie gebändigten Chaos wieder. Hunderte Lastwagen durchpflügen ein Areal, das einmal die größte Ölraffinerie der Welt werden soll.
Der Mann hinter alldem ist Aliko Dangote. Geschätztes Vermögen: gut 14 Milliarden Dollar oder 12,5 Milliarden Euro. Er gilt als reichster Mann Afrikas. In Nigeria findet man seinen Namen auf vielen Produkten: Zucker, Salz, Mehl. Aber wirklich reich gemacht hat ihn Zement. Dank Regierungsunterstützung, durch die seine Geschäfte vor internationalem Wettbewerb abgeschottet wurden, hat er hier praktisch eine Monopolstellung aufgebaut.
Das Ziel: Nigerias Ölindustrie
Jetzt hat Dangote die Ölindustrie im Visier, in Nigeria ein sensibler Bereich. Das Land ist reich an Öl, aber es muss mangels Verarbeitungsanlagen Rohöl exportieren, um später raffiniertes Öl wieder einzuführen. Die vom Staat beherrschte Ölindustrie Nigerias hat eine Menge Leute reich gemacht, vor allem innerhalb der Polit- und Wirtschaftselite des Landes, während gleichzeitig die meisten Nigerianer in Armut leben.
Die Idee Dangotes: Er will 650.000 Fass Erdöl pro Tag fördern und dann im Land selbst verarbeiten, um so die Abhängigkeit Nigerias von Ölimporten zu beenden. Die Kosten des Projekts werden auf 10,5 Milliarden Dollar geschätzt. Mehr als die Hälfte will Dangote selbst finanzieren. Aber ist das Ganze nachhaltig?
Akpan Ekpo ist da skeptisch. Der Direktor des "West African Institute for Financial and Economic Management" sieht die Zukunft Nigerias jenseits des Öls. "Erdöl, wie wir es kennen, ist nicht länger nachhaltig", so Ekpa. "Jeden Tag werden jetzt alternative Energiequellen entwickelt."
Geld von der Weltbank
Beim jüngsten Klimagipfel in Kenia hat die Weltbank betont, dass sie der Unterstützung für Öl- und Gasprojekte ein Ende setzen will - Afrikas Zukunft sei grün.
Recherchen des ICIJ, des "International Consortium of Investigative Journalists", zu dem auch der öffentlich-rechtliche deutsche Sender NDR und die "Süddeutsche Zeitung" gehören, zeigen aber: Die Weltbank investiert weiter in verschiedene Projekte mit fossilen Energieträgern in Afrika. Auch das Projekt von Aliko Dangote in der Nähe von Lagos gehört dazu. Die Weltbank-Tochter "International Finance Corporation" (IFC) war demnach bei einer Zwischenfinanzierung für den Raffineriebau involviert.
Außerdem floss ein Darlehen in Höhe von 150 Millionen Dollar in eine Düngemittelfabrik in unmittelbarer Nähe, die zu Dangotes Imperium gehört. Unklar sei, wieweit beide Projekte zusammenhängen.
Bei der Weltbank heißt es, das Darlehen habe das Ziel, "Nigeria dabei zu unterstützen, seine natürlichen Ressourcen besser zu verwerten, insbesondere durch Düngemittel".
Einer Untersuchung der deutschen Umweltorganisation "urgewald" zufolge hat die Weltbank in den vergangenen fünf Jahren in Afrika mehr als zwei Mal so viel Geld in fossile Brennstoffe wie in Projekte rund um erneuerbare Energie gesteckt - bei fossilen Brennstoffen waren es 4,6 Milliarden Dollar, bei der erneuerbaren Energie 2,1 Milliarden Dollar. Der global agierende Geldgeber Weltbank hält nicht viel von dieser Analyse und betont lediglich, man habe allein im vergangenen Jahr 20,5 Milliarden Dollar für Klimaschutz-Maßnahmen ausgegeben.
"Ölindustrie ist eine Enklave"
Ekpo sagt, die Weltbank hätte das Geld eher investieren sollen, um eine stabile Stromversorgung in Nigeria zu garantieren. "Das Problem ist, dass die Ölindustrie eine Enklave ist; sie schafft nicht viele Arbeitsplätze - in Nigeria brauchen wir aber Industrien, die Jobs schaffen."
Manche Nigerianer glauben, ihr Leben würde sich ändern, wenn die Ölraffinerie erst einmal da ist. Fachleute weisen aber darauf hin, dass Arbeitsplätzte für schlecht und mittelmäßig ausgebildete Beschäftigte eher verschwinden dürften, wenn die Raffinerie in Betrieb ist.
Nigeria will seine stagnierende Wirtschaft umbauen. Wenn das Land dabei aber nicht auf andere Industrien setzt, dürfte das nicht klappen. Und die fragliche Raffinerie könnte nur ein weiteres nicht nachhaltiges Industrieprojekt werden - gefördert von einer UN-Organisation.