Welle der Unzufriedenheit erfasst Kolumbien
21. November 2019Tausende Kolumbianer sind gegen die Regierung des konservativen Präsidenten Ivan Duque auf die Straße gegangen. Vor allem Studenten, Bauern und Arbeiter marschierten zum Zentrum der Hauptstadt Bogota. Die Demonstranten waren von verschiedenen Treffpunkten aus zum zentralen Plaza de Bolivar marschiert. Auch in anderen Großstädten wie Medellin, Cali und Barranquilla kam es zu Kundgebungen. Gewerkschaften und andere Organisationen hatten zu einem Generalstreik aufgerufen.
Der Protest richtet sich unter anderem gegen geplante Arbeitsmarkt- und Rentenreformen sowie zunehmende Gewalt gegen Aktivisten. Ein Großaufgebot der Sicherheitskräfte war im Einsatz, die Grenzen zu den Nachbarländern wurden geschlossen, Bürgermeister und Gouverneure erhielten das Recht, Ausgangssperren zu verhängen.
Staatschef Duque hatte am Vortag versucht zu beschwichtigen und war Behauptungen entgegengetreten, er beabsichtige das Rentenalter anzuheben und die Löhne für junge Arbeiter zu senken. In einem Radiointerview sagte er, es gehe nicht darum, das Blaue vom Himmel zu versprechen. Aber es gehe um ein Land, "das sich erholt, einer Wirtschaft, die sich verbessert und heute zu den besten in Lateinamerika gehört".
Friedensabkommen immer noch nicht ganz umgesetzt
Dennoch sind viele Kolumbianer der Meinung, es gebe gute Gründe, wütend zu sein. So ist trotz des Friedensabkommens von 2016, das die vorherigen Regierung mit den linken FARC-Rebellen schloss, ein Großteil Kolumbiens immer noch in Gewalt versunken. Illegale bewaffnete Gruppen konkurrieren um Gebiete, in denen der Staat noch keinerlei Präsenz aufgebaut hat. Zahlreiche Vertreter der indigenen Bevölkerung wurden bei Verbrechen getötet, die immer noch weitgehend ungelöst sind.
Mit Blick auf soziale Unruhen in den Nachbarländern rief Duque zur Mäßigung auf: "Wir können unterschiedlicher Meinung sein und unsere Überzeugungen zum Ausdruck bringen, aber das Wichtigste ist, friedlich zusammenzuleben", sagte er.
Zuletzt waren zahlreiche Länder in Südamerika von heftigen Protesten erschüttert worden. In Bolivien trat Präsident Evo Morales nach Wahlfälschungsvorwürfen zurück und floh ins Exil nach Mexiko. In Chile einigten sich die Regierung und die Opposition nach wochenlangen Demonstrationen darauf, eine neue Verfassung auszuarbeiten. In Ecuador musste die Regierung wegen heftiger Proteste die Streichung von Benzin-Subventionen wieder zurücknehmen.
uh/qu (dpa, rtr, ap)