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Weitere Unruhen in Kirgisistan befürchtet

15. Juni 2010

In Kirgisistan mehren sich die Sorgen, dass die ethnischen Unruhen im Süden des Landes auch auf den Norden und auf Nachbarstaaten übergreifen könnten. Der UN-Sicherheitsrat forderte eine Beilegung des Konflikts.

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Ausgebranntes Haus in Osch, Kirgisistan (Foro: AP)
Die Unruhen richten sich gegen die usbekische Minderheit im Süden des LandesBild: AP

Die kirgisische Übergangsregierung befürchtet eine Ausweitung der Gewalt bis auf die Hauptstadt Bischkek. Nach den Erfahrungen in der südlichen Stadt Osch gehe er davon aus, dass es auch dort zu Provokationen kommen werde, sagte Vize-Ministerpräsident Almasbek Atambajew am Dienstag (15.06.2010). Die Übergangsregierung sei aber gut darauf vorbereitet. Eine Unterstützung durch Truppen des Sicherheitsbündnisses OVKS bleibt aber aus. Zu der Organisation gehören neben Kirgisistan und Russland auch Usbekistan, Weißrussland, Armenien, Kasachstan und Tadschikistan.

Gezielte Überfälle: Tote und Verletzte

Brennende Häuser und Flammen auf der Straße (Foto: AP)
Gewalt in Kirgisistan: In Dschalal-Abad brennt der Besitz von usbekischen MitbürgernBild: AP

Bei den gewalttätigen Zusammenstößen zwischen Kirgisen und Usbeken im Süden der zentralasiatischen Republik wurden nach Angaben der usbekischen Minderheit bis zu 700 Menschen getötet. Auch das Rote Kreuz spricht von mehreren hundert Toten. Offiziell ist dagegen von rund 170 Toten die Rede. Tausende Menschen wurden verletzt.

Auslöser der Unruhen war nach UN-Angaben eine koordinierte Serie von Überfällen in der südkirgisischen Stadt Osch. Es gebe deutliche Hinweise darauf, dass es sich hier nicht um einen spontanen Gewaltausbruch gehandelt habe. Vielmehr seien die Überfälle zu einem gewissen Grad geplant und gezielt durchgeführt worden, erklärte ein Sprecher der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay.

Am späten Montagabend hatte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die blutigen Unruhen in Kirgisistan verurteilt und zu einer friedlichen Beilegung des ethnischen Konflikts aufgerufen. Zudem forderte das höchste UN-Gremium einen sicheren Korridor für Hilfslieferungen. Es sei an der Zeit, Nahrungs- und Hilfsmittel in das Krisengebiet zu schicken.

Menschliche Tragödien: Flucht auch nach Usbekistan

Flüchtlingslager an der Grenze zu Usbekistan (Foto: AP)
Vor allem die Flüchtlinge benötigen dringend internationale UnterstützungBild: AP

Derweil sind nach Schätzungen rund 100.000 Usbeken auf der Flucht vor Gewalt und Zerstörung, nach Unicef-Angaben vor allem Frauen und Kinder.

Gerade die Situation der Flüchtlinge bereitet den Vereinten Nationen weitere Sorgen. Denn das Nachbarland Usbekistan hat angesichts des nicht abreißenden Flüchtlingsstroms seine Grenzen geschlossen. "Wir haben einfach keine Kapazitäten mehr", sagte der usbekische Vize-Regierungschef Abdulla Aripow. Die Zahl der Menschen, die auf der usbekischen Seite der Grenze Schutz suchten, wurde mit 75.000 angegeben - Tendenz steigend.

Nötig seien jetzt vor allem Medikamente, Betten und Verbandsmaterial für die vielen Verletzten, heißt es bei den usbekischen Behörden. Die Menschen würden in Zeltlagern, Schulen und Kindergärten sowie in Krankenhäusern des Gebiets Andischan untergebracht.

Die Vereinten Nationen versuchen, Usbekistan bei der Versorgung der Flüchtlinge zu helfen. UN-Untergeneralsekretär Lynn Pascoe forderte in New York zudem die internationale Gemeinschaft auf, der kirgisischen Übergangsregierung zu helfen, eine weitere Zuspitzung der Lage zu verhindern.

Übergangspräsidentin Rosa Otunbajewa (Foto: AP)
Übergangspräsidentin Otunbajewa hofft auf StabiliserungBild: AP

Interimspräsidentin Rosa Otunbajewa kündigte an, die Regierung werde die ethnisch motivierten Gefechte zwischen Kirgisen und der Minderheit der Usbeken unter Kontrolle bringen. Schon seit dem Sturz von Staatschef Kurmanbek Bakijew im April ist die politische Situation in Kirgisistan äußerst instabil.

Deutschland fliegt 89 Menschen aus

Das Berliner Auswärtige Amt hatte in der Nacht zu Dienstag 89 Europäer und andere Ausländer aus Osch in Sicherheit gebracht. Die deutsche Botschaft in Bischkek sei die einzige Vertretung eines EU-Staates vor Ort, sagte Bundesaußenminister Guido Westerwelle. Zudem stelle Deutschland 500.000 Euro für humanitäre Hilfen zur Verfügung, um die Lage der zahlreichen Flüchtlinge zu verbessern. Westerwelle rief nochmals alle Seiten auf, die Gewalt zu beenden. China hatte angekündigt, etwa 600 seiner etwa 1000 Staatsbürger aus dem Krisengebiet in Sicherheit bringen.

Autor: Rolf Breuch / Herbert Peckmann (apn, rtr, afp, dpa)

Redaktion: Annamaria Sigrist / Sabine Faber

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