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Politik

Wegen Coronavirus: Erste Hamsterkäufe in Deutschland

29. Februar 2020

In Deutschland steigt die Zahl der Menschen, die sich mit dem neuartigen Coronavirus infiziert haben. Die Politik warnt vor überzogenen Reaktionen, aber immer mehr Deutsche kaufen sicherheitshalber schon mal groß ein.

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Deutschland Bayern | Coronavirus | Thema Hamsterkäufe
Bild: Imago Images/MiS

So langsam sickert in Deutschland durch, dass dem Land, wie über 50 anderen weltweit auch, eine Epidemie ins Haus steht. Das Coronavirus ist Gesprächsstoff fast überall, in Bussen, Bahnen und Büros. Und so langsam auch im Supermarkt. Die Deutschen bereiten sich darauf vor, dass sie womöglich länger das Haus nicht verlassen können.

Erste verstärkte "Abverkäufe" in Deutschland

Hatten die großen Handelsketten noch Mitte der Woche vermeldet, dass sie keinerlei Tendenz zu Hamsterkäufen verspüren, klang das am Freitag schon anders. So teilte die Pressesprecherin der REWE Group, Kristina Schütz, der DW mit: "Wir können mittlerweile - nicht flächendeckend, aber durchaus bundesweit - ein erhöhtes Kaufverhalten vor allem im Bereich der Nährmittel und Konserven feststellen, auf das wir entsprechend reagieren." Der Konzern mit Sitz in Köln betreibt in Deutschland unter anderem die Supermarkt-Ketten Penny, REWE und Nahkauf. Auch der Discounter Lidl konnte diese Tendenz bestätigen. Ein Sprecher sagte: "In einigen Regionen und Filialen verzeichnen wir deutlich erhöhte Abverkäufe." Besonders begehrt sind demnach haltbare Lebensmittel, Konserven und Nudeln, aber auch Toilettenpapier und Desinfektionsmittel.

Tipps der Bundesregierung

Besonders haltbare Lebensmittel stehen auch auf einer Liste, die die Bundesregierung bereits vor vier Jahren für Katastrophenfälle erstellt hat. Aufgeschrieben hat die Liste das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe mit Sitz in Bonn. 300 Mitarbeiter kümmern sich dort unter anderem um die Aufklärung der Bevölkerung darüber, was im Ausnahmefall zu tun ist. Für rund zehn Tage sollten die Menschen Vorräte anlegen, nicht für mehr. Auf der Liste heißt es etwa: "Halten Sie pro Person circa 14 Liter Flüssigkeit je Woche vorrätig." Besonders geeignet seien Mineralwasser und Fruchtsäfte.

Grundsätzlich rät die Behörde: Keine übertriebenen Einkäufe: "Halten Sie vor allem Lebensmittel und Getränke vorrätig, die Sie und Ihre Familie auch normalerweise nutzen."

Italien Casalpusterlengo | Coronavirus | Thema Knappheit Lebensmittel
So weit ist es in Deutschland noch nicht: Nach Todesfällen kaufen Menschen in Italien mit Atemschutzmasken einBild: picture-alliance/AP Photo/LaPresse/C. Furlan

Auch ganz praktische Tipps sind aufgeführt: "Alle Lebensmittel sollten ohne Kühlung längerfristig haltbar sein. Achten Sie auf das Mindesthaltbarkeitsdatum. Beschriften Sie Lebensmittel ohne Kennzeichnung mit dem Einkaufs-Datum." Und, woran wohl tatsächlich nur wenige denken: "Neu gekaufte Vorräte gehören nach hinten ins Regal. Brauchen Sie die älteren Lebensmittel zuerst auf."

Lob aus dem Ausland, Journalisten-Verband warnt vor Hysterie

Diese deutsche Gründlichkeit findet in diesen Tagen durchaus Beachtung sogar im Ausland: So schrieb die bulgarische Zeitung "24 Tschassa" in einem Kommentar über Europa und das Coronavirus, in solchen Fällen "häufen die meisten Verbraucher einfach die aller-möglichsten Produkte auf - ohne eine Idee, wie lange sie ihnen nützlich sein werden oder ob sie sie überhaupt irgendwann brauchen werden. Deswegen ist es gut, nach dem Prinzip der Deutschen vorzugehen." Und weiter: "Diese Liste ist sinnvoll, weil es nichts nützt, übermäßige Vorräte zu besorgen."

Würzburg, DJV-Kongress, Vorsitzender Dr. Frank Überall
Warnt vor Hysterie: Der Vorsitzende des DJV, Frank ÜberallBild: Frank Sonnenberg

Viele andere Kommentatoren in Deutschland sehen das vielleicht ähnlich, warnen aber auch vor zuviel Panik. Noch gibt es in Deutschland eine überschaubare Anzahl von Infektionen, wie auch die verantwortlichen Wissenschaftler und Politiker immer wieder betonen. Darauf müsse möglichst besonnen reagiert werden, meint auch der "Deutsche-Journalisten-Verband" (DJV) . So sagte der Vorsitzende der Journalisten-Organisation, Frank Überall: "Was die Menschen jetzt brauchen sind Aufklärung, Rat und Orientierung." Journalistinnen und Journalisten sollten sich an die Empfehlungen des Pressekodex halten: "Bei Berichten über medizinische Themen ist eine unangemessen sensationelle Darstellung zu vermeiden, die unbegründete Befürchtungen oder Hoffnungen beim Leser erwecken könnte". Und weiter: "Das Schüren von Angst und Hysterie verträgt sich nicht mit verantwortungsvollem Journalismus." Das Hauptthema der Deutschen ist die Angst vor dem Virus aber bereits jetzt schon.