Neue Gewalt in Istanbul
6. Juli 2013Fünf Wochen nach Beginn der Proteste gegen die islamisch-konservative Regierung in der Türkei dauern die Demonstrationen trotz des harten Vorgehens der Polizei an. Am Rande des Taksim-Platzes in Istanbul gingen die Sicherheitskräfte am Samstagabend wieder massiv mit Wasserwerfern und Tränengas gegen Zehntausende weitestgehend friedliche Demonstranten vor. Polizeiketten riegelten den Taksim-Platz bereits an den Zufahrtsstraßen ab.
Bereits Hunderte Meter vor dem Platz versuchte die Polizei auf der Einkaufsstraße Istiklal Caddesi gewaltsam, Menschen daran zu hindern, zu der Demonstration zu gelangen. Wasserwerfer rasten unter Einsatz ihrer Wasserkanonen in voller Fahrt auf friedliche Demonstranten zu, die panisch versuchten, sich in Sicherheit zu bringen. Am Rande des Taksim-Platzes versuchten Menschen erfolglos, sich gegen einen Wasserwerfer zu stemmen.
Nach Beginn des Wasserwerfereinsatzes warfen Demonstranten vereinzelt Pflastersteine auf die Sicherheitskräfte. Die Polizei verfolgte Demonstranten in kleine Seitenstraßen der Istiklal Caddesi und anderer Zufahrtsstraßen zum Taksim-Platz. Angaben über Verletzte lagen zunächst nicht vor, es waren aber zahlreiche Krankenwagen im Einsatz. Wegen des Tränengaseinsatzes klagten viele Menschen über gereizte Augen und Atemwege.
Zuvor hatte Istanbuls Gouverneur Hüseyin Avni Mutlu eine für Samstagabend auf dem Taksim-Platz geplante Veranstaltung verboten. Die Demonstration sei illegal und die Polizei werde Demonstranten auffordern, den Platz im Herzen Istanbuls zu verlassen. Zudem werde der angrenzende Gezi-Park an diesem Sonntag wiedereröffnet, gab Mutlu bekannt.
Symbol für die landesweiten Proteste
Zu der Samstagsdemonstration hatte das breite Protestbündnis "Taksim Plattform" aufgerufen. Dabei sollte der Gezi-Park "den wahren Besitzern, nämlich jedem" zurückgegeben werden, hieß es. Man wollte außerdem der Toten gedenken und gegen die Polizeigewalt protestieren.
Der Park war zum Symbol für die landesweiten Proteste in der Türkei geworden. Nachdem sich die Demonstranten erst gegen ein Bauprojekt im Park gewandt hatten, richtete sich ihr Zorn später gegen die als autoritär empfundene Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan.
Bei den wochenlangen Protesten war die Polizei mit aller Härte eingeschritten. Drei Demonstranten und ein Polizist kamen bei den Zusammenstößen ums Leben, zudem wurden rund 8000 Menschen verletzt. Nach Schätzungen der Polizei hatten sich 2,5 Millionen Menschen in 80 türkischen Städten an den Demonstrationen beteiligt.
rb/uh/as (afp, ape, dpa)