1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Was tun im Fall Libyen?

1. März 2011

Zehntausende fliehen aus Libyen in die Nachbarländer, die Vereinten Nationen warnen vor einer humanitären Katastrophe. Doch auch die Sanktionen gegen Gaddafi zwingen ihn nicht in die Knie.

https://p.dw.com/p/10RKe
Flüchtlinge aus Libyen in Tunesien(Foto: dw/ Khedir Mabrouka)
Die Flüchtlinge wollen nur eines: Hauptsache raus aus LibyenBild: DW

Die Situation der Flüchtlinge an der libysch-tunesischen Grenze ist laut den Vereinten Nationen (UN) untragbar geworden. Wie die Sprecherin des UN-Flüchtlingswerks Melissa Fleming am Dienstag (01.03.2011) erklärte, habe man "den Krisenpunkt erreicht". So seien allein am Montag 14.000 Menschen nach Tunesien geflohen, erklärte Fleming weiter, bislang die höchste Zahl an einem Tag. Insgesamt seien seit dem 20. Februar zwischen 70.000 und 75.000 Personen über die libysch-tunesische Grenze geflüchtet.

Alte Frau flieht aus Libyen(Foto: dw/ Khedir Mabrouka)
Sie können die sichere Seite schon sehen - und kommen oft tagelang nicht über die GrenzeBild: DW

Zehntausende hoffen nach Angaben der UN-Flüchtlingshilfe derzeit darauf, bald weiter ins Landesinnere von Tunesien zu kommen. Und tausende Menschen warten auf der libyschen Seite teilweise schon seit drei Tagen darauf, über die Grenze zu gelangen. Dabei haben vor allem Menschen aus Subsahara-Afrika Probleme, von den Grenzbehörden nach Tunesien gelassen zu werden, wie UN-Mitarbeiter immer wieder aus Telefonaten mit den verzweifelten Betroffenen erfahren. In einer Mitteilung an das UN-Flüchtlingswerk heiße es beispielsweise: "Wir werden von örtlichen Leuten angegriffen, weil sie sagen, dass wir Söldner sind." Flüchtlinge sollte ohne Diskriminierung der Übertritt der Grenze erlaubt werden, forderte Fleming deshalb.

Nach Ägypten gelangten dem UN-Flüchtlingswerk zufolge seit dem 19. Februar 69.000 Flüchtlinge. Bei ihnen handele es sich vor allem um Ägypter, die als Gastarbeiter in Libyen tätig waren. Rund 3000 Flüchtlinge warteten dort noch auf den Weitertransport.

Europas Handeln

Guido Westerwelle (Foto:AP Photo/Michael Sohn)
Westerwelle: "Stoppen Sie die Gewalt gegen das eigene Volk. Treten Sie ab."Bild: AP

Für die UN sei es wichtig, "in Libyen Gesicht zu zeigen", sagte der deutsche Außenminister Guido Westerwelle am Dienstag in Berlin. Hierfür sähe Deutschland gerne einen UN-Sondergesandten für Libyen, der unter anderem für die Koordinierung von Hilfsleistungen zuständig sein könne. Diesen Vorschlag hatte Westerwelle bereits in Gesprächen mit den Außenministern der USA, Frankreichs, Großbritanniens und Italiens angesprochen, eine Entscheidung soll in den nächsten Tagen fallen.

Unterdessen hat die Europäische Union einen Libyen-Sondergipfel einberufen. Am 11. März wollen sich die Staats- und Regierungschefs der EU über das weitere Vorgehen beraten. Vor allem Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy hatte sich für den Sondergipfel eingesetzt. In den vergangenen Wochen musste die EU sich immer wieder den Vorwurf gefallen lassen, nur zögernd auf die Geschehnisse in Nordafrika zu reagieren.

Konten gesperrt

Im Fall Libyen konnten sich die Mitgliedsstaaten erst Anfang der Woche auf Sanktionen gegen das Regime einigen. Dazu zählte die Sperrung von Konten der Familie und enger Freunde Gaddafis, Reiseverbote für diese Personengruppe, sowie Waffenexportverbote. Formal gelten diese Strafmaßnahmen allerdings erst mit der Veröffentlichung einer Verordnung, an der noch gearbeitet wird.

Deutschland hat die erste Konsequenz dennoch bereits am Dienstag gezogen: Das Konto eines Sohnes von Muammar al-Gaddafi bei einer deutschen Bank wurde nun eingefroren. Rund zwei Millionen Euro liegen auf Eis. "Mit der Anordnung haben wir heute ein unmissverständliches Zeichen gesetzt. Deutschland arbeitet Hand in Hand mit der Europäischen Union und steht an der Seite all derjenigen, die Demokratie und Rechtsstaatlichkeit für sich einfordern", erklärte Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle zu der Entscheidung. Auch in den USA und Österreich wurden Konten gesperrt.

Wohin mit Gaddafi?

Zwar scheint sich der libysche Diktator Muammar al-Gaddafi von nichts beeindrucken zu lassen - auch weiterhin hält er an seinem Machtanspruch fest. Sollten ihn die Revolution im Land und die Sanktionen der Weltgemeinschaft schließlich doch in die Knie zwingen, bleibt ihm möglicherweise noch immer der Rückzug. Inzwischen haben sich die meisten Staaten gegen Gaddafi gestellt, doch ist es denkbar, dass einige Länder ihn aufnehmen. So wird spekuliert, ob Venezuelas Staatschef Hugo Chávez ihn willkommen heißen würde. Chávez wird zu Libyen mit folgenden Worten zitiert: "Aus dieser Distanz werde ich niemanden verurteilen, der so lange Zeit mein Freund gewesen ist, ich bin kein Feigling." Im Gespräch für ein mögliches Exil sind außerdem Weißrussland, Simbabwe oder Tschad.

Autorin: Carolin Hebig (ap, dpa, Reuters)

Redaktion: Christine Harjes