1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Was ein Brexit für den Fußball bedeuten könnte

Matt Pearson
5. Februar 2019

Die Auswirkungen eines Brexit wären in allen Bereichen zu spüren, auch der Fußball macht da keine Ausnahme. Die Folgen träfen nicht nur die Premier-League-Klubs, sondern indirekt auch die Bundesligisten.

https://p.dw.com/p/3CZUy
Fußball Bundesliga Mainz 05 - Borussia Dortmund
Der englische Nationalspieler Jadon Sancho (r.) dreht für den BVB in dieser Saison richtig aufBild: Reuters/R. Orlowski

Auch wenn noch völlig unklar ist, ob der Brexit überhaupt und wenn ja, in welcher Form kommt, hat er doch schon erste Spuren im Fußball hinterlassen. Weil die Verunsicherung groß ist, schwankt der Kurs des britischen Pfunds gegenüber dem Euro. Aus diesem Grund verpflichtete z.B. Tottenham Hotspur im vergangenen Sommer keine neuen Spieler. "Der Brexit macht es schlimmer, die Kosten erhöhen sich um 30 Prozent. Es ist ein Drama", sagte Mauricio Pochettino, Teammanager des Premier-League-Klubs.

Auch andere Vereine halten sich bei den Transfers spürbar zurück. "Ich glaube, die aktuelle Winter-Transferperiode war die ruhigste der Geschichte", sagt Rob Wilson, Fußball-Finanzexperte der Hallam-Universität in Sheffield. Der Wissenschaftler verweist gegenüber der DW auf die Unsicherheit durch die Diskussion über den Brexit: "Es wird erwartet, dass der Wechselkurs des Pfunds weiter sinkt, sodass es für britische Klubs schwieriger wird, Spieler zu kaufen. So könnte beispielsweise ein Profi, der zuvor 50 Millionen Pfund kostete, plötzlich 60 Millionen teuer sein. Es stellt sich die Frage: Sind die Vereine bereit, so viel Geld zu zahlen oder nicht?"

Extrem hohe Fernsehverträge haben die Premier League reich gemacht und ihr unter den Fußballern den Ruf beschert, dass man in der englischen Liga deutlich mehr Geld verdienen kann als andernorts. Jeder weitere Kurseinbruch würde sich auch auf die Gehälter negativ auswirken. Es dürfte also schwieriger für die Vereine werden, die besten Spieler auf die Insel zu locken.

Keine minderjährigen EU-Fußballer mehr auf die Insel

Mit dem Brexit würde zudem die Freizügigkeit für Fußballer aus EU-Staaten nach Großbritannien wegfallen. Die Vereine könnten dann nicht mehr wie bisher sehr junge europäische Spieler verpflichten, um die so genannte "Homegrown Player"-Regel der Premier League zu umgehen. Diese schreibt vor, dass mindestens acht Spieler eines 25-Mann-Kaders in England aufgewachsen sein müssen. Fußballer, die vor dem 21. Geburtstag drei Jahre lang für einen englischen Verein gespielt haben, werden dabei jedoch wie Einheimische behandelt. Prominente Beispiele dafür sind der Spanier Cesc Fabregas, der 2003 schon als 16-Jähriger zum FC Arsenal stieß, oder auch der Franzose Paul Pogba, den Manchester United 2009 ebenfalls schon im Alter von 16 Jahren verpflichtete. Die FIFA versucht eigentlich, Transfers von minderjährigen Spielern in andere Länder zu unterbinden, dem Weltverband waren bisher aber durch die EU-Freizügigkeit die Hände gebunden.

Russland WM 2018 Frankreich gegen Kroatien
Weltmeister Paul Pogba wird in der Premier League wie ein einheimischer Fußballer betrachtetBild: Reuters/M. Shemetov

"Die Homegrown-Regel führte bisher nicht notwendigerweise dazu, dass einheimische Talente aus England, Schottland oder Wales davon profitieren", sagte Steve Parish, Vereinsboss des Premier-League-Vereins Crystal Palace, dem Internetportal "iNews" und verwies auf die gängige Praxis der Jugendakademien der Klubs, 16-Jährige zu verpflichten, um die Regel zu unterlaufen. "In dem Augenblick jedoch, wo wir die EU verlassen, können wir keine minderjährigen Spieler mehr verpflichten, was den britischen Talenten den Weg in die Akademien erleichtern könnte."

Talentkauf in Gegenrichtung

Fußball-Finanzexperte Rob Wilson von der Universität Sheffield stimmt zwar grundsätzlich zu, warnt jedoch davor, dass der Schuss auch nach hinten losgehen könnte. Der Brexit sei kein Allheilmittel für die britischen Talente, sagt Wilson und verweist auf die Bemühungen deutscher Vereine, junge britische Fußballer unter Vertrag zu nehmen. So habe Borussia Dortmund 2017 den 17 Jahre alten Mittelfeldspieler Jadon Sancho geholt, der FC Bayern buhle um den 18-jährigen Stürmer Callum Hudson-Odoi: "Die englischen Vereine sind es gewohnt, neue Talente aus Europa zu kaufen. Es wird interessant zu beobachten, ob dies nun auch in der Gegenrichtung funktioniert. Das hätte natürlich große Auswirkungen auf die deutschen Klubs."

Lukrative Spielerverkäufe nach England fielen weg

Fußball Bundesliga FC Schalke 04 Spieler Leroy Sane
Sane-Transfer spülte Millionen in die Schalker KasseBild: picture-alliance/dpa/G. Kirchner

Da es für die englischen Vereine im Falle eines Brexits schwieriger würde, Spieler aus EU-Staaten unter Vertrag zu nehmen, könnte sich die Premier League möglicherweise mehr auf andere Fußballmärkte in aller Welt fokussieren, sagt Cristal-Palace-Chef Parish. Das wiederum beträfe auch die Vereine in den EU-Staaten, inklusive Deutschland, die zu einem gewissen Grad auch von lukrativen Spielerverkäufen nach England leben. Leroy Sane (für 50 Millionen Euro vom FC Schalke 04 nach Manchester City), Kevin de Bruyne (für 76 Millionen vom VfL Wolfsburg nach Manchester City) und Pierre-Emerick Aubameyang (für 64 Millionen von Borussia Dortmund zu Arsenal) sind nur drei Beispiele aus der Vergangenheit für profitable Transfers, mit denen sich Bundesligisten finanziellen Spielraum verschafften, um sich neu aufzustellen.

Eine weitere Folge eines Brexits, so Wilson, könnten kurzfristig auch mehr Transfergeschäfte zwischen britischen Vereinen sein. Langfristig könnte die Premier League ihre Vormachtstellung unter den europäischen Ligen verlieren, weil sie nicht mehr in der Lage wäre, die größten Talente Europas auf die Insel zu holen.