Warum Knigge immer noch aktuell ist
Nicht das Brot in die Suppe tunken, die Serviette nicht um den Hals binden - es gibt viele "Knigge"-Regeln, die beachtet werden wollen. Ihr Erfinder, hatte allerdings etwas anderes als ein Werk mit Tischmanieren im Sinn.
Der "Knigge"
Der "Knigge" entwickelte sich zum Inbegriff gesellschaftlicher Benimmregeln. Dabei wollte Adolph Freiherr Knigge (Bild oben) mit "Über den Umgang mit Menschen" 1788 eher ein Handbuch für menschliches Miteinander schaffen als ein Regelwerk für Tischmanieren. Hier ein paar seiner Regeln, die auch heute noch hilfreich sein dürften - zum Beispiel für den Bundespresseball.
Trage funktionale Kleidung!
Bei einem Ball kann die Frage nach den Anziehsachen einen zur Verzweiflung treiben. Knigge findet eine diplomatische Lösung: "Kleide Dich nicht unter und nicht über Deinen Stand; nicht über und nicht unter Dein Vermögen; nicht phantastisch; nicht bunt; nicht ohne Not prächtig, glänzend noch kostbar (…)." Beim Presseball wird bestimmt trotzdem das ein oder andere unnötig schicke Kleid getragen.
Rede nicht zu viel von dir selbst!
Ist das Abendkleid gewählt, hält Knigge allerlei Tipps für den Small Talk bereit: "Vermeide, selbst dann zu viel von Dir zu reden, wenn gute Freunde, wie es vielfältig geschieht, das Gespräch aus Höflichkeit auf Deine Person, auf Deine Schriften und dergleichen leiten!"
Nicht schleimen!
Ebenso unangemessen wie das ständige Reden über sich selbst, bewertet Knigge das Schleimen. So rät er beispielsweise im Umgang mit eitlen Zeitgenossen, nicht zu viel zu schmeicheln. Denn die "niedrigen Schmeichler" würden "durch unaufhörliches Weihrauchstreuen" eitle Menschen so beeinflussen, dass diese am Ende nicht mehr die Wahrheit, sondern nur noch Lob hören wollten.
Eigenlob stinkt!
Diejenigen, die es die ganze Zeit auf dem Bundespresseball schaffen, sich selbst auf die Schulter zu klopfen und mit dem zu prahlen, was sie besitzen, kommen bei Knigge nicht gut weg. Er rät: "Krame nicht zu glänzend deinen Reichtum, deine Talente aus. Die Menschen vertragen selten ein solches Übergewicht ohne Murren und Neid."
Sei witzig!
... Aber bitte, ohne Witze auswendig zu lernen: "Wer immer nach Witz hascht, wem man es ansieht, dass er darauf studiert hat, die Gesellschaft zu unterhalten, der gefällt nur auf kurze Zeit und wird bei wenigen Interesse erwecken. Wahrer Humor und echter Witz lassen sich nicht erzwingen, aber sie wirken, wie das Umschweben eines höheren Genius, erwärmend, Ehrfurcht erregend."
Nicht lästern!
Hast du das Kleid gesehen? Wenn schon lästern, dann bitte unauffällig, rät Knigge 1788: "Wenn Du in einer Gesellschaft von einem der Anwesenden mit Deinem Freunde reden willst (obgleich dies und das In-das-Ohr-Flüstern überhaupt unanständig ist), so gebrauche wenigstens die Vorsicht und Schonung, die Person, von welcher Du redest, nicht dabei anzusehn." Das gilt auch für den Bundespresseball.
Nachwuchstalente nicht zu sehr loben!
Auf dem Bundespresseball sind illustre Gäste geladen. Triffst du auf einen vom kreativen Nachwuchs, rät Knigge dazu, deine Worte mit Bedacht zu wählen: "Ermuntere durch bescheidenes Lob, aber erhebe nicht zur Ungebühr den jungen, angehenden Schriftsteller und Künstler. Dadurch verdirbt man die meisten von ihnen." Dem "Umgang mit Gelehrten und Künstlern" widmet Knigge 1788 ein eigenes Kapitel.
Ein Presseball ist keine Redaktionskonferenz
Prominente und Politiker trinken Sekt auf dem Bundespresseball, statt konfrontativ von den anwesenden Journalisten interviewt zu werden. Diese beherzigen das, was Knigge rät. Bei einem solchen Ereignis, sollte man ernste Themen meiden: "An Orten, wo man sich zur Freude versammelt, (...) rede mit niemand von häuslichen Geschäften, noch viel weniger von verdrießlichen Dingen."