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Ukraines Abhängigkeit

Lilia Grischko / Markian Ostaptschuk19. Juli 2013

Europäische Energieunternehmen haben dem russischen Gasmonopolisten Gazprom vor Gericht deutliche Preisnachlässe abgerungen. Davon ist die Ukraine weit entfernt: Sie muss russisches Gas teuer einkaufen.

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Gasprom-Schriftzug auf einem Gebäude in St. Petersburg (Foto: picture-alliance)
Bild: picture alliance/R. Goldmann

Seit Jahren sorgt das Thema Energie für Streit zwischen Russland und der Ukraine. Immer wieder steht es auf der Agenda, wenn sich Politiker beider Seiten treffen, doch eine Lösung ist nicht in Sicht. Seit 2009 zahlt die Ukraine im Vergleich zu anderen europäischen Ländern einen der höchsten Preise für das russische Gas. Das Geld fehlt im ukrainischen Haushalt.

Der hohe Gaspreis ergibt sich aus den geltenen Veträgen. Sie sehen sogar Strafen vor, wenn die Ukraine die vereinbarte Mindesteinkaufsmenge von 52 Milliarden Kubikmeter unterschreitet. Und Beobachter bezweifeln, dass es Kiew gelingen wird, die russische Seite zu irgendwelchen Zugeständnissen zu bewegen: "Mit Rabatten ist nicht zu rechnen. Russland will nichts ändern", sagt Dmytro Marunytsch, Direktor des ukrainischen Instituts für Energie-Studien, der DW.

Viktor Janukowitsch und Wladimir Putin in der Residenz Nowo-Ogarjowo (Foto: RIA Novosti)
Der Gaspreis ist immer ein Thema: Die Präsidenten Janukowitsch und PutinBild: picture-alliance/dpa

Europäische Unternehmen klagten erfolgreich

Die Ukraine sieht bisher davon ab, den Gaspreis vor ein internationales Schiedsgericht zu bringen, wie es mehrere europäische Länder bereits vorgemacht haben. So klagten Energieunternehmen aus Polen, Litauen und der Tschechischen Republik gegen den russischen staatlichen Gasmonopolisten und bekamen Recht. Gazprom musste auch Unternehmen aus anderen europäischen Ländern Preisnachlässe gewähren, darunter der italienischen ENI und Edison, der deutschen E.ON und RWE sowie der griechischen DEPA.

Gazprom musste allein im vergangenen Jahr bei europäischen Energieunternehmen Nachlässe in Hohe von insgesamt 2,4 Milliarden Euro gewähren. Im ersten Quartal dieses Jahres kamen weitere 500 Millionen Euro Rabatt hinzu.

Fürchtet sich Kiew vor Moskau?

Gennady Rjabzew, Direktor des Kiewer Wissenschafts- und Technikzentrums Psicheja, bezweifelt, dass die Regierung in Kiew mit ihrem staatlichen Energieunternehmen Naftogas den europäischen Vorbildern folgen kann: "Die ukrainische Führung hat Angst, Gazprom aus Mangel an Alternativen zu russischem Gas zu verklagen", sagt er der Deutschen Welle. Mit einem Prozess würde die Ukraine automatisch die derzeit geltenden Gasverträge mit Russland aufkündigen.

Dabei seien die russischen Lieferungen derzeit durch nichts zu ersetzen, denn die eigene Erdgasförderung ist zu gering. Auch bestünden noch keine ausreichenden Möglichkeiten, Erdgas im Umkehrfluss, also aus westlicher Richtung in die Ukraine zu importieren, so Rjabzew. "Gaslieferungen aus Europa können maximal fünf Milliarden Kubikmeter erreichen. Das ist zu wenig. Daher sind Gaslieferungen aus Europa keine Alternative zu direkten Gaslieferungen aus Russland", betont der ukrainische Experte. Seiner Meinung nach wird Kiew daher eine Klage so weit wie möglich hinauszögern und weiter auf Verhandlungen setzen.

Gaspipeline in der Ukraine (Foto: dpa)
Gaslieferungen allein aus dem Westen können den Bedarf in der Ukraine nicht deckenBild: picture-alliance/dpa

EU-Abkommen oder Gas-Rabatt?

Doch im Herbst dieses Jahres könnte sich die Lage ändern, glaubt Rjabzew. Beim Gipfel der EU-Ostpartnerschaft in Vilnius Ende November 2013 ist die Unterzeichung eines Abkommens über Assoziierung und Freihandel zwischen der EU und der Ukraine geplant. Es soll das Land näher an die Gemeinschaft bringen. EU-Politiker mahnen jedoch Rechtsstaatsdefizite in der Ukraine an und verlangen Reformen in den Bereichen Demokratie und Justiz - vor einer Unterzeichnung. "Sollte sich tatsächlich ein Assoziierungsabkommen anbahnen, könnte Russland sich bereit zeigen, den Gaspreis für Kiew auch ohne ein Gerichtsverfahren zu senken, um das EU-Ukraine-Abkommen zu verhindern", meint Rjabzew.

Moskau versucht unterdessen, Kiew für die von Russland angeführte Zollunion mit Belarus und Kasachstan zu gewinnen. Im Falle eines Beitritts zu dieser eurasischen Wirtschaftsgemeinschaft könnte der Kreml der Ukraine einen günstigeren Gaspreis in Aussicht stellen. Die politische Führung in Kiew zögert derzeit noch, welchen Weg sie einschlagen will.