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Der 100-Prozent-Präsident

Johannes Beck25. April 2016

Äquatorial-Guineas Präsident Obiang ist seit 36 Jahren an der Macht - so lange wie kein anderes Staatsoberhaupt in Afrika. Und er setzt seine Rekordamtszeit fort: Laut Wahlkommission erhielt er 93,7 Prozent der Stimmen.

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Teodoro Obiang Nguema Mbasogo, Präsident von Äquatorial-Guinea (Foto: Cristiane Vieira/DW)
Bild: DW/C. Vieira Teixeira

In der Nacht sind die Gasflammen selbst in weiter Ferne noch zu sehen. Punta Europa heißt eines der größten Erdölfelder von Äquatorial-Guinea. Es liegt im Norden der Insel Bioko, gut 200 Kilometer vom Festland entfernt. Mit Öl und Gas ist das zentralafrikanische Land zu einem sagenhaften Reichtum gekommen. Das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen beträgt nach Angaben der Weltbank mehr als 23.000 US-Dollar pro Jahr. Das ist zehnmal so viel wie in Tansania oder dem Senegal und vergleichbar mit europäischen Ländern wie Ungarn.

Die meisten Äquatorial-Guineer sehen aber vom Rohstoffreichtum nur den entfernten Schein der Gasflammen. "Es fehlt an Krankenhäusern, es gibt keine ausreichende Bildung, auch von fließendem Wasser und Strom kann die Mehrheit der Bevölkerung nur träumen", kritisiert Tutu Alicante. Der Anwalt engagiert sich seit Jahren mit seiner in den USA ansässigen Nichtregierungsorganisation EG Justice für die Menschenrechte in seinem Heimatland.

Karte Äquatorial-Guinea

Opposition: eingeschüchtert, machtlos

Äquatorial-Guineas Präsident Teodoro Obiang Nguema ist Afrikas am längsten amtierendes Staatsoberhaupt. Seit dem 3. August 1979 ist er an der Macht. An diesem Tag hatte er mit einem Putsch das Terrorregime seines Onkels Francisco Macías Nguema beendet und diesen anschließend hinrichten lassen. Doch wer glaubte, dass mit Teodoro Obiang Nguema demokratische Verhältnisse einziehen würden, wurde bald eines Besseren belehrt. Zwar verzichtete der neue Präsident im Gegensatz zu seinem Vorgänger auf öffentliche Hinrichtungen, doch Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International klagen weiterhin seit Jahren die routinemäßige Folter und die willkürliche Inhaftierung von Regierungskritikern an.

Äquatorial-Guinea Flughafen Aeropuerto Internacional Teodoro Obiang Nguema Mbasogo (Foto: DW/R. Graça)
Öl-Gelder fließen in Prestigeprojekte wie den 2012 eingeweihten FlughafenBild: DW/R. Graça

Die letzten Wahlen 2009 gewann Teodoro Obiang Nguema mit 97 Prozent der Stimmen und konnte so eine weitere Amtszeit von sieben Jahren antreten. Seine Partei PDGE gewinnt bei Parlamentswahlen regelmäßig ähnliche Mehrheiten, verfehlt immer nur knapp die 100 Prozent. In den beiden Kammern des Parlaments sitzen derzeit mit einem Abgeordneten und einem Senator insgesamt nur zwei Vertreter der Opposition.

"Äquatorial-Guinea hat eine lange Geschichte von manipulierten Wahlen", kritisiert João Paulo Batalha von der portugiesischen Nichtregierungsorganisation TIAC, die sich seit längerem kritisch mit Äquatorial-Guinea auseinandersetzt. Die Wahlen sind seiner Ansicht eine "Inszenierung, die nur dazu dient die Fiktion zu schaffen, Äquatorial-Guinea sei eine Demokratie", sagt João Paulo Batalha. "Dabei ist das Land alles, nur keine Demokratie."

Aufruf zum Wahlboykott

Auch bei den Präsidentschaftswahlen am vergangenen Sonntag erwarteten Beobachter keine freien und fairen Wahlen. Die Wahlkommission hatte einen der aussichtsreichsten Oppositionspolitiker, Gabriel Nsé Obiang Obono von der Partei Bürger für die Innovation (C.I.), gar nicht erst zur Wahl zugelassen. Er habe nicht, wie in der Verfassung vorgeschrieben, die letzten fünf Jahre ununterbrochen im Land gelebt.

Seine Partei hat die Wahlen boykottiert. Auch der Dachverband mehrerer wichtiger Oppositionsparteien FOD hatte seine Mitglieder bereits im März dazu aufgerufen, nicht an den Wahlen teilzunehmen.

Äquatorial-Guinea Militärparade (Foto: DW/R. Graça)
Obiang während einer Militärparade am Gedenktag des Putsches vom 3. August 1979Bild: DW/R. Graça

"Der Präsident kontrolliert einfach alles: die Organisation der Wahlen, den kompletten Staatsapparat und die Medien", sagt der portugiesische Aktivist João Paulo Batalha. Nur der Präsident sei in der Lage seine politischen Botschaften öffentlich zu verbreiten, die wenigen verbliebenen oppositionellen Kandidaten dagegen nicht. "Es gibt schlichtweg keinen Platz für die Opposition. Äquatorial-Guinea ist ein extrem repressives Regime."

Ein Land in Familienbesitz?

"Wenn diese Wahlen boykottiert werden, dann wird Obiang sie gewinnen. Wenn die Wahlen nicht boykottiert werden, dann wird sie auch Obiang gewinnen", sagte Tutu Alicante von der NGO EG Justice im Vorfeld der Abstimmung. Ein Boykott ändere zwar nichts am Wahlausgang, aber er sende eine Botschaft, betont Alicante: "Obiang hat keine Legitimität als Präsident."

Der Staatschef selbst hat zum Auftakt des Wahlkampfs Anfang April angekündigt, es werde zum letzten Mal antreten und nach Ende des Mandats 2020 nicht mehr kandidieren. Tutu Alicante ist skeptisch: "Wir fürchten, dass er versuchen wird seinen Sohn "Teodorín" Obiang, den derzeitigen Vize-Präsidenten, als seinen Nachfolger einzusetzen."

Sollte es tatsächlich so weit kommen, dann hätte das Land mit Francisco Macías Nguema, Teodoro Obiang Nguema und "Teodorín" Obiang seit der Unabhängigkeit von Spanien im Jahr 1968 nur Präsidenten aus einer einzigen Familie gehabt.

Mitarbeit: António Rocha, Filipa Serra Gaspar