VW zu Kartellverdacht: Gespräche "üblich"
27. Juli 2017Volkswagen schweigt weiter zu den Kartellvorwürfen gegen deutsche Autobauer – rechtfertigte aber den Austausch zwischen den Konzernen. "Es ist weltweit üblich, dass Autohersteller sich zu technischen Fragen austauschen, um so die Innovationsgeschwindigkeit und -qualität zu steigern", teilte das Unternehmen nach einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung mit. Davon profitierten auch die Kunden, weil innovative Lösungen schneller verfügbar und preiswerter seien als aufwendigere Einzelentwicklungen. VW verwies etwa auf einheitliche Ladesteckdosen für Elektroautos. Die EU-Kommission prüft derzeit Informationen, wonach sich VW, BMW, Daimler, Audi und Porsche in verschiedenen Fragen abgesprochen haben sollen.
Auch von Daimler gab es keine konkrete Äußerung zu den Vorwürfen. Daimler-Chef Dieter Zetsche meinte in einem online veröffentlichten Statement: "Die Autoindustrie macht derzeit Schlagzeilen - und keine guten." Viele fragten sich, was an den Vorwürfen dran sei, und wünschten sich Klarheit. "Wir sind aber gut beraten, uns nicht an Spekulationen zu beteiligen", bekräftigte der Manager.
Am Mittwochabend beschäftigte sich der VW-Aufsichtsrat mit den Vorwürfen. Der Betriebsrat, der ebenso wie das Land Niedersachsen die Einberufung des Kontrollrats verlangt hatte, erklärte, der Vorstand habe die infrage stehenden Treffen mit Vertretern anderer Unternehmen durch die interne Revision und das Rechtswesen umfassend prüfen lassen und die Wettbewerbsbehörden über mögliche Bedenken bei Einzelfällen informiert. "Damit ist der Vorstand mit dem Thema proaktiv umgegangen, auch um einen möglichen Schaden von der Gesellschaft möglichst effektiv abzuwenden", sagte ein Sprecher des Konzernbetriebsrats. Um welche Treffen es im Einzelnen ging, die in der Branche "5er-Kreise" genannt wurden, blieb offen.
Ebenso unklar blieb, wann genau Volkswagen die Kartellbehörden informiert hat. Einem Insider zufolge zeigten Daimler noch vor VW die Absprachen bei den Kartellbehörden an, was im Fall eines Bußgeldes für den Stuttgarter Konzern als Kronzeugen einen Straferlass bedeuten könnte. Für VW wäre nach den EU-Bestimmungen im Fall eines nachgewiesenen Fehlverhaltens allenfalls ein Abschlag drin.
Kritik kam von Niedersachsen, das mit 20 Prozent an VW beteiligt ist. Ministerpräsident Stephan Weil verlangte, der Aufsichtsrat müsse in entsprechenden Angelegenheiten künftig vollumfänglich informiert werden. "Ich halte in dieser Hinsicht klare Regelungen für nötig." Einige Kontrolleure hatten zuvor angegeben, von den Vorwürfen aus den Medien erfahren zu haben.
Der SPD-Politiker Weil forderte den VW-Vorstand zudem auf, eng mit den Kartellbehörden zusammenzuarbeiten. An die EU-Kommission appellierte er, für eine zügige Klärung der Vorwürfe zu sorgen. Die Industrie selbst müsse einen Beitrag leisten, damit sich die Diskussion beruhige. Die Automobilindustrie müsse wieder in ein ruhigeres Fahrwasser kommen.
stu/qu (afp, dpa, rtr)